„Eine lebensgefährliche Unterführung“ Hier wird’s für Radfahrer und Senioren bedrohlich

„Lebensgefährlich“: Experte prangert Missstände in der Nordstadt an
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Franz-Josef Ingenmey macht sich Sorgen. Nicht nur um gleichaltrige Mitbürgerinnen und Mitbürger - der ehemalige Stadtplaner und Mitglied des Seniorenbeirats ist dieses Jahr 70 Jahre alt geworden -, sondern auch um junge Mütter, Fahrradfahrer oder Behinderte. Da läuft es ihm kalt den Rücken runter, wenn er in seinem Viertel, der Nordstadt, unterwegs ist. Wir waren mit ihm zwischen Bornstraße und Hoesch-Park unterwegs und er hat uns die Schwachstellen seines Viertels gezeigt.

Wir stehen an der Unterführung an der Borsigstraße. Obendrüber quert eine Bahntrasse, dahinter kommt links die Gronaustraße, rechts der Hornbach und weitere Supermärkte auf dem ehemaligen Areal der Deutschen Maschinenfabrik. Rechts Richtung Bornstraße verengt sich der Fußweg unter der Trasse auf etwa 1,20 Meter. Deswegen werden die Fahrradfahrer, die sich zuvor – rechtmäßig - auf dem bereits engen Bürgersteig an der Bushaltestelle Albertstraße vorbeigedräng(el)t haben, mit einer rot gepflasterten Rampe Richtung Auto-Fahrbahn geleitet. „Wer im alten Hoesch-Viertel wohnt und Lebensmittel einkaufen will, muss sich hier – mit Rollator, Kinderwagen oder Einkaufstrolley – aneinander vorbeidrängen. Diese Unterführung ist für alle eine Zumutung – für Radfahrer ist diese Situation sogar lebensgefährlich.“

Zwar gewährt eine Fahrrad-Ampel den Pedalrittern per Grünlicht ein wenig Vorsprung, während Bus und Autos noch warten müssen. Haben aber beide Grün, landet der Radler direkt vor der Kühlerhaube. Das liegt auch daran, dass der Autoverkehr an dieser Stelle vierspurig durchs Viertel geführt wird. „Das ist doch überhaupt nicht einzusehen, warum hier, an der schmalsten Stelle der Nordstadt, jeweils zwei Spuren für den Autoverkehr reserviert sind“, schimpft Franz Josef Ingenmey.

Zumal es westwärts auf der Mallinckrodtstraße und ostwärts ab der Unnaer Straße wieder einspurig wird. Ingenmey plädiert dafür, dem Autoverkehr zwei Fahrspuren zu nehmen und den Radweg auf die Straße zu verlegen. Das sei auch schon Thema in der Bezirksvertretung Nord gewesen, an deren Sitzungen er als Seniorenbeirat regelmäßig teilnimmt.

„Bänke auch für Biertrinker“

Dass er sein Amt nicht (nur) als Interessensvertretung für Alte sieht, sondern stets an Barrierefreiheit und an ein harmonisches Miteinander der Generationen denkt, wird deutlich, als wir am Borsigplatz stehen. Er freut sich, dass die fünf hölzernen seniorengerechten Bänke dort immer noch unversehrt stehen. Sie haben eine höhere Sitzfläche, eine Lehne hinten und zwei an der Seite, um das Hinsetzen und Aufstehen zu erleichtern. „Natürlich sitzen da auch die Biertrinker drauf. Deswegen waren die Geschäftsleute, die die Aufstellung unterstützt haben, skeptisch. Aber jetzt sind alle zufrieden“, sagt Franz-Josef Ingenmey.

Allerdings ärgert er sich jedesmal über die „blödsinnige“ Ampel an der Kreuzung Oesterholzstr. Denn diese Ampel kennt nur Rot und Nicht-Rot. Nähert sich eine Straßenbahn, springen beide Männchen auf Rot, kommt keine Straßenbahn, leuchtet sie gar nicht. „So was habe ich noch nie gesehen“, sagt der Fachmann in Rente.

