Serie: „Über den Dächern von Dortmund“
Ganz oben im Stadthaus: „Ich habe normalerweise einen guten Blick auf den OB“
Was passiert in den obersten Etagen von Dortmunds höchsten Häusern? In unserer neuen Serie „Über den Dächern von Dortmund“ schauen wir nach. Im 10. Stock des Stadthauses geht es aktuell heiß zu.
Die allermeisten Dortmunderinnen und Dortmunder waren irgendwann in ihrem Leben wohl schon einmal im Stadthaus: Im zehnstöckigen Gebäude am Südwall schlägt das Herz der Stadtverwaltung, bei den Bürgerdiensten im Erdgeschoss haben Abertausende ihren Personalausweis oder Pass erneuert oder ihr Auto angemeldet.
Doch in die oberste Etage des Hochhauses kommen nur die wenigsten. Hier, im 10. Stock, rund 40 Meter über dem Boden, ist das Reich von Norbert Dahmen.
An einem Mittwoch mitten in den Sommerferien, einen Tag nach dem bisher heißesten Tag des Jahres, empfängt uns der Rechts- und Ordnungsdezernent der Stadt Dortmund in seinem knapp 50 Quadratmeter großen Büro.
Dahmen, Chef von rund 2000 Stadtbediensteten in Ordnungsamt, Rechtsamt, Bürgerdiensten und bei der Berufs-Feuerwehr, trägt Krawatte und kurzärmliges Hemd - „Sommer-Ausführung“, sagt er fast entschuldigend.
Bei den Temperaturen ist das kein Wunder: Im obersten Stockwerk des 1954 errichteten Gebäudes gibt es keine Klimaanlage. Entsprechend warm ist es - 28,5 Grad, um genau zu sein, wie Dahmens Vorzimmerdame nach einem schnellen Blick auf das Raum-Thermometer zu berichten weiß.
Das Stadthaus am Südwall. In der obersten Etage des zehnstöckigen Gebäudes arbeiten Norbert Dahmen und sein Team. © Thomas Thiel
Doch die Aussicht entschädigt für vieles: Aus der Fensterfront in Dahmens Büro blickt man über das Glasdach der Berswordthalle hinweg über die komplette Dortmunder City. Bis in die Ausläufer des Münsterlandes jenseits der nördlichen Stadtgrenze kann man an klaren Tagen sehen.
Bevor der gebürtige Dormagener Dahmen nach Dortmund kam, arbeitete er lange Jahre bei der Stadt Köln, wo er jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit am Dom vorbeikam. Als Stadtkämmerer im niederrheinischen Viersen sah er aus seinem Bürofenster die mittelalterliche Stadtmauer samt altem Gefangenenturm. Doch das sei keine Konkurrenz zu seinem aktuellen Arbeitsplatz: „Das ist der schönste Blick, den ich bisher hatte.“
Dem Friedensplatz so nah: Norbert Dahmen genießt für das Foto die Sicht von seinem Schreibtisch. Im Alltag nimmt er den Ausblick oft nicht wahr. © Thomas Thiel
Zeit, sie zu genießen, habe er jedoch selten, sagt Damen. Seine Termine seien dafür zu eng getaktet. Nur an den Sonntagnachmittagen, wo er gerne im Büro vorbeischaut („Das ist ein Ritual geworden“), um sich in Ruhe auf die kommende Woche vorzubereiten, stehe er schon einmal länger am Fenster: „Das schärft den Blick.“
Manchmal ist die schöne Aussicht aber auch für das Tagesgeschäft ganz praktisch: beim evangelischen Kirchentag 2019 etwa. Zum Höhepunkt des Mega-Events, als Zehntausende Menschen in der City unterwegs waren, machten Dahmen Gewitterwarnungen Sorgen. Als Krisenstabsleiter war er verantwortlich für die Sicherheit der Kirchentags-Besucher.
