Wenn einer die Natur in dem kleinen Dortmunder Stadtteil Deusen im Blick hat, dann ist es Reiner Schramowski. Schon öfter hat der Dortmunder aus Deusen Kritik daran geübt, wie die Stadt die Bäume zwischen Emscher und Dortmund-Ems-Kanal pflegt.
Nun schlägt Schramowski Alarm: Am Deich der Emscher habe es auf einer längeren Strecke einen „radikalen Kahlschlag“ gegeben. Gesundes Gehölz, das niemanden stören würde, sei abgeholzt worden. Sträucher, aber auch zum Teil schon viele Jahre alte Bäume, hätten weichen müssen. Dabei habe man „relativ radikal weit ins Gelände hineingeschnitten“, sagt auch Claudia Brückel, CDU-Politikerin und Deusenerin.
Laut Schramowski ist mit einem Hydraulikschneider gearbeitet worden. „Der schneidet alles klein, was kleinzuschneiden geht“, kritisiert der Deusener.
Er befürchtet, dass ein solcher Schnitt nicht genug Rücksicht auf die Tierwelt nehme.
Und überhaupt habe er auch Arbeiten noch im März beobachtet – und damit in der gesetzlich festgelegten Schonzeit, die von März bis Oktober reicht. Der Rentner fragt sich: War ein solcher Kahlschlag nötig? Und war er rechtens?
Ein Drohnen-Video gibt einen Überblick über die Rodungen
Wurzeln schwächen den Deich
Stadt und Emschergenossenschaft (EG) beantworten beide Fragen mit einem klaren „Ja“. Ilias Abawi, Sprecher der Genossenschaft, die sich um die Flüsse Emscher und Lippe kümmert, gibt dabei durchaus zu, dass die Abholzung einem „Kahlschlag“ gleich komme. Auf einer Länge von rund 200 Metern habe die EG auf der Deusen zugewandten Seite der Emscher nicht nur punktuell gerodet, sondern alles entfernt, das Wurzeln in den Deich geschlagen hatte.
Und das aus zweierlei Gründen: Zum einen schwächten Wurzeln einen Deich, sie ließen ihn porös werden. „Und wenn ein Deichkörper nicht stabil ist, kann er bei Hochwasser zusammenbrechen“, so Abawi. Der Bewuchs auf dem Deusener Deich sei „uralt“ gewesen und stamme aus Zeiten, in denen die Regelwerke anders lauteten. Seit 2013, so geht aus der Antwort der Stadt hervor, hätten sich die Normen geändert. Von da an werde ein Deich „grundsätzlich als gehölzfreie Zone“ definiert.

Zweitens müsse der Deich in Deusen neu vermessen werden, erklärt Abawi. „Das ist zur Deichertüchtigung erforderlich.“ Die Deusener müssten sich aber keine Sorgen machen, dass das Bauwerk am ehemaligen Abwasserfluss instabil ist. Vielmehr handele es sich um „eine grundsätzliche Maßnahme, um den Hochwasserschutz entlang der Emscher zu optimieren“. Gerade nach den verheerenden Hochwassern im Ahrtal und in Hagen 2021 schaue man noch genauer hin, so Abawi.
Am dringlichsten sei es zunächst an der Lippe und entlang der westlichen Emscher gewesen. Im Februar nun sei man mit diesem Sonder-Deich-Check in Deusen angekommen und habe die Wahl gehabt: Entweder mit den Rodungen bis Oktober zu warten, bis zum Ende der Schonzeit, oder eine fixe Fäll-Aktion im Februar. Die Wahl fiel auf letztere. „Wir wollten kein halbes Jahr verstreichen lassen“, so Abawi. Daher habe man „relativ kurzfristig“ die Maschinen rollen lassen.
Auf Artenschutz geachtet
Es sei alles abgesegnet und genehmigt. Das bestätigt auch die Stadt: „Bei dieser großflächigen Rodung wurden die Untere Naturschutzbehörde, die Untere Wasserbehörde und die Untere Bodenschutzbehörde sowie der Vorsitzende des Naturschutzbeirats beteiligt“, führt Sprecher Christian Schön aus. Eine „versierte Person für Artenschutz“ habe darauf geachtet, dass Amphibien und Vögel geschützt würden.
Abawi betont auch, dass man mit den Rodungen innerhalb der Schonzeit-Fristen geblieben sei: „Wir waren Ende Februar durch.“ Er könne aber verstehen, dass Anwohner einen anderen Eindruck hatten. Es gebe immer noch Nacharbeiten wie Häckseln und Abräumen der Stämme.

Auch wenn alles rechtlich in Ordnung und nötig war – es war „ein super schönes Stück Natur“, das da weichen musste, sagen Anwohner wie Claudia Brückel. Das sehe auch die Emschergenossenschaft so, versichert Abawi. „Unseren Ökologen tut es immer weh, wenn Bäume entfernt werden müssen.“ Aber der Hochwasserschutz gehe vor. Daher habe man auch rund um den Deichfuß noch roden müssen. Man brauche den Platz, falls bei einem starken Hochwasser der Deich zusätzlich gesichert werden müsse.
Selbstkritisch räumt der EG-Sprecher aber ein, dass die Anwohner von den Rodungen ziemlich überrumpelt wurden. Normalerweise informiere man vorher über derartige Arbeiten. „Das hat wegen der Kurzfristigkeit dieses Mal nicht geklappt.“

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