Kristina Mertin in einem der Tunnel, in denen die Erdbeeren zur Ernteerleichterung in Hochbeeten wachsen. Da dieser Anbau kostenintensiver ist, gibt es auf dem Hof aber auch zahlreiche Tunnel mit Bodenbepflanzung. © Michael Schuh
Coronavirus
Bald Mangel an Obst, Salat, Gemüse? Landwirt malt düsteres Szenario
Das Einreiseverbot für Saisonarbeiter trifft Bauer Mertin hart. Nun hofft er auf deutsche Feldhelfer, die kurzfristig einspringen. Für Landwirtschaft und Kunden sieht er wachsende Probleme.
Extrem viele Menschen können momentan ihren Beruf nicht ausüben, weil der Betrieb wegen des Coronavirus vorübergehend geschlossen wurde oder Kurzarbeit angemeldet hat. Bei Friedrich Mertin ist das Gegenteil der Fall: Der Obstbauer sucht händeringend Arbeitskräfte. Denn seine bewährten Erntehelfer fallen diesmal aus - auch das wegen der Coronakrise.
“Anfang der Woche waren wir Landwirte noch systemrelevant“, sagt Mertin und schüttelt den Kopf, „und zwei Tage später dürfen keine Saisonarbeitskräfte mehr einreisen.“ Denn auf die ist der 38-Jährige angewiesen: Bis zu 150 Saisonarbeiter, vornehmlich aus Rumänien, sorgen alljährlich auf dem Hof Mertin in Grevel für die Ernte der Erdbeeren, Himbeeren, Pflaumen und Äpfel.
Über die Plastiktunnel des Hofes Mertin scheint das Lanstroper Ei zu wachen. © Michael Schuh
Auf 30 Hektar pflanzt der Landwirt Obst an, in den weithin sichtbaren, langen Plastiktunneln gedeihen die Erdbeeren aufgrund des warmen Winters gerade prächtig. „Sie werden viele Früchte tragen“, weiß der Greveler Bauer. Was er nicht weiß: Wer in diesem Jahr dafür sorgen wird, dass die Beeren auch in den Verkauf gelangen.
Mertins Ehefrau Kristina, die sich auf dem Hof vor allem um die Büroarbeit kümmert, hat bis zuletzt versucht, Arbeiter aus Osteuropa nach Dortmund zu holen. „Wir hatten schon Flüge gebucht, die dann im letzten Moment storniert wurden“, erzählt die 30-Jährige. „Und wir bleiben auf den Kosten sitzen.“
Es bleibt nur eine Alternative
Die Hoffnung, dass die rumänischen Helfer doch noch eintreffen, wurde aber spätestens mit dem vom Bundesinnenministerium am Mittwoch (25. März) verkündeten Einreiseverbot für Saisonarbeiter zu Grabe getragen. Nun bleibt den Mertins eigentlich nur noch eine Alternative: deutsche Arbeitskräfte, die kurzfristig einspringen.
Kristina Mertin zeigt's: Dank des warmen Winters gedeihen die Erdbeerpflanzen prächtig. © Michael Schuh
Auf der von einer Landwirte-Vereinigung ins Leben gerufenen Online-Plattform „Das Land hilft“ hat Kristina Mertin ihren Betrieb bereits angemeldet und auch auf der hofeigenen Homepage steht der Hilferuf: „Wir suchen Feldhelfer!“ Egal, ob Studenten, Kurzarbeiter oder Hausfrauen.
“Ungefähr 50 Deutsche haben sich schon bei uns gemeldet und wollen sich in der kommenden Woche vorstellen“, verzeichnet die 30-Jährige in der kurzen Zeit durchaus Interesse an dem Job, der mit Mindestlohn plus Akkordzuschlag vergütet wird. Allerdings verweist sie auf den körperlichen Aspekt der Tätigkeit: „Wir befürchten, dass manche kommen und nach drei Tagen feststellen, dass es ihnen zu anstrengend ist.“
Aber irgendwie muss es ja klappen, denn mehrere hunderttausend Euro habe der Hof unter anderem in junge Pflanzen und Dünger investiert. Und wenn sich nicht genügend Helfer finden und das Obst im schlimmsten Fall verfault und abgefräst werden muss? „Das kann unsere Existenz bedrohen“, spricht die Landwirtin Klartext.
Blick in eine düstere Zukunft
Ihr Mann Friedrich sieht momentan ebenfalls in eine düstere Zukunft. Denn neben der Ernte der reifen Früchte gelte es ja zudem, ab Mai die Erdbeeren für das kommende Jahr zu pflanzen. Auch dafür benötigt er wiederum eine Vielzahl an Helfern. Außerdem weiß er nur zu gut, wie abhängig die osteuropäischen Arbeiter von ihrem deutschen Verdienst sind: „Sie ernähren damit ihre Familien.“
Ein symbolisches Bild: Von der Erdbeerernte ist der Grevelner Landwirt Friedrich Mertin abhängig. © Michael Schuh
Der erfahrene Bauer Mertin wagt angesichts der bedrohlichen Situation einen Blick über die eigene Scholle hinaus: „Wenn bei anderen Landwirten, die ebenfalls Saisonarbeiter beschäftigen, jetzt der Salat oder das Gemüse nicht in den Boden kommen, dann liegt das in ein paar Wochen auch nicht im Supermarktregal. Denn in den Export-Ländern wie Spanien oder Italien sieht es ja noch schlimmer aus.“
Und nicht zuletzt beschäftigten ja auch die Fleischproduzenten und die Molkereien zahlreiche Arbeitskräfte aus Osteuropa. „Das Ganze hat einen riesigen Rattenschwanz - und wird ein ganz großes Problem.“
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