Knapp sechs Jahre nach der Besetzung des Reinoldikirchturms durch Anhänger der rechtsextremen Szene beschäftigt der Fall erneut das Amtsgericht. Erst im Frühjahr waren mehrere Teilnehmer der Aktion zu Geldstrafen verurteilt worden.
Unter den nun angeklagten fünf Männern befindet sich auch der frühere Dortmunder Feuerwehrchef Klaus Schäfer. Er soll sich nicht selbst an der Besetzung des Kirchturms am 16. Dezember 2016 beteiligt haben. Laut Anklage verteilte er währenddessen jedoch auf dem Weihnachtsmarkt Flugblätter und unterstützte die Aktion auf diese Weise.
Flugblätter von Borchardt?
Schäfer war der einzige Angeklagte, der sich gleich nach der Verlesung der Anklageschrift zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußerte. Die Anklage sei „ein Unding sondergleichen“, sagte er.
Darüber hinaus behauptete Schäfer, selbst kein einziges Flugblatt verteilt zu haben. Kurz bevor er an diesem Abend von Mitarbeitern des Ordnungsamts und der Polizei festgehalten worden sei, habe ihm der inzwischen verstorbene Neonazi Siegfried Borchardt einen Stapel Blätter in die Hand gedrückt. „Er musste mal auf die Toilette“, so Schäfer.

Am Abend des 16. Dezember 2016 waren mehrere Neonazis zunächst ganz normal auf den Reinolikirchturm gestiegen, hatten dann jedoch die Tür für das übrige Publikum verbarrikadiert.
In etwa 50 Metern Höhe über dem Weihnachtsmarkt hatten sie dann Feuerwerkskörper entzündet und ein Transparent entrollt. Aufschrift: „Islamisierung stoppen“.
Glockengeläut zur Übertönung
Die Staatsanwaltschaft wertet das Verhalten der Angeklagten als Nötigung und Hausfriedensbruch. Mehrere Kirchgänger, die schon den Eintritt für die Turmbesteigung gezahlt hatten, seien an ihrem Vorhaben gehindert worden.
Die Pastorin der Reinoldikirche hatte damals lautstark die Glocken läuten lassen, um die Ausrufe der Besetzer zu übertönen.
Kein Kontakt zu Angeklagtem
Als die Verhandlung vor dem Amtsgericht aufgerufen wurde, blieben zwei der fünf Plätze auf der Anklagebank unbesetzt - darunter der des bereits mehrfach verurteilten Gewalttäters Steven F. Sein Anwalt erklärte, derzeit keinen Kontakt zu F. zu haben.
Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin, gegen die beiden fehlenden Angeklagten schriftliche Urteile zu verhängen.
Urteile gegen Abwesende
Das Gericht folgte dem Antrag und verurteilte die beiden Angeklagten zu Geldstrafen von 300 beziehungsweise 400 Euro. Die Verhandlung gegen die übrigen drei Angeklagten um Klaus Schäfer wird mit Zeugenvernehmungen fortgesetzt.
Neonazis besetzten Dortmunder Reinoldikirche: Gericht spricht Urteil