Pole Dance mit Romy (25) und Bianca (35) in Brackel „Wir tanzen nicht in Tanga und Highheels“

Pole-Dance-Stunde mit Romy und Bianca: „Tanzen nicht in Tanga und Highheels“
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Bevor Romy Neidl sich hochschwingt, wischt sie die Metallstange mit einem Tuch ab und zieht dann Pullover und Leggins aus. Seit ein paar Jahren tanzt die 25-Jährige an der Stange. Aber nicht in Nachtclubs. Sondern beim TSC Heaven and Hell am Brackeler Hellweg 43.

Acht Frauen trainieren in Romys Anfänger-Kurs am Freitagabend. „Eigentlich sind das keine Anfängerinnen mehr. Wir haben aber immer mal jemanden dabei, der ganz neu anfängt“, sagt die 25-Jährige. Als die Kursteilnehmerinnen ankommen, tauschen sich alle fröhlich über Neuigkeiten aus, bevor sich alle zum Aufwärmen im Raum verteilen.

Sport statt Erotik

Mit Pole Dance hat Romy angefangen, als ihr während der Corona-Lockdowns Ende 2020 langweilig wurde und sie nicht mehr ins Fitnessstudio gehen konnte. Also suchte sie eine Sportart, die sie zu Hause und allein ausüben konnte. Die ehrenamtliche Trainerin interpretiert Pole Dance eher als Sport, nicht als erotischen Tanz.

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Nicht zum ersten Mal wird sie auf das Rotlicht-Image angesprochen; sie verdreht die Augen. Mittlerweile löse sich Pole Dance von seinem verruchten Ruf, bei dem viele Menschen an Stripperinnen in Tabledance-Bars denken würden. „Es ist mehr als sich ein bisschen an die Stange zu schwingen und den Popo hin und her zu wackeln. Das ist ein richtiger Sport, sehr anstrengend und nicht immer so leicht, wie man denkt.“

An die Reaktion ihres Vaters kann sie sich noch gut erinnern. „Als ich gesagt habe, Papa, ich möchte eine Pole-Stange haben, meinte er: ‚Echt jetzt, meine Tochter? Ich weiß ja nicht...“

Noch weniger begeistert sei ihr Vater gewesen, als er die Stange in der Garage anbringen musste, weil dort am meisten Platz war und er sich für sein Auto einen anderen Parkplatz suchen musste. Inzwischen habe er sich gut damit abgefunden.

Romy Neidl vom TSC Heaven and Hell in Dortmund-Brackel an der Pole-Dance-Stange
Romy Neidl (25) hat ihre Leidenschaft für Pole Dance während eines Corona-Lockdowns entdeckt. Inzwischen bringt sie anderen das Stangetanzen bei. © Julia Segantini

Auch Bianca Woscholski kennt die Klischees. Die 35-Jährige erzählt in ihrem Umfeld nicht allen von ihrem Hobby, besonders den Männern in ihren privaten und beruflichen Kreisen. „Da kommen natürlich die Vorurteile auf, ich würde das zum Strippen machen. Dabei zeigen wir hier ja wenig Haut. Wir tanzen nicht in Tanga und Highheels, sondern sind ordentlich bekleidet.“

Dass man beim Pole Dance meist knapp bekleidet ist, trage sicherlich zum Rotlicht-Image des Sports bei, glaubt Romy. Dabei habe das ganz praktische Gründe: „Je weniger man an hat, desto besser hält man an der Stange, gerade, wenn die Haut warm wird. In Pulli und Leggins würde ich sofort runterrutschen.“

Lieber nach Brackel als in die Nordstadt

Was Romy den Frauen in ihrer Gruppe bei TSC Heaven and Hell beibringt, hat sie sich größtenteils selbst beigebracht. Den Trainerschein hatte die gelernte Krankenschwester schon vorher im Breitensport gemacht, die Beweglichkeit brachte sie aus dem Leistungsturnen mit. Durch diese Vorkenntnisse sei es ihr leicht gefallen, sich die verschiedenen Posen, bei denen es oft auf Kraft und Dehnbarkeit ankommt, anzueignen.