Knapp 50 Quadratmeter fasst Norbert Dahmens Büro, das ihm gleichzeitig auch als Besprechungsraum dient. © Thomas Thiel
Doch dann zogen die Gewitterzellen östlich und westlich an der Innenstadt vorbei - für diese entscheidende Information konnte Dahmen die Meldungen der Wetterdienste direkt aus erster Quelle gegenchecken: Ein Blick aus dem Fenster genügte.
Aus seinem Büro kann Dahmen eigentlich auch sehen, ob sein Chef noch da ist: „Ich habe normalerweise einen guten Blick auf den OB“, sagt er scherzhaft. Wenn man am Fenster von Dahmens Dienstsitz steht und weiß, wo man hingucken muss, kann man in das tiefergelegene Büro des Oberbürgermeisters im Rathaus auf der anderen Seite des Friedensplatzes gucken. Aktuell jedoch nicht - das Rathaus wird bekanntlich saniert, OB Thomas Westphal residiert vorübergehend in einem anderen Bürogebäude am Südwall.
Aus dem Treppenhaus sieht Norbert Dahmen direkt auf den Stadtgarten. Die rund 280 Stufen nimmt er auf dem Weg nach unten, wenn er Zeit hat. Nach oben fährt er mit dem Aufzug. © Thomas Thiel
Kam Westphal ob der tollen Aussicht nicht mal der Gedanke, in Dahmens Räume zu ziehen? Bei dieser nicht ganz ernst gemeinten Frage winkt der Ordnungsdezernent lächelnd ab: Das habe nie zur Diskussion gestanden - zumal das Team des Oberbürgermeisters eh viel zu groß für das oberste Stockwerk des Stadthauses wäre.
Der Raum in der Beletage des Stadthauses ist nämlich ziemlich begrenzt. Das liegt an der Lüftungszentrale und anderer Gebäudetechnik, die einen guten Teil des Geschosses in Beschlag nimmt.
Für Dahmens achtköpfiges Dezernatleitungsteam reicht der Platz jedoch. Etwa Dirk Struß. Der Ausblick von Dahmens Büroleiter ist vielleicht sogar noch besser als der seines Chefs: Er hat von seinem Schreibtisch aus den Florianturm immer im Blick. „Besonders wenn es hoch her geht, gibt mir der Florian immer eine unglaubliche Ruhe“, sagt er. Besonders verlockend für BVB-Fans ist sein Besprechungstisch. Von ihm aus kann man nämlich die Pylone des Stadions sehen.
Den Florian fest im Blick: Dahmens Büroleiter Dirk Struß hat fast noch eine bessere Aussicht als sein Chef - dafür ist sein Büro im Sommer noch wärmer. © Thomas Thiel
Doch dieser Tage kann Struß den Ausblick nicht genießen. Wegen der Hitze sind die Rollos meist unten. Denn während Dahmens Büro auf der kühleren Nordseite des Gebäudes liegt, knallt in Struß‘ Südseiten-Raum ansonsten den ganzen Tag unerbittlich die Sonne. Die Konsequenz: 29,2 Grad Raumtemperatur bei unserem Besuch. „Bei der Hitze ist das hier schon eine Sauna“, sagt er.
Sein Chef Norbert Dahmen freut sich derweil auch aus einem anderen Grund auf die kältere Jahreszeit. Dann rückt nämlich wieder ein anderes Dortmunder Wahrzeichen in sein Blickfeld: der große Weihnachtsbaum auf dem Hansaplatz.
Vielen Dank für Ihr Interesse an einem Artikel unseres Premium-Angebots. Bitte registrieren Sie sich kurz kostenfrei, um ihn vollständig lesen zu können.
Jetzt kostenfrei registrieren
Einfach Zugang freischalten und weiterlesen
Werden auch Sie RN+ Mitglied!
Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.
Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung
Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung durch Klick auf den Link in der E-Mail, um weiterlesen zu können.
Prüfen Sie ggf. auch Ihren Spam-Ordner.
Einfach Zugang freischalten und weiterlesen
Werden auch Sie RN+ Mitglied!
Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.