
© Jörn Hartwich
„Er sollte abgestochen werden“: Obdachloser in Waltrop fast getötet
Urteile gegen Quartett aus Dortmund und Waltrop
Zehn Monate nach einer Messerattacke in einer Waltroper Obdachlosenunterkunft stehen jetzt die Urteile gegen ein Täter-Quartett aus Waltrop und Dortmund fest. Bewährung gab es für niemanden.
Mit teils empfindlichen Haftstrafen ist am Bochumer Landgericht der Prozess um eine lebensgefährliche Bluttat in der Obdachlosenunterkunft an der „Pannhütt“ in Waltrop zu Ende gegangen. Vier Angeklagte aus Waltrop und Dortmund waren am 18. Mai 2021 mit Knüppeln und einem Messer über einen 27-jährigen Obdachlosen hergefallen – das Opfer überlebte nur dank einer Not-Operation im Dortmunder Klinikum Nord.
Richter Nils Feldhaus hob beim Urteil die „besondere Brutalität“ hervor, die das Quartett an den Tag gelegt hatte. „Es ging darum, den Mann ordentlich zu vermöbeln“, hieß es beim Urteil. Und mit Blick auf den Messerangriff mit insgesamt acht wuchtigen Einstichen in Oberkörper und Bein: „Man muss es so sagen: Er sollte abgestochen werden.“
Drogenschmuggelfahrt miteinbezogen
Gegen den Hauptangeklagten und geständigen Messerstecher (24) aus Waltrop verhängte die 3. Strafkammer siebeneinhalb Jahre Haft. Ein gleichaltriger Freund aus Dortmund kassierte dreieinhalb Jahre Haft, zwei weitere Waltroper (20 und 29) wurden zu zwei Jahren und drei Monaten Jugendhaft beziehungsweise zweieinhalb Jahre Haft verurteilt. Keiner der vier Angeklagten kommt danach um die Verbüßung einer Gefängnisstrafe herum.
Die Unterschiede im Strafmaß erklären sich teils durch eine bei zwei Angeklagten mit einbezogene (bewaffnete) Drogenschmuggelfahrt. Obendrein war laut Gericht allein der 24-jährige Waltroper für den Messerangriff zur Verantwortung zu ziehen. Den drei mit Baseballschlägern und Holzknüppeln bewaffneten Männern waren „die Messerstiche nicht zuzurechnen“, urteilte das Gericht.
Mit 3000 Euro in der Kreide
Motiv für den Gewaltangriff waren laut Urteil Drogenschulden. Angeblich stand der Mann bei dem Hauptangeklagten „mit 3000 Euro in der Kreide“. Im Vorfeld der Bluttat war es deshalb bereits zu Konflikten gekommen. Kurz vor dem 18. Mai hatte der Obdachlose einen der Angeklagten am Waltroper Jobcenter eingeschüchtert und bedroht. Daraufhin hatte sich das Quartett laut Gericht zusammengerottet und beschlossen, „dem Mann eine Abreibung zu verpassen“. Die Urteile lauten abweichend von der Ursprungsanklage nicht mehr auf Mordversuch, sondern auf gefährliche Körperverletzung.
Der Obdachlose hatte unter anderem zwei Riss-Quetsch-Wunden am Kopf (durch Knüppel-Hiebe), drei Stichverletzungen am Oberschenkel und fünf weitere am Oberkörper erlitten. Eine Niere musste teilamputiert werden.
Im Prozess hatte das Quartett Teilgeständnisse abgelegt. Der Hauptangeklagte hatte dem Opfer durch einen Vergleich 10.000 Euro Schmerzensgeld zugesagt. In einem Parallelprozess am Bochumer Landgericht war der 24-Jährige zuletzt wegen Drogenhandels zusätzlich zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden.