Die Stadt Dortmund klagt über wachsende Engpässe in der Bauwirtschaft. Viele Bauprojekte dauern länger – und werden zum Teil deutlich teurer.

Dortmund

, 31.08.2018, 04:05 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Fortschritt ist sichtbar. Fast abgeschlossen ist der Umbau des Naturkundemuseums. Aber eben nur fast. Zurzeit wird noch an der Lüftungsanlage gearbeitet, dann steht die Grundreinigung an. Wann die letzten Handwerker das Haus verlassen, ist immer noch offen, erklärte Museumsleiterin Dr. Elke Möllmann bei einem Besuch von Vertretern der CDU.

Eigentlich sollten die Umbauarbeiten, die im Frühjahr 2015 begonnen haben, nach einem Jahr abgeschlossen sein. Doch immer wieder gab es Verzögerungen – durch bauliche Probleme, geänderte Planungen und immer wieder durch Ärger mit Handwerksfirmen.

Fast abgeschlossen ist nach knapp vier Jahren der Umbau des Naturkundemuseums.Probleme mit Handwerksfirmen haben immer wieder für Verzögerungen gesorgt.

Fast abgeschlossen ist nach knapp vier Jahren der Umbau des Naturkundemuseums.Probleme mit Handwerksfirmen haben immer wieder für Verzögerungen gesorgt. © Menne

Allein die Pleite einer Elektrofirma sorgte für fast ein Jahr Verzögerung, weil die Arbeiten neu ausgeschrieben werden mussten. Und für viele Handwerksbetriebe gibt es offenbar lukrativere Baustellen. „Die Firmen haben die Auftragsbücher voll und können sich die Baustellen aussuchen“, berichtet Elke Möllmann.

Oft gibt es keine Reaktionen auf Ausschreibungen

Das Naturkundemuseum ist kein Einzelfall. Generell klagt die Stadt über Probleme bei der Abwicklung von Baumaßnahmen durch die Hochkonjunktur im Bauhandwerk. Die Folgen: Vieles dauert länger und wird teurer. Denn auch die Preise steigen.

Schon bei der Ausschreibung von Arbeiten fangen die Probleme an. Oft gehen überhaupt keine Angebote ein. Die Stadt musste deshalb in den vergangenen vier Jahren etwa 100 Bauvergabe-Verfahren aufheben. Und die Zahlen steigen. 2014 platzten 16 Vergabeverfahren, im vergangenen Jahr waren es schon 55.

Die Vermutung der städtischen Bauexperten: Die Firmen bevorzugen aufgrund ihrer guten Auslastung Aufträge aus der Privatwirtschaft, die nicht dem öffentlichen Vergaberecht unterliegen. Denn das ist mit vielen Auflagen und Bürokratie verbunden. „Kommunen wie die Stadt Dortmund gelten für die Bauwirtschaft nicht als ‚attraktive‘ Auftraggeberin“, heißt es fast resignierend in einer am Donnerstag versandten Mitteilung der Stadt.

Bis zu 94,7 Prozent über dem Kostenvoranschlag

Mit werden Öffentlichkeit und Politik darauf vorbereitet, dass viele Bauvorhaben länger dauern und teurer werden. Denn wenn Angebote eingehen, liegen sie oft weit über den Kostenplanungen – bei den Rohbau-Arbeiten für den Neubau der Reinoldi-Sekundarschule etwa um 47 Prozent, beim Brandschutz für die neue Stadtbahn-Station am Hauptbahnhof bis zu 55 Prozent. Und für eine Kanalsanierung im Dortmunder Feld lag das günstigste von zwei Angeboten sogar um 94,7 Prozent über der Kostenschätzung.

Die Probleme sind von der öffentlichen Hand zum Teil mit verursacht – durch eine Vielzahl an Förderprogrammen von Bund und Land, deren Geld in einem bestimmten Zeitraum verbaut werden muss. Von 2015 bis 2023 ist die Stadt gehalten, 250 Millionen Euro auszugeben.

Fachkräftemangel im Handwerk

Die Folge: Viele Betriebe sind über der Kapazitätsgrenze, bestätigt Thomas Pape als Obermeister der Baugewerbe-Innung Dortmund und Lünen. Fachkräfte werden dringend gesucht. Auch Ingenieurbüros für die Planung von Bauprojekten sind oft überlastet. Und sogar das Baumaterial ist knapp geworden. Vor allem bei Schotter, Splitt oder Kies gibt es Lieferengpässe, berichtet das städtische Tiefbauamt.

Für das Büroprojekt Phoenixwerk auf Phoenix-West ist endlich ein Rohbau-Unternehmen gefunden.

Für das Büroprojekt Phoenixwerk auf Phoenix-West ist endlich ein Rohbau-Unternehmen gefunden. © Menne

Betroffen von der Hochkonjunktur in der Bauwirtschaft sind aber auch private Investoren. So ruhte die Baustelle für das Büroprojekt Phoenixwerk auf dem Phoenix-West-Gelände nach dem symbolischen Spatenstich im März für mehrere Monate, weil kein Generalunternehmer für die Baustelle zu finden war. Jetzt hat man zumindest ein Bauunternehmen für den Rohbau gefunden, berichtet Bauherr Christoph Helbich. Dann gilt es, Handwerker für die Ausbauarbeiten zu finden.

Auch das wird nicht einfach werden. „Die aktuelle Marktsituation“, so heißt es in der Mitteilung der Stadt, „lässt in den nächsten Jahren keine Entspannung erwarten.“

Die Bauabnahme für das Naturkundemuseum, zuletzt für Mitte Juni geplant, hat sich weiter verzögert. Einen neuen Termin gibt es noch nicht. Nach dem Abschied der Handwerker dauert es etwa ein Jahr die neue Museumsschau aufzubauen. Die Ausschreibung dafür steht noch aus. Erst danach könne ein Eröffnungstermin für das Museum ins Auge gefasst werden, sagt Museumschefin Dr. Elke Möllmann. Die Hoffnung ist, das Naturkundemuseum bis September 2019, drei Jahre später als geplant, wieder eröffnen zu können. Immerhin: Die Kosten sollen gegenüber der letzten Kalkulation nicht weiter steigen. Sie waren schon von ursprünglich geplanten 7,3 auf 9,3 Millionen Euro geklettert.
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