Die Hochzeit der Eichenprozessionsspinner kommt erst noch - in doppeldeutiger Art und Weise. Dieses Bild stammt aus dem Mai. © Wilco Ruhland

Raupen-Plage

Eichenprozessionsspinner: Warum die nächsten Wochen entscheidend sind

Eichenprozessionsspinner – die Brennhaar-Raupen sorgen seit Wochen für Parksperrungen. Bei Google steigt die Zahl der Suchanfragen im August. Steht Dortmund die wahre Plage erst noch bevor?

Dortmund

, 18.07.2019 / Lesedauer: 4 min

Eichenprozessionsspinner - die Brennhaar-Raupe hat Dortmund in diesem Jahr schon tausende Bäume befallen. Etliche Grünanlagen mussten zeitweise geschlossen werden, sogar Unterrichtsausfälle gab es. Momentan ist alles wieder ruhig. Aber das muss nicht unbedingt so bleiben.

Das Wort erlebt seine Hoch-Zeit auf Google erfahrungsgemäß im August – dann suchen in Deutschland die Menschen am häufigsten nach dem Begriff. Ein Hinweis darauf, dass uns in Dortmund die wahre Plage erst noch bevorsteht?

Steht das Schlimmste beim Eichenprozessionsspinner erst noch bevor?

Dr. Mathias Niesar, Leiter der Abteilung Waldschutzmanagement des Landesbetriebes Wald und Holz NRW, bestätigt: Die Hoch-Zeit des Eichenprozessionsspinners kommt erst noch. Und das in doppeldeutiger Weise: „Zu Ende Juli / August verpuppen sich die Tiere“, sagt Niesar. „Im August findet dann der Hochzeitsflug der Falter statt“, erklärt er. Von den Faltern und Puppen an sich gehe keine Gefahr aus. „Aber von den Häutungsresten“ – also den zurückbleibenden Hüllen der Raupen. Dazu gehören die giftigen Haare. Diese Brennhaare können die Haut- und Atemwegsreizungen, bis hin zu allergischen Reaktionen, auslösen. In Dortmund wiederum wurden nicht alle Raupen bei den zahlreichen Einsätzen getötet: „Nach Rücksprache mit den eigenen Kolonnen ist davon auszugehen, dass ungefähr die Hälfte des Bestandes diesen Zustand erreicht haben könnte“, erklärt Stadtsprecher Christian Schön auf Anfrage. Jede Menge Raupen also, die bald als Falter schlüpfen könnten – und Nachkommen produzieren.

Wie stark ist Dortmund zurzeit befallen?

Die Stadt ist unablässig im Einsatz. Zurzeit arbeiten drei Fremdunternehmen und drei stadteigene Kolonