Tödliche Schüsse
Fall Mouhamed D.: Polizeifehler? Neue Ermittlungsergebnisse liegen vor
Nach und nach werden neue Details zum tödlichen Polizei-Einsatz vom 8. August in Dortmund bekannt. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse zu Ausrüstung, die nicht vorschriftsgemäß in Gebrauch war.
Fünf Wochen nach dem Tod des 16-jährigen Mouhamed D. fördern die Ermittlungen häppchenweise neue Erkenntnisse zutage. Nun steht ein Punkt im Raum, der erklären könnte, warum das zunächst eingesetzte Reizgas nicht die gewünschte Wirkung erzielt hat.
Das Spray, das zunächst auf den Jugendlichen gesprüht wurde, hatte das Verfallsdatum überschritten. „Ja: ‚4/2022‘“, lautet die knappe Antwort von Oberstaatsanwalt Carsten Dombert auf die Frage: „Hatte die eingesetzte Reizstoffpatrone ein Verfallsdatum, so ja welches?“ Das ist Unterlagen zu entnehmen, die die Landesregierung am Mittwoch (14.9.) veröffentlicht hat.
Wirksamkeit des Stoffes wird geprüft
Etwa ein Vierteljahr lang war die Patrone also abgelaufen. Das Innenministerium ergänzt zu dieser Aussage, „dass ein Wirksamkeitsgutachten in Auftrag gegeben worden sei und das Ergebnis noch ausstehe“. Daher könne aktuell nicht bewertet werden, „ob das ‚abgelaufene‘ Reizstoffsprühgerät nicht doch vollständige Wirksamkeit besaß“.
Zu Beginn des Einsatzes hatten Polizeikräfte dem Ermittlungsstand zufolge zunächst versucht, Mouhamed D. anzusprechen. Darauf habe er nicht reagiert und das Messer nicht weggelegt, das er in der Hand gehalten habe. Er hatte zuvor offenbar damit gedroht, sich selbst zu verletzen.
Im weiteren Verlauf sei zunächst das Reizgas eingesetzt worden, Mouhamed D. sei aus der Hocke aufgestanden und habe sich mit der Hand durchs Gesicht gewischt. Dann habe die Polizei mit zwei Elektro-Tasern auf ihn geschossen. Als diese nicht die gewünschte Wirkung erzielten, fielen sechs Schüsse aus einer Maschinenpistole.
Video beginnt erst nach den Schüssen
Wie schnell und in welche Richtung der Jugendliche sich bewegt hat, ist noch Gegenstand der Ermittlungen - ebenso die genaue Handhaltung mit dem Messer darin.
Dem aktuellen Bericht ist außerdem zu entnehmen, dass eine Videoaufzeichnung „unbeteiligter Dritter“ ausgewertet werde, die aber erst das Geschehen nach der Schussabgabe zeige. Auch die Analyse des Notrufes, der während des gesamten Einsatzes gehalten wurde, stehe noch aus.
Um 16.25 Uhr war der Notruf der Wohngruppe in der Nordstadt am 8. August (Montag) bei der Polizei eingegangen. Der erste Streifenwagen traf um 16.29 Uhr am Einsatzort ein. Um 16.35, 16.37, 16.51 und 16.57 sind weitere Einsatzkräfte angekommen, bis zum letzten Zeitpunkt um 17.02 Uhr – mehr als eine halbe Stunde nach dem Notruf.