Alexandra Vasiliou ist erst 52 Jahre alt, aber schon Witwe. Ihren Mann hat sie vor zwei Jahren verloren. Fast zeitgleich mit ihrer Oma. Ihre Mutter ist bereits vor acht Jahren gestorben. Die Urnengräber der drei liegen eng beieinander auf dem Friedhof der evangelischen Noah-Gemeinde in Mengede. Wenn die Dortmunderin dort ist, denkt sie an drei liebe Menschen. Und trauert um sie.
Zuletzt aber hat sie ein Besuch dort wütend gemacht. Wütend, weil ihr zu Ostern Laternen gestohlen worden sind. Die beiden metallenen Halter sind samt LED-Kerzen vom Grab ihres Mannes verschwunden, sagt die 52-Jährige. Nur die Laterne, die am Grab der Oma stand, sei verschont geblieben.
„Ich bin echt erschüttert“, sagt Vasiliou. Ihre Wut schrieb sie sich sofort in einer Facebook-Gruppe für Mengede von der Seele. Um das Thema öffentlich zu machen. Aber auch in der Hoffnung, dass sich jemand meldet, die Grableuchten vielleicht doch noch auftauchen.
Für ihre Offensive handelte sie sich einen Rüffel vom Gruppenadministrator ein. „Er bemängelte meine Wortwahl“, sagt Vasiliou rückblickend. Die war deutlich: Die Dortmunderin bezeichnete Menschen, die sich auf Friedhöfen am Eigentum Fremder vergreifen, als „asoziales Pack“.
Dazu stehe sie immer noch. „Das ist eine Respektlosigkeit, die ist kaum mit Worten zu beschreiben“, sagt sie. „Platzen vor Wut“ könne sie. Sie habe ein „gutes Umfeld“; eines, das sie auffange. Aber manch ein Hinterbliebener habe erst mal gar nichts als das Grab des Verstorbenen.
Laternen wiedergefunden
Was Alexandra Vasilious Wut sicher auch vergrößert hat: Es war nicht das erste Mal, dass sie Opfer eines Friedhof-Diebstahls geworden ist. Eine Pflanzschale ist ihr bereits geklaut worden, sagt sie. Und im Herbst 2002 waren schon mal alle drei Grablichter verschwunden.
Mehr noch: Vasiliou hat die Laternen damals sogar wiederentdeckt. Auf einem anderen Grab, in einem anderen Teil des Friedhofs. Sie kann das so genau sagen, denn: „Ich habe Kerze und Halterung eindeutig gekennzeichnet, offen wie versteckt.“ Daher sei sie sicher gewesen, dass es ihre Laternen sind, die da auf dem fremden Grab standen. Auch wenn die LED-Kerzen fehlten und durch normale ersetzt worden waren.

Im Herbst hat Alexandra Vasiliou den Diebstahl angezeigt. „Ein bisschen hatte ich das Gefühl, für die Beamten sei das Ganze ein Lappalie“, sagt sie. Doch es sind zwei Polizisten zum Friedhof gekommen, haben die Anzeige aufgenommen und der 52-Jährigen ihre Kerzen wieder ausgehändigt, nachdem sie die „Beweise“ dargelegt hatte.
Nach ein paar Wochen erhielt sie Post: Das Verfahren ist eingestellt worden. Wie so oft bei Friedhofsdiebstählen. Ob die Polizei mit den Angehörigen des Grabs gesprochen hat, auf dem die gestohlenen Kerzen standen, weiß Vasiliou nicht. Sie aber hat es getan. Über Kontakte habe sie den Sohn ausfindig machen können, dessen Vater dort begraben liegt.

Licht ins Dunkel hat das nicht gebracht: Der Mann erklärte, dass er mit dem Diebstahl nichts zu tun habe – und sich auch nicht vorstellen könne, dass es jemand aus der Familie getan habe.
Alexandra Vasiliou hat Konsequenzen gezogen: „Ich habe die drei Laternen noch besser gekennzeichnet.“ Vergebens. Am Ostersonntag schließlich fiel auf, dass zwei erneut verschwunden sind. Und dieses Mal auch fast spurlos. Natürlich sei sie sofort zu dem Grab, auf dem die Lichter im Herbst standen, sagt Vasiliou. Fehlanzeige. Und auch anderswo auf dem Friedhof hat sie ihre Lichter nicht gefunden.
Nur einen einzigen Deckel hat sie auf einem fremden Grab entdeckt. Auch dieser war gekennzeichnet. Die Polizei hat die 52-Jährige dieses Mal nicht eingeschaltet. Schließlich sei auch die erste Anzeige schon „im Sande verlaufen“.
Alexandra Vasiliou ist wichtig: Ums Materielle geht es ihr nicht. Die Laternen kosteten je um die 20 bis 30 Euro. „Es geht mir um den Respekt gegenüber den Menschen, die beerdigt sind“, erklärt sie.