Werner Blanke vom ADFC steht mit seinem Fahrrad vor dem Bahnhof in Sölde. Er ist das Ziel der künftigen Veloroute Aplerbeck.

Ziel der Veloroute Aplerbeck ist der Bahnhof in Sölde. Doch der Weg dorthin sei eine Katastrophe, dort müsste alles umgebaut werden, sagt Experte Werner Blanke vom ADFC. © Irina Höfken

„Utopisch“: Experte Werner Blanke kritisiert neue Fahrradroute für Aplerbeck

rnIm Selbstversuch

Über eine Veloroute sollen Radfahrer schnell und sicher aus Aplerbeck in die City kommen. Die künftige Rad-Autobahn hat aber noch viele Schwachstellen, sagt Werner Blanke. Der Selbstversuch.

Aplerbeck

, 04.10.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Radwege enden abrupt, die Beschaffenheit ist miserabel oder nicht breit genug, manchmal sind sie gar nicht vorhanden: Radfahrerinnen und Radfahrer haben es auf den Dortmunder Straßen nicht leicht. Das zeigt sich auf der Radtour, die Werner Blanke, Vorsitzender des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club), und unsere Reporterin von der Innenstadt nach Aplerbeck unternehmen.

Wir fahren die Strecke, die künftig zur „Veloroute“ ausgebaut werden soll, so der Plan der Stadt Dortmund. Die Velorouten, auf denen Fahrradfahrer stets Vorfahrt haben, werden aus den Stadtteilzentren in die City und andersherum führen. Das Tiefbauamt muss sich in den kommenden Jahren für die neun geplanten Routen um mehr als 100 Kilometer Radstrecke kümmern.

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Der Plan für die Aplerbecker Route krankt an vielen Stellen, wie Werner Blanke beklagt. Insgesamt 14 Punkte mahnt der ADFC an.

Umweg: „Der eigentliche Weg ist jetzt noch nicht zu bestreiten“

Die Strecke beginnt am Ostwall auf Höhe der Arndtstraße. Der schicke, neue Radweg am Wall zeige, wie so eine Strecke am Ende aussehen muss, so Blanke: mindestens 3,50 bis 4 Meter Breite. Er warnt vor: „Der eigentliche Weg ist jetzt noch nicht zu bestreiten, wir müssen Umwege fahren.“ Ab jetzt werden wir die Strecke bis Aplerbeck gemeinsam auf dem Rad zurücklegen.

Das erste Problem zeigt sich auf der Kaiserstraße. Für eine Veloroute seien die Straßenverhältnisse dort viel zu eng, ruft Blanke, während er in die Pedale tritt. Alternativ sei ein Planungsbüro damit beschäftigt, die Bismarckstraße zu prüfen. Dann sei Abwägungssache, was sich besser eigne. An der Kreuzung Prinz-Friedrich-Karl-Straße/Von-der-Goltz-Straße halten wir an.

Poller mit Ketten verhindern die direkte Weiterfahrt an der Kreuzung Prinz-Friedrich-Karl-Straße/Von-der-Goltz-Straße.

Poller mit Ketten verhindern die direkte Weiterfahrt für Radfahrer an der Kreuzung Prinz-Friedrich-Karl-Straße/Von-der-Goltz-Straße. © Irina Höfken

„Und, wie würdest du hier fahren?“ Poller mit Ketten hindern uns an der Weiterfahrt. „So kann das nicht bleiben“, sagt Blanke. Nicht, wenn Radfahrern hier die Vorfahrt eingeräumt werden soll.

Knackpunkte: schmale Wege, Unkrautpiste, zugewachsener Privatweg

Kopfschmerzen bereitet Werner Blanke der Tunnel unter den Eisenbahnschienen „Am Zehnthof“. Für die Veloroute mache es nur Sinn, wenn dieser Bereich eine reine Fahrradstraße ohne Autoverkehr würde. Da dies aber für ein höheres Verkehrsaufkommen in den Nachbarstraßen sorgen würde, sei ein solcher Antrag bereits abgelehnt worden. Aber: „Unattraktivität für Autofahrer ist der Umstieg aufs Rad“, gibt Blanke zu bedenken.

Der Tunnel "Am Zehnthof" ist viel zu schmal. Für den Autoverkehr müsste dieser gesperrt werden.

Der Tunnel „Am Zehnthof“ ist viel zu schmal. Für den Autoverkehr müsste dieser gesperrt werden. © Irina Höfken

Weiter geht es über eine steinige Unkrautpiste, die zukünftig irgendwann der ausgebaute Hoesch-Hafenbahn-Radweg sein soll. Dieser Abenteuerpfad ist jetzt aber nur auf einem kleinen Teilstück befahrbar, dann geben wir auf. „Vielleicht ist der in drei Jahren fertig“, sagt Blanke. Dann gibt es eine direkte Verbindung zwischen Aplerbeck und der Innenstadt. Dieses Problem und das an der Kaiserstraße seien besondere Herausforderungen. Dagegen gehe das Teeren oder Verbreitern weiterer Wege deutlich zügiger, schätzt der Experte ein.