Bianca Woscholski vom TSC Heaven and Hell in Dortmund-Brackel an der Pole-Dance-Stange
Bianca Woscholski hatte durch ihre zehnjährige Erfahrung als Cheerleading ein Händchen für Pole Dance. © Julia Segantini

Auch Bianca musste nicht ganz bei Null anfangen, als sie sich im November letzten Jahres für Pole Dance entschied. Die ehemalige Cheerleaderin profitiert an der Stange von ihrer Gelenkigkeit und dem Gespür für Choreografien. Für die Tanzschule in Dortmund-Brackel hat sie sich bewusst entschieden.

„Ich habe mir auch einen Kurs in der Nordstadt angeguckt, das war überhaupt nichts für mich“, sagt die 35-Jährige, „da hatte ich Angst, als ich nach der Probestunde allein zum Auto laufen musste.“

Zudem werde an vielen Tanzschulen eine erotische Art von Pole Dance angeboten, das sei aber überhaupt nicht ihr Ding. Und noch etwas war ihr wichtig: „Ich wollte eine Gruppe, in der es um Spaß statt um Leistungsdruck geht.“ Dass beim TSC Heaven and Hell eine familiäre Stimmung herrscht, habe ihr sofort gefallen.

Kopfüber hängen und dabei schön aussehen

Was sie an diesem Tanzsport so liebt? „Das Gefühl von Freiheit. Und natürlich die Herausforderung, oben hängenzubleiben, nicht zu stürzen und dabei noch gut auszusehen.“

Anfangs habe sie Angst gehabt, herunterzufallen, nach ein paar Trainingsstunden habe sie sich davon aber lösen können. „Kopfüber zu hängen war anfangs eine Überwindung, man lernt mit der Zeit, den Kopf richtig zu koordinieren und einen Punkt im Raum zu finden, damit man nicht panisch wird.“

Am liebsten macht sie Spinning-Figuren, also alles, bei denen sich der Körper um die Stange dreht. Statische Figuren seien zwar schön, aber deutlich anstrengender.

Das bestätigt Romy Neidl. Natürlich gehe es darum, den Körper schön zur Geltung zu bringen. „Es geht um Ästhetik, man fühlt sich weiblich. Man baut aber auch viel Kraft auf und kann richtig muskulös werden.“

Pole Dance als perfektes Workout

Zwei Mal die Woche geht Bianca zum Pole Dance - und kommt fast jedes Mal mit Muskelkater nach Hause. An ihre erste Stunde kann sie sich noch gut erinnern. „Wir haben versucht, an der Stange zu sitzen und ich konnte danach zehn Tage nur sehr schlecht sitzen, weil alles wehtat.“

Romy kann Anfänger beruhigen: Die Muskulatur baue sich nach und nach auf, „genau so ist das mit der Gelenkigkeit“. Deshalb könne man mit Pole Dance problemlos bei Null anfangen, niemand müsse schon vorher einen Spagat beherrschen oder zur Vorbereitung ins Fitnessstudio gehen.

Pole Dance Kurs beim TSC Heaven and Hell in Dortmund-Brackel
Die Teilnehmerinnen des Pole Dance Kurses helfen sich gegenseitig, damit die schwierigen Posen an der Stange klappen. © Julia Segantini

Man könne sehr schnell Fortschritte machen und habe dementsprechend schnell und häufig ein Erfolgserlebnis. „Wenn man gar nicht so viel Kraft hat und dann doch was geschafft hat und sich auf einem Foto oder Video sieht, denkt man: ‚Wow, krass. Ich hänge da einfach mit meinem eigenen Körpergewicht und ich kann mich da so schön halten. Das fühlt sich toll an.“

Beim Pole Dance komme es darauf an, sich Dinge selbst anzueignen und ganz für sich zu sein; den eigenen Rhythmus finden und den eigenen Körper kennenlernen. „Letztens hat eine Teilnehmerin gesagt: ‚Ich komme in die Halle, vergesse alles und danach geht es mir wieder gut‘. Und genau so soll es sein.“

Die Anmeldung kann jederzeit online über die Homepage des TSC Heaven and Hell oder vor Ort erfolgen. Die monatlichen Kursgebühren für Pole Dance betragen 12 Euro.

  • Trainingsplan für Pole Dance:
    • Montag, 19.30 Uhr - 20.30 Uhr (Fortgeschrittene)
    • Mittwoch, 19.30 Uhr - 20.30 Uhr (Anfänger)
    • Donnerstag, 19.30 Uhr - 20.30 Uhr (Anfänger)
    • Freitag, 18.45 Uhr - 19.45 Uhr (Anfänger)