Phoenix-West
Eine blaue Welle für die alten Hochöfen
Ein niederländisch-kanadischer Investor will die Hochofen-Anlage und das Schalthaus 101 auf Phoenix-West kaufenund 75 Millionen Euro in die Entwicklung investieren.
Wie eine blaue Welle soll sich der von Walas geplante Neubau durch die alten Hochofen-Anlage auf Phoenix-West ziehen. In den neuen Gebäuden soll Platz sein für innovative Unternehmen und Existenzgründer. © World of Walas
Jahrelang haben Stadt und die Entwicklungsgesellschaft NRW Urban händeringend nach Ideengebern und Investoren für die Hochofen-Anlage auf Phoenix-West gesucht. Jetzt ist man endlich fündig geworden. Und der kanadisch-niederländische Entwickler Walas verspricht einen ganz großen Wurf: Er will die alten Hochöfen zum Kern eines Innovationszentrums machen und die alten Industrierelikte dazu mit einem prägnanten Neubau einrahmen. 75 Millionen Euro will die Unternehmensgruppe dazu investieren.
Die Hochofen-Anlage auf Phoenix-West steht seit 2002 unter Denkmalschutz. © Stephan Schuetze
„Die vierte Welle“ ist der Titel des Neubaus in Anspielung auf die geplante blaue Fassade, die die alte Hochofen-Anlage wie eine Welle durchdringt und Begriffe wie Industrie 4.0, mit denen die Digitalisierung der Wirtschaft umschrieben wird. „Wir bekommen damit ein Industriedenkmal, das wieder Arbeit schafft“, freute sich Wirtschaftsförderungs-Chef Thomas Westphal am Freitag bei der Präsentation des ehrgeizigen Projekts. Das ist weltweit einmalig, schwärmte Oberbürgermeister Ullrich Sierau.
Ein Zentrum für Innovationen
Den Anfang soll der Neubau eines kreisförmigen „Exzellenzzentrums für Innovation“ auf dem Platz vor den Hochöfen machen, kündigt der Entwickler an. Hier sollen sich Unternehmensgründer, aber auch schon bestehende High-Tech-Firmen ansiedeln können. Und das alte Schalthaus 101 soll zu einer Art „Gründungsdorf“ werden. In Einbauten in die alte Industriehalle sollen Künstler, Handwerker, Architekten und Designer einziehen. Es könnte aber auch Marktstände mit Produkten aus der Region, Kneipen, Restaurants, Spielplätze und Kinderbetreuung geben.
Marktstände, Werkstätten oder Künstlerateliers könnten in der Industriehalle Schalthaus 101 unterkommen. © World of Walas
Der letzte Schritt wäre dann der Bau der „vierten Welle“, des Gebäudes, das sich entlang und durch die Hochofen-Anlage zieht. „Dort sollen Arbeitsräume, Wohnungen, High-Tech-Werkstätten, Büros und Smart-Services angesiedelt werden, heißt es im Unternehmensprospekt.
Blau ist die dominierende Farbe bei den geplanten Neubauten an der Hochofen-Anlage. © World of Walas
450 bis 500 Arbeitsplätze sollen in dem Komplex entstehen. Mindestens ebenso viele im Schalthaus 101. Das wäre ein weitere Schub für den schon „sehr dynamischen Entwicklungsprozess“ auf Phoenix-West, ist Sierau überzeugt.
