Der kleine Wonneproppen liegt selig schlummernd in einer Wippe. Die kann man auch mit den Zehenspitzen gut bewegen – kein Problem für Mutter Lina F. (26, der vollständige Name ist der Redaktion bekannt). Als ihre Tochter wenig später unruhig wird und auf den Arm soll, braucht die 26-Jährige jedoch Hilfe: Sie kann ihr Kind nicht auf den Arm nehmen, nicht wickeln und nicht füttern. Ohne fremde Hilfe sind diese normalen Tätigkeiten nicht möglich.
Vor knapp einem Jahr, im Februar 2023, ist noch alles gut: Da erfährt die Hombrucherin, dass sie schwanger ist. Gleich zu Beginn der Schwangerschaft infiziert sie sich mit Corona; im März treten die ersten Nackenschmerzen auf. Die Ärzte, ein Orthopäde und ein Neurologe, hätten eine Entzündung der Nerven diagnostiziert, erzählt Lina. Eine MRT-Untersuchung sei wegen der Schwangerschaft nicht in Betracht gekommen.
Diagnose: Fallhand
Sie sei immer mehr in ihren Bewegungen mit dem Arm eingeschränkt gewesen, erinnert sich die 26-Jährige. Sie wird schließlich im Klinikum behandelt. Die Entzündung sei bei den Untersuchungen zu sehen gewesen, die Ursache aber unklar. Im weiteren Verlauf der Behandlung seien die Ärzte davon ausgegangen, dass es ein Virus war, das durch Schwangerschaft und Geburt getriggert wurde.
Lina bekommt Physio- und Ergotherapie. Zu diesem Zeitpunkt ist ihre linke Hand bereits eine sogenannte „Fallhand“, die Hand hängt schlaff herunter. Die junge Frau ist unfähig, das Handgelenk und die Finger zum Handrücken hinzustrecken.

Im Oktober 2023 kommt ihre Tochter zur Welt: 51 Zentimeter groß, 3.350 Gramm schwer. Zwei Wochen nach der Entbindung „fing es rechts an“, erinnert sich die Lina. Sie habe sich das erst „schöngeredet“, falsch gelegen vielleicht. Sie kommt ins Krankenhaus, bleibt dort zweieinhalb Wochen, wird durchgecheckt – mit MRT und CT, wird punktiert und behandelt mit einer Cortisonstoß-Therapie.
Doch das ändert nichts daran, dass es die rechte Hand der linken gleich tut, und schlaff hinunterhängt. Das Glas, aus dem die 26-Jährige gerade trinkt, hat einen Strohhalm. Dieses Glas einfach zu greifen funktioniert nicht; ein Zustand, der seit gut drei Monaten Alltag für die junge Hombrucherin ist.
Lina F. hat Pflegegrad 2
Wie es mit ihr selbst weitergeht, ist das eine, doch die entscheidende Frage für Lina ist: Wie geht es mit ihrer Tochter weiter, die sie alleine nicht versorgen kann? Nicht immer kann die Familie aushelfen. Die 26-Jährige lebt alleine mit ihrer Tochter. Inzwischen hat sie Pflegegrad 2 und eine Haushaltshilfe. Die Pflegekraft, die zu ihr kommt, ist selbst schon Oma, hat alles im Griff.
Was aber Nerven koste, sei der ganze Papierkram: Wer bezahlt wie lange welche Therapie, wer die Haushaltshilfe? Die Krankenkasse, das Jugendamt, das Sozialamt? Die Krankenkasse, in diesem Fall die Barmer, bestätigt im Dezember 2023, dass „das Pflegegutachten zum Pflegegrad 2 und die vorliegenden ärztlichen Unterlagen die Notwendigkeit der Haushaltshilfe auf unabsehbare Zeit bestätigen“.
Die Barmer erklärt aber auch, man könne langfristig nichts tun, und rät zur Kontaktaufnahme mit der Familienhilfe. Es folgen viele Telefonate und Briefe. Derzeit ist die Bezahlung geklärt, aber die Finanzierung sei mittelfristig noch immer unklar, berichtet Lina. Es gehe einfach immer weiter.
Dabei bleibe das Menschliche auf der Strecke, sagt die junge Frau: Es gehe immer nur um die Finanzen. „Ich kann mich gar nicht mehr um mich selbst kümmern, sondern immer nur darum, wie es weitergeht“, sagt die 26-Jährige. Dabei spiele die Psyche doch auch eine Rolle, sagt die Hombrucherin. Und die leidet.
Ein wenig Hoffnung macht Lina die behandelnde Ergotherapeutin. Sie verspüre eine leichte Verbesserung und wisse, dass „Nerven nerven“, weil es eben dauert. Wie lange, ist unklar. Im Februar 2024, berichtet Lina, stehe noch eine genetische Untersuchung an. Vielleicht sei man dann schlauer. Mit ihrer Haushaltshilfe versteht sie sich gut, dennoch: „Manchmal wünsche ich mir einfach ein bisschen Privatsphäre, eben einfach ein normales Leben.“

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 16. Januar 2024.
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