Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat die Ermittlungen im Fall der im Gazastreifen getöteten Familie Abujadallah übernommen. Diese soll bereits am 25. Oktober durch einen Raketenangriff in Nuseirat umgekommen sein. Staatsanwalt Kruse bestätigt auf Anfrage, dass dies auch sein aktueller Stand ist, „letztlich wissen wir aber noch sehr wenig“. Ein Todesermittlungsverfahren sei eingeleitet worden.
Yousef Aboujadallah, Mann von Ayah Abujadallah und Vater der gemeinsamen Kinder Salahuddin (†10), Mohammad (†9), Abdulrahman (†3) und Omar (†0), habe nach Angaben der Süddeutschen Zeitung (SZ) am 1. November eine Stelle als Anästhesist im Dortmunder Krankenhaus antreten sollen.
Was ist in Gaza passiert?
Die Angaben, die der SZ vorliegen, lägen nun auch der Staatsanwaltschaft Dortmund vor. Der Bruder des getöteten Familienvaters sei auch im Dortmunder Verfahren ein Anhaltspunkt für Staatsanwalt Kruse: „Aktuell befindet er sich laut unseren Informationen aber immer noch im Gazastreifen.“
Man befinde sich am Anfang der Ermittlungen und müsse sich nun erst einmal sortieren. „Wir müssen jetzt sehen, wo wir Informationen herbekommen. Das könnte über das Bundesamt für Justiz oder das Auswärtige Amt passieren. Auch scheint es Kontakte nach Israel zu geben, jedoch wissen wir noch gar nicht, ob es da wirklich um diesen konkreten Fall geht.“ Einigermaßen klar scheine aktuell nur das Geschehen vor dem Raketeneinschlag bzw. vor dem Konflikt.
„Die Familie ist, nach allem, was wir wissen, vor dem 7. Oktober zu Familie in den Gaza-Streifen geflogen“, sagt Staatsanwalt Kruse, „als der Krieg begann, konnte die Familie nicht ausreisen und floh in die Stadt Nuseirat. Dort soll sie durch den Raketeneinschlag umgekommen sein.“
Diese Informationen seien unbestätigt und sollen nun durch das Todesermittlungsverfahren bestätigt werden. „Wir werden nun versuchen herauszubekommen, ob die Familie wirklich gestorben ist und was genau eigentlich passiert ist.“
Kritik an Bundesanwaltschaft
Zuständig sollte eigentlich bislang die Generalbundesanwaltschaft sein. Anfang Dezember teilte sie aber mit, dass sie keine Straftat im Fall der Familie Abujadallah sehe, die in die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft fiele.
In einer Pressemitteilung vom 20. Dezember verurteilt etwa das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) die Entscheidung: „Handelt es sich bei den Opfern um deutsche Staatsbürger, ist es Aufgabe der Bundesanwaltschaft zu ermitteln, ob es sich bei diesen Taten um Kriegsverbrechen im Sinne des deutschen Völkerstrafrechts handelt.“ Die Menschenrechtsorganisation halte den Grundsatz, dass gleiches Recht für alle gelte, für verletzt.
Die Generalbundesanwaltschaft weist die Kritik im Gespräch mit unserer Redaktion zurück. Sprecher Michael Ramöller: „Der Anfangsverdacht eines Kriegsverbrechens hat sich in dem Fall nicht ergeben.“ Damit sei die Behörde nicht mehr zuständig. „Das kann sich aber je nach Ermittlungsergebnissen aus Dortmund aber gleichwohl wieder ändern.“
Ein Kriegsverbrechen, bei dem die Generalbundesanwaltschaft ermitteln würde, sei dabei genau definiert. Ramöller: „Eins von vielen Beispielen wäre, wenn ein ziviles Ziel bewusst beschossen wird.“ Werde jedoch ein militärisches Ziel – zum Beispiel bei einem Luftangriff – anvisiert, und dabei kommen Zivilisten um, ist das nicht gleich ein Kriegsverbrechen. Das führe zu vielen verzwackten Situationen, da ein ziviles Gebäude, wie ein Kranken- oder Wohnhaus- auch ein militärischer Stützpunkt sein kann, wie es im Gaza-Krieg durch die Hamas häufiger schon passiert ist. Genaue Details zu den Ermittlungen abseits dieser Beispiele gibt Ramöller nicht.
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