Noch ist die direkte Verbindung zwischen Aplerbeck und Innenstadt eine Unkrautpiste. Aus dieser soll in ein paar Jahren der ausgebaute Hoesch-Hafenbahn-Weg werden.

Noch ist die direkte Verbindung zwischen Aplerbeck und Innenstadt eine Unkrautpiste. Aus dieser soll in ein paar Jahren der ausgebaute Hoesch-Hafenbahn-Weg werden. © Irina Höfken

An der Emscherbrücke legen wir wieder einen Stopp ein, denn ein Radfahrer kommt uns entgegen. Nebeneinander fahren? Keine Chance. „Die Brücke muss auf jeden Fall neu gebaut werden“, sagt Blanke. Ab der Feldchenbahnbrücke geht es über einen ausgewiesenen Privatweg. Brombeersträucher streifen die Haut, Äste hängen tief herab. Autsch! „Dieser Weg muss noch von der Stadt gekauft werden oder mindestens ein Nutzungsrecht ausgestellt werden“, ruft Werner Blanke. „Das kann Jahre dauern“, fügt er hinzu. „Ein weiterer Knackpunkt der Veloroute Aplerbeck.“

Der Privatweg zwischen Feldchenbahnbrücke und Rodenbergstraße grenzt an einen Abenteuerparcours. Fahrradfahrer müssen Brombeersträuchern und Ästen ausweichen.

Der Privatweg zwischen Feldchenbahnbrücke und Rodenbergstraße grenzt an einen Abenteuer-Parcours. Fahrradfahrer müssen Brombeersträuchern und Ästen ausweichen. © Irina Höfken

Sölder Straße: „Hier müsste alles umgebaut werden“

Kaum ist der letzte Satz ausgesprochen, zeigt sich ein weiteres gravierendes Problem an der Rodenbergstraße. Wie sollen Radfahrer hier rüberkommen? Werner Blanke hätte da drei Ideen: „Eine Ampelanlage mit Sensor, eine Brücke oder ein Tunnel. In Holland ist das ganz normal.“ Denn, um es noch einmal zu betonen, auf der Veloroute haben Radfahrer uneingeschränkt Vorfahrt. Eine Verkehrsinsel, wie es sie jetzt gibt, ist keine annehmbare Alternative.

Als Querungshilfe über die Rodenbergstraße fallen dem Experten Werner Blanke drei Alternativen ein: Eine Ampelanlage mit Sensor, eine Brücke oder ein Tunnel.

Als Querungshilfe über die Rodenbergstraße fallen dem Experten Werner Blanke drei Alternativen ein: eine Ampelanlage mit Sensor, eine Brücke oder ein Tunnel. © Irina Höfken

Wegen des Gefälles im Rodenbergpark muss auch dieser Weg asphaltiert werden, das Überqueren der Köln-Berliner-Straße muss ebenfalls, wie an der Rodenbergstraße auch, besonders geregelt werden. Der Emschertalweg, über den es dann weiter geht, ist zu schmal, der staubige oder matschige Untergrund, je nach Witterung, ist ungeeignet. Dass der Weg zwischenzeitlich über den Schulhof der Realschule führt? Nicht hinnehmbar. Kleinigkeiten, wenn man bedenkt, was dann auf uns zukommt.

Eine Fahrrad-Autobahn, die über einen Schulhof führt? Das kann so nicht bleiben.

Eine Fahrrad-Autobahn, die über einen Schulhof führt? Das kann so nicht bleiben. © Irina Höfken

Haarig wird es noch einmal zum Schluss. Der krönende Abschluss bildet die Strecke über die Sölder Straße zum Bahnhof. Der Schutzstreifen ist viel zu schmal. „Das geht gar nicht. Das wird die Stadt auch nicht machen. Hier müsste alles umgebaut werden“, sagt Blanke. „Das ist schon fast utopisch. Die Sölder Straße wird keine Fahrradstraße werden. Dann gibt’s ja einen Aufschrei.“

Fazit für die Tour über die Veloroute Aplerbeck

Eine Alternativstrecke zur Sölder Straße führe aus Werner Blankes Sicht über die Rosenstraße, aus der man eine Fahrradstraße machen könnte. Den Weg vom Emschertalradweg zur Rosenstraße könne man leicht verbreitern. „Da hat sich unser Weg doch schon gelohnt“, strahlt Blanke, entzückt von der möglichen Alternative.

Doch das nüchterne Fazit der Fahrradtour lautet: „ausbaufähig“. Im wahrsten Sinne des Wortes. Damit sich daran etwas ändert, muss der politische Willen da sein, meint Blanke, und dementsprechend Gelder bereitgestellt werden. So wie die SPD in Aplerbeck signalisiert, ist der Wille da, das Radwegenetz im Stadtbezirk zu verbessern. Der ADFC werde zeitnah zu einem Gespräch mit der Bezirksvertretung eingeladen, teilt die SPD mit.