Ein eigenes Horrorhaus fürs Regalbrett kann sich mit den Bastelvorlagen vom Dortmunder Kollektiv „Unterdruck“ jeder selbst basteln.

© Stephan Schütze

Ein „Horrorhaus“ zum Selbstbasteln - Dortmunds kuriosestes DIY-Projekt

rnHochhaus an der Kielstraße

Das Dortmunder Druckkollektiv „Unterdruck“ verkauft das Horrorhaus: aus Papier, im Miniaturformat und zum Selbstbasteln. Das steckt hinter der ungewöhnlichen Idee.

Dortmund

, 22.05.2020, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Sie werden wohl die letzten Zeugen seiner Existenz sein, wenn das Dortmunder „Horrorhaus“ im nächsten Jahr abgerissen wird: Kleine, dreidimensionale Modelle des leerstehenden Hochhauses aus Papier, die sich jeder in ein paar Minuten selbst basteln kann.

Möglich macht’s eine Idee des Druckkollektivs „Unterdruck“ aus der Nordstadt - das hat vor rund einem Jahr die Bastelvorlage mit dem Titel „Horrorhaus (1969 - ?)“ herausgebracht. Mit Kleber und Schere wird aus dem Bastelbogen in kurzer Zeit ein originalgetreues, wenn auch nur 15 Zentimeter hohes Modell des Leerstands an der Kielstraße.

Ein fertiges 3D-Modell des Horrorhauses ist rund 15 Zentimeter hoch, es wird aus vier Einzelteilen zusammengeklebt.

Ein fertiges 3D-Modell des Horrorhauses ist rund 15 Zentimeter hoch, es wird aus vier Einzelteilen zusammengeklebt. © Marie Ahlers

„Das Horrorhaus ist eine Art Ikone im Stadtteil“, sagt Flo, einer der Köpfe hinter dem Druckkollektiv. Mit seiner markanten Architektur falle es sofort ins Auge. „Außerdem ist es auch eine Art Outdoor-Galerie“, sagt Flo weiter. Jeder, der in der Graffiti-Szene etwas auf sich hält, hat schon das Horrorhaus besprüht.

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Das führt dazu, dass der Plattenbau in einem Monat nie aussieht wie in dem anderen - so oft ändert sich seine Fassade.

Das Horrorhaus ist ein Symbol für Vieles

Gleichzeitig, fügt Frank, ebenfalls Teil des Druckkollektivs, hinzu, sei das Haus auch ein Sinnbild für Immobilienpolitik. Das Horrorhaus hat noch einen Zwillingsturm, der mit der Dogewo in kommunaler Hand ist - und im Vergleich zum Horrorhaus wie auf Hochglanz poliert wirkt. „An den Häusern sieht man, wie unterschiedlich die Bewirtschaftung von Immobilien laufen kann“, sagt Frank.

Das „Unterdruck“-Kollektiv sieht sich selbst an der Schnittstelle zwischen Kunst und Politik. Vor zwei Jahren gegründet, haben sich in der Gruppe Layout- und Design-Begeisterte aus dem Umfeld der Ladeninitiative „Nordpol“ an der Münsterstraße zusammengefunden.

Alte Behördengeräte werden unter Künstlern gehypt

Der Kern ihrer Arbeit: Ein alter Risograph, ein Drucker, wie ihn früher Behörden oder Schulen nutzten, um beispielsweise Formblätter zu drucken. Um den ist in den vergangenen Jahren ein kleiner Hype in der Kunst- und Designszene entstanden. „Die Behörden schmeißen die Geräte raus und die Künstler nutzen sie neu“, erzählt Frank.

In ihrem eigenen Druckkeller stellen die Mitglieder von „Unterdruck“ eigene Plakate, Poster und Flyer im Siebdruckverfahren her.

In ihrem eigenen Druckkeller stellen die Mitglieder von „Unterdruck“ eigene Plakate, Poster und Flyer im Siebdruckverfahren her. © Marie Ahlers

Im Siebdruckverfahren ermöglicht der Risograph, Flyer und Plakate für wenig Geld und in großer Zahl zu drucken. Das Kollektiv, in dem sich rund zehn Personen in ihrer Freizeit lose zusammengefunden haben, bringt eigene Plakate und Poster raus, stellt aber auch anderen Gruppen und Aktiven im Stadtteil seine Technik und sein Wissen zur Verfügung.

Das Horrorhaus aus Papier hat es so nie gegeben

Vor rund einem Jahr ist während dieser Arbeit der Siebdruck vom Horrorhaus entstanden. Balkon für Balkon haben die Künstler das Hochhaus nachgezeichnet, auf Basis von Bildern, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen wurden. So ist auf dem Bastelbogen eine Kombination von Graffiti zu sehen, die in der Realität nie zum gleichen Zeitpunkt an der Hausfassade existierte.

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Das Ergebnis war zunächst ein Poster, inspiriert von einem polnischen Druckkollektiv wurde daraus später eine Bastelvorlage. Und erst, als Frank, Flo und ihre Mitstreiter begannen, die Bögen gegen Spenden zu verkaufen, sei ihnen klar geworden, welche Bedeutung das Horrorhaus für die Bewohner der Nordstadt hat. Mittlerweile gehört der Bastelbogen zu ihren beliebtesten Drucken. Das Original wird es aber nicht mehr lange geben: Es soll 2021 abgerissen werden.

Der Riso-Druck vom Horrorhaus ist als Poster, Bild im A5-Format oder als 3D-Bastelbogen beim Kollektiv „Unterdruck“ erhältlich, die Drucke kosten zwischen 4 und 12 Euro. Kontakt per E-Mail an unterdruck@zeromail.org.