Abendmahl: Jesus teil das Brot und keinen Wein mehr Kurioses Altarbild in Dortmunder Kirche

Flügel-Altar in Remigiuskirche: Abendmahl-Darstellung ohne Kelch
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Eine 2000 Jahre alte Geschichte: Jesus hat nur noch wenige Stunden zu leben. Den letzten Abend sitzt er mit seinen Freunden, den Jüngern, zusammen. Sie essen gemeinsam und trinken Wein – das letzte Abendmahl. Bei aller Kirchen- und Glaubensferne heute: Viele Menschen kennen die Geschichte, haben ein Bild vor Augen.

Die entsprechenden Bibeltexte gehören zu den Gottesdiensten, wenn Katholiken die Kommunion oder Protestanten das Abendmahl feiern. In der Kunst gibt es entsprechende Darstellungen. Die vielleicht berühmteste schuf Leonardo Da Vinci mit seinem Mailänder Wandgemälde in den Jahren 1494 bis 1498.

Der große Tisch, die Gemeinschaft, Brot und Wein. Darstellungen des letzten Abendmahls finden sich in Kirchen in Fenstern, auf Gemälden oder auch Altären. In der katholischen St. Remigius-Kirche in Dortmund-Mengede fehlt auf dem Hochaltar im Chorraum allerdings der Kelch – als Symbol des Weines. Jesus teilt mit seinen Jüngern hier nur das Brot.

Leerer Tisch

Pfarrer Hubert Werning ist seit 18 Jahren Pfarrer der Gemeinde. „Ich kenne den Altar nur so, wie er ist“, sagt er bei einem Besuch unserer Redaktion. „Als ich mir ein Bild angesehen habe, wie der Altar früher ausgesehen hat, ist mir aufgefallen, dass der Kelch fehlt.“ Auf der Altar-Darstellung hält Jesus das Brot in der linken Hand. Mit der rechten segnet er es.

Aber der Tisch ist leer. Ein Kuriosum. Und gewiss kein Kirchenraub. Denn der Hochaltar wurde mehrfach umgebaut, restauriert und umgestaltet. Weihnachten 1953 wurde er eingeweiht. Der Bildhauer Bernd Hartmann aus Wiedenbrück hatte den Altaraufsatz als Flügelaltar geschaffen.

Hochaltar in der Remigiuskirche bei der Einweihung 1953.
Weihnachten 1953: Der Hochaltar wird geweiht. Deutlich zu erkennen ist der Kelch in der Abendmahl-Darstellung. © Archiv Veuhoff

Geschlossen zeigt das Rentabel in Öl auf Leinwand den Heiligen Remigius (als Schutzpatron der Mengeder Kirche), die Heilige Barbara (Schutzpatronin der Bergleute), die Mutter Anna (unter deren Obhut die Frauenarbeit der Gemeinde steht) und den Heiligen Georg (als Vorbild für die Jugend). Zwischen Aschermittwoch und Ostern ist der Altar geschlossen.

Geöffnet zeigt der dreiteilige Altar auf dem linken Flügel die weihnachtliche Krippendarstellung mit der Geburt Jesu. Auf dem rechten Flügel ist die Auferstehung an Ostern zu sehen. Auf dem drei Meter breiten Mittelteil hat Bernd Hartmann das Abendmahl dargestellt.

Zwei Jahre schnitzte der Bildhauer an dem Halbrelief. Aus der Nähe betrachtet, beeindrucken Tiefe und Plastizität. In seiner ursprünglichen Form waren die Innenseiten holzsichtig, also ohne Farben. Farbenfrohe Darstellungen galten in der Sakralkunst der Nachkriegszeit als nicht mehr zeitgemäß.

Evangelisten-Reliefe in der Taufkapelle der Remigiuskirche.
Die Evangelisten aus dem Altarsockel hängen als Reliefe heute in der Taufkapelle der katholischen Remigiuskirche. © Uwe von Schirp

Bei der Einweihung stand der Altaraufsatz auf einem massiven Altartisch (der Mensa) und einem Sockel (der Predella). Im Rahmen einer grundlegenden Renovierung und Neuordnung der Remigiuskirche 1971 entschieden die Gemeindeverantwortlichen, den Hochaltar umzubauen und an der Rückwand des Chorraums aufzuhängen.

Ursprünglich in die Predella integrierte Darstellungen der vier Evangelisten hängen heute als Reliefs in der Taufkapelle. Der Flügelaltar erhielt seine jetzige Form und Farbgebung im Jahr 1994. Seit dieser letzten großen Sanierung und Renovierung der Kirche Anfang der 1990er Jahre steht er wieder auf einem Altartisch im Chorraum, jedoch ohne Sockel.

Die Verantwortlichen der Gemeinde beauftragten den Restaurationsbetrieb Ochsenfarth, die geschnitzten Halbreliefe farblich zu gestalten. Die biblischen Szenen erhielten ihren heutigen Charakter. „Die Farben passen sich der Farbgestaltung der Kirche an“, sagt Pfarrer Huber Werning. „Der Flügelaltar harmoniert mit dem Kreuzweg an den Seitenwänden.“

Flügelaltar im Chorraum der Remigiuskirche nach der Restauration 1971.
Der Flügelaltar nach der Restauration von 1971: Schon hier fehlt der Kelch. © Archiv Veuhoff

Womöglich sei bei der Restauration und Farbgebung der Kelch abgenommen worden, mutmaßt der Mengeder Geistliche. „Wahrscheinlich ist er in der Werkstatt von einem auf den anderen Tisch gelegt und dann einfach vergessen worden“, sagt Werning.

Dass der Kelch bei einer Restauration abhanden gekommen ist, klingt plausibel. Er fehlt allerdings schon seit 1971 auf dem Flügelaltar – also nicht erst seit der Farbgebung. Das zeigt ein etwas verschwommenes Foto, das Heimatforscher Franz-Heinrich Veuhoff in seinem Archiv hat.

„Wir haben mal bei Ochsenfarth nachgefragt“, erzählt der Ur-Mengeder, „da kann man sich natürlich nicht mehr daran erinnern, und der Kelch ist dort auch nicht aufgetaucht“. Man könne ja mal ermitteln, was es kosten würde, den fehlenden Kelch zu ersetzen. „Ich hätte da nichts gegen“, sagt Pfarrer Werning. „Auf der anderen Seite ist es ein Kuriosum.“