Wer macht das Rennen? Nach der Wahlempfehlung der Grünen zugunsten von CDU-Kandidat Andreas Hollstein schätzt ein Politik-Professor die neue Ausgangslage vor der Stichwahl ein. © Oliver Schaper

Oberbürgermeister-Stichwahl in Dortmund

So schätzt ein Politik-Professor die Lage vor der Stichwahl ein

Seit 74 Jahren stellt die SPD den OB in Dortmund. Kann diese Ära mit der Wahlempfehlung der Grünen für CDU-Kandidat Andreas Hollstein enden? Hier die Einschätzung eines Politik-Professors.

Dortmund

, 25.09.2020 / Lesedauer: 3 min

Wer wird Nachfolger von Ullrich Sierau (SPD)? Das Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters in Dortmund biegt auf die Zielgerade ein. Am Sonntag (27.9.) steht die Stichwahl zwischen Thomas Westphal (SPD) und Dr. Andreas Hollstein (CDU) an.

Was bedeutet im Endspurt nun die Wahlempfehlung der Grünen zugunsten des CDU-Kandidaten Andreas Hollstein? Kann diese Wahlempfehlung der Parteimitglieder der Grünen den Anfang vom Ende einer Ära markieren, in der die SPD seit 74 Jahren den Dortmunder Oberbürgermeister stellt?

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So begründen die Grünen ihren Wahlaufruf für Andreas Hollstein

Dazu haben wir den Politikwissenschaftler Professor Dr. Norbert Kersting von der Universität Münster befragt. Als Experte für Kommunalpolitik äußert er sich zu drei Fragen-Komplexen wie folgt:

Kann Grün mit der CDU funktionieren? Ist die CDU in Dortmund/im Ruhrgebiet grün genug für die Grünen?

„Eine jüngste Umfrage unter Ratsmitgliedern in ganz Nordrhein-Westfalen hat gezeigt, dass die Themen Umwelt und Verkehr aktuell die zentralen kommunalen Themen sind“, sagt Prof. Kersting. Diese Themen müssen also nicht nur die Grünen, sondern alle Parteien auf der Agenda haben.

Prof. Dr. Norbert Kersting vom Institut für Politikwissenschaften der Uni Münster glaubt: „„Ein Abstand von zehn Prozent, wie ihn SPD-Kandidat Westphal gegenüber dem CDU-Kandidaten Hollstein hatte, löst sich schnell auf“ © Günter Benning

„Zwar ist die CDU bei grünen Themen - wie etwa der autofreien oder autoarmen Innenstadt - gespalten, die SPD ist das allerdings auch“, so Prof. Kersting. Die politischen Lager aus sozialdemokratisch-links hier und christlich-konservativ dort hätten sich schon lange aufgelöst. Dies zeige auch diese Wahlempfehlung der Grünen in Dortmund. „Und es gibt schwarz-grüne Beispiele in NRW: etwa in Wuppertal, wo Grüne und CDU einen gemeinsamen Kandidaten haben, oder in Köln, wo CDU und Grüne die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker unterstützen.“

Welche Erfahrungen gibt es mit Wahlempfehlungen vor so einer Stichwahl? Hat das wirklich Einfluss auf die Wahl-Entscheidung der Grünen-Wähler?

„Vor einigen Jahren noch war so eine Wahlempfehlung über das eigene Lager hinaus bei Sozialdemokraten, Grünen und Linken verpönt. Sie ist auch immer noch etwas Besonderes und zeigt an, dass man seitens der Grünen einen Schnitt haben will“, sagt Prof. Kersting. Der Politikwissenschaftler fragt sich allerdings, warum man das nicht früher deutlich gemacht hat. „Jetzt haben viele Wähler schon gewählt.“

Der Einfluss einer Wahlempfehlung auf Wähler ist laut Prof. Kersting nur schwer einzuschätzen: „Manche werden die Empfehlung übernehmen, andere werden auch gar nicht zur Wahl gehen.“

Macht so eine Wahlempfehlung auch etwas mit der Mobilisierung der Wähler?

Generell, so Prof. Kersting, ist davon auszugehen, dass die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl um etwa 10 Prozent gegenüber der ersten Wahl am Kommunalwahl-Sonntag sinkt.

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„Umso wichtiger wird für die beiden Kandidaten die Mobilisierung ihrer Wähler“, so Prof. Kersting. Traditionell würden das die SPD mit ihrer Bindung an das Arbeiter- und Gewerkschafts-Milieu und die CDU mit ihrer Bindung an das katholische Milieu ganz gut schaffen. „Inzwischen können aber auch die Grünen ganz gut mobilisieren und können dabei auf die Fridays-for-Future-Bewegung zählen.“

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Schlussendlich änderten eine wahrscheinlich deutlich geringere Wahlbeteiligung, die Wahlempfehlung der Grünen und die Tatsache, dass die rund 46.000 für die grüne OB-Kandidatin Daniela Schneckenburger und die zigtausend für die anderen Kandidaten abgegebenen Stimmen neu zu verteilen sind, die Ausgangslage deutlich. „Ein Abstand von zehn Prozent, wie ihn SPD-Kandidat Westphal gegenüber dem CDU-Kandidaten Hollstein hatte, löst sich schnell auf“, meint Prof. Kersting.

Westphal erhielt am 13. September 36 Prozent der Stimmen, Hollstein 26 Prozent, Daniela Schneckenburger 22 Prozent, die weiteren Kandidaten 16 Prozent.

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