Ungewöhnlich: Die Fußgängerampel an der Einmündung der Oesterholzstraße in den Borsigplatz ist nur dann in Betrieb, wenn sich eine Straßenbahn nähert - sonst sind die Fußgänger auf sich allein gestellt.
Ungewöhnlich: Die Fußgängerampel an der Einmündung der Oesterholzstraße in den Borsigplatz ist nur dann in Betrieb, wenn sich eine Straßenbahn nähert - sonst sind die Fußgänger auf sich allein gestellt. © G. Thanscheidt
Doppelrot: Wenn die Tram sich nähert, springt die Ampel auf Rot - eine Grünphase gibt es nicht.
Doppelrot: Wenn die Tram sich nähert, springt die Ampel auf Rot - eine Grünphase gibt es nicht. © G. Thanscheidt

Und das sei auch noch gefährlich – ebenso wie die Ein- und Ausstiegssituation an den Haltestellen Borsigplatz und Vincenzheim. „Der Abstand zur Fahrbahn ist für Senioren mit Rollatoren oder Mütter mit Kinderwagen viel zu hoch. Und dann kommt hier am Borsigplatz sofort der Bordstein, da haben Sie als alter Mensch keine Chance.“ An der Endhaltestelle wurde das durch einen Mittelbahnsteig gelöst. Das ist auch für die Haltestellen Borsigplatz geplant – „ursprünglich noch 2023, ich hoffe spätestens 2024“, sagt Franz-Josef Ingenmey. Denn zur Zeit würden viele ältere Menschen im Viertel den Bus benutzen, weil sie nicht barrierefrei in die Straßenbahn kommen.

Schwer zu überwinden - der Höhenunterschied zur Stadtbahn. Auch der Bordstein muss mit Rollator oder Kinderwagen erst einmal überwunden werden.
Schwer zu überwinden - der Höhenunterschied zur Stadtbahn. Auch der Bordstein muss mit Rollator oder Kinderwagen erst einmal überwunden werden. © G. Thanscheidt

Franz-Josef Ingenmey wurde im März 2020 erstmals in den Seniorenbeirat gewählt. Derzeit sitzt er – quasi zur Halbzeitpause der fünfjährigen Wahlperiode – an seinem Tätigkeitsbericht. Er vertritt derzeit die Senioren der Nordstadt alleine und ist als sachkundiger Bürger auch im Planungsausschuss vertreten. „Da wurde ich, glaube ich, anfangs ein wenig belächelt. Aber jetzt hat sich das geändert.“ Immerhin ist er als Stadtplaner vom Fach. Im Ausschuss hat er versucht, Mehrgenerationengerechtigkeit als Prinzip beim Neubau von Wohnungen einzuführen – so wie das Vorhalten von Kinderbetreuungsplätzen oder Stellplätzen. Ein Vorstoß von 2020, der „leider folgenlos“ blieb.

Wenn seine Initiativen erfolglos im „Nirwana der Verwaltung“ versanden – das mag der 70-Jährige nicht. Umso stolzer ist er auf die neuen seniorengerechten Geräte im Hoeschpark: Auch hier stehen seit 2022 aufgrund seiner Initiative zwei hölzerne Bänke und zudem noch eine Stufen-Sitzbank, ein Holzpfosten, der zur spielerischen Bewegung einlädt, und ein Holzbarren.

Ein Angebot für Jung und Alt: Dieser Barren ist eines von drei neuen Mehrgenerationen-Angeboten im Hoeschpark
Ein Angebot für Jung und Alt: Dieser Barren ist eines von drei neuen Mehrgenerationen-Angeboten im Hoeschpark © G. Thanscheidt

„Beim Aufstellen der Bänke war das Tiefbauamt sehr behilflich“, lobt Ingenmey. Selbst fernab seiner geliebten Nordstadt war er kürzlich mit Unterstützung des Amtes aktiv: Als in einer Wohnsiedlung in der Aplerbecker Mark keine Geländer an Zuwegen zu Hauseingängen waren, obwohl dort Stufen den Zugang erschwerten, griff Franz-Josef Ingenmey zum Hörer und rief die Amts-Chefin an. „In kürzester Zeit waren die Handläufe da,“ sagt er und strahlt. Interessensvertretung kann Freude machen.

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