Rundfahrt über das Phoenix-Gelände
Vor eineinhalb Jahren gab es die ersten Kontakte zwischen der städtischen Wirtschaftsförderung und „World of Walas“. Bei einer Rundfahrt über das Phoenix-Gelände gelang es offenbar, die Vertreter des internationalen Unternehmens für das frühere Industrieareal zu begeistern. „Man kann nicht nicht interessiert sein an diesen Hochöfen“, sagt Unternehmens-Chef Gerben van Straten, der „World of Walas“ 2010 gegründet hat. Und im Gegensatz zu den meisten anderen Besuchern brachte der gebürtige Niederländer, der nun in Kanada lebt, auch die nötige Phantasie mit, um aus den Hochöfen ein Zukunftsprojekt zu machen.Gemeinsam mit OB Ullrich Sierau und Wirtschaftsförderer Thomas Westphal stellten Vertreter von Walas ihre Pläne für Phoenix-West vor. © Stephan Schuetze
Jetzt sitzt van Straten neben OB Sierau in einem Sitzungssaal des Zentrums für Produktionstechnik auf Phoenix-West, gleich gegenüber der Hochofen-Anlage. Und er schildert auf Englisch und mit großer Leidenschaft, was ihn antreibt. Nachhaltigkeit ist dabei ein Schlüsselwort. Gerben van Straten sammelte bei der Weltausstellung 1986 in Vancouver erste berufliche Erfahrungen. Er engagiert sich für Umweltprogramm, ist aktiv für die Earth Charta-Bewegung, die von der UN-Kommission für Nachhaltige Entwicklung angestoßen wurde und grundlegende ethische Prinzipien für eine nachhaltige Entwicklung festschreibt. Vom Ziel, „eine bessere Welt zu schaffen“ ist auch in der Darstellung von „World of Walas“ die Rede. Dazu seien Visionen, Entschlossenheit und Zusammenarbeit nötig.
Versprochen wird „eine ehrliche Stadtentwicklung“, die den Bedürfnissen der Stadt und ihrer Bewohnerinnen und Bewohner diene. „Mit neuen Ideen für alte Gebäude und gesunder Geschäftspraxis schaffen wir Orte, an denen Menschen leben, arbeiten, produzieren und teilhaben wollen“. Auf Phoenix-West wolle man dazu „talentierte Unternehmer, Handwerker, Wissenschaftler und Künstler zusammenbringen, um neues urbanes Wirtschaften zu erschaffen“.
Gespräche mit Nachbarn und Politik
Viele Details des Projekts seien freilich noch offen, erklären die Vertretrer des Unternehmens. Dazu wolle man erst mit den Nachbarn und natürlich der örtlichen Politik reden. Man könne nichts allein machen, suche die enge Zusammenarbeit mit allen Akteuren vor Ort, heißt es. Und man verspricht, sich langfristig zu engagieren. „First in, last out“, erklärt van Straten – die Ersten, die kommen, die Letzten, die Gehen.
Noch im September will „World of Walas“ ein Büro in Dortmund eröffnen, mit möglichst vielen heimischen Mitarbeitern. Bislang ist man in Deutschland seit gut einem Jahr mit einem Büro in Hamburg vertreten. Aber auch die Heimat Niederlande ist ja nicht weit. Dort gibt es bereits Projekte, die Vorbild seien können für Phoenix-West. In Heerlen wurde ein leerstehendes Gebäude in einen Komplex für Kunst, Kultur, Unternehmensgründer und Sozialunternehmen verwandelt. Ähnlich wurde eine frühere Textil-Spinnerei in Enschede entwickelt.
Das Phoenix-West-Gelände mit dem Schalthaus 101 (unten Mitte) und der Hochofenanlage (Bildmitte) aus der Luft. Diese Bereiche sollen nun von Walas entwickelt werden. © Blossey
Den Kauf der gut 56.200 Quadratmeter großen Flächen mit Hochofen-Anlage und Schalthaus auf Phoenix-West will Walas bis Ende des Jahres perfekt machen. In gut zwei Jahren soll die Planung dann vorangetrieben werden. 2020 könnte die blaue Zukunft unter den Hochöfen also anbrechen. Vorausgesetzt, die Pläne finden den Segen der Politik. Konkurrenz zu anderen Projekte in der Stadt, etwa an der Speicherstraße im Hafen, sieht Thomas Westphal nicht. Im Gegenteil. Das Engagement von Walas wecke das Interesse weiterer Investoren für Dortmund, ist der Wirtschaftsförderer überzeugt: „Wir werden mit der Realisierung dieses Projekts eine internationale Adresse.“