Früher sprach Willy Brandt, heute Björn Wißuwa Warum der DGB am 1. Mai keine Promis einlädt

Tag der Arbeit: Tausende zu DGB-Demo und Familienfest erwartet
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Auf dem Flur im 4. Stock des DGB-Hauses am Ostwall hängt sie noch, die große Politik: Das eingerahmte Schwarz-Weiß-Foto zeigt Ex-Bundeskanzler Willy Brandt mitten in einer Menschentraube bei der Maikundgebung des DGB 1980.

43 Jahre später wird kein bekannter Politiker bei den traditionellen Feierlichkeiten des Deutschen Gewerkschaftsbunds zum Tag der Arbeit in Dortmund auftreten, sondern Björn Wißuwa. Der 51-jährige neue Regionalleiter der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt in Westfalen ist - wenn überhaupt - höchstens in Gewerkschaftskreisen bekannt.

Beim Pressegespräch wenige Tage vor dem 1. Mai lächelt Wißuwa amüsiert, als er auf seine sehr überschaubaren Qualitäten als Zugpferd angesprochen wird. Er sei „nur begrenzt beleidigt“ über die Frage, scherzt er.

Für Jutta Reiter, die Vorsitzende des DGB Dortmund, ist Wißuwas fehlende Prominenz kein Problem - im Gegenteil: „Wir versuchen, die Veranstaltung gewerkschaftsintern zu halten.“ Es gehe nicht um die Strahlkraft nach außen, sondern um jene nach innen. Es sei schon lange der erklärte Wunsch der Mitglieder, über Gewerkschaftsthemen zu sprechen, und das mit den Verantwortlichen vor Ort.

Die Promi-Schwemme im vergangenen Jahr, als neben NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst auch andere führende Landespolitiker bei der Dortmunder Maikundgebung dabei waren, sei eine Ausnahme gewesen, sagt Reiter. Sie sei der Tatsache geschuldet gewesen, dass kurz darauf die Landtagswahl anstand und Dortmund 2022 auch zufällig die zentrale Mai-Veranstaltung des DGB in NRW war.

„Ungebrochen solidarisch“

Für die Maikundgebung 2023 hat sich der DGB Dortmund das Motto „Ungebrochen solidarisch“ gegeben. In diesen Zeiten sei es „echt notwendig, zusammenzustehen“, betont Reiter. „Die Menschen dürfen in diesem Dauer-Krisenbetrieb nicht absaufen.“

Gesellschaftliche Entlastungen wie das Deutschland-Ticket seien genauso wichtig wie mehr Gehalt, während man auch immer die Arbeitsbelastung im Blick behalten müsse: „Der notwendige Fortschritt darf nicht zu Lasten der Arbeitnehmer gehen“, sagt Reiter.

Auf der Festwiese im Westfalenpark feiern Gewerkschaften und gewerkschaftsnahe Organisationen ein buntes Familienfest zum 1. Mai. Das Bild stammt aus dem Jahr 2022.
Auf der Festwiese im Westfalenpark feiern Gewerkschaften und gewerkschaftsnahe Organisationen ein buntes Familienfest zum 1. Mai. Das Bild stammt aus dem Jahr 2022. © Oliver Volmerich

Um all das wird es gehen, wenn sich am 1. Mai der Demo-Zug mit erwarteten 1500 bis 2000 Teilnehmern vom Platz der Alten Synagoge über Hohe Straße, Saarlandstraße und Ruhrallee zum Westfalenpark aufmacht.

Auf der dortigen Festwiese steigt im Anschluss das traditionelle Kultur- und Familienfest, bei dem die Organisatoren mit insgesamt etwa 3000 bis 5000 Gästen rechnen.

Infos und Cocktails

Dort warten ein Bühnenprogramm, Musik, ein Kinder-Mitmachprogramm und rund 50 Stände auf die Gäste, mit Info-Material, aber auch mit internationalen Spezialitäten und Cocktails.

Über 40 Organisationen abseits der Gewerkschaften seien vor Ort, erzählt Orga-Gewerkschaftssekretär Klaus Waschulewski stolz - von Schulsozialarbeitern über Migranten bis hin zu Obdachlosenhelfern: „Das Angebot ist unheimlich breit.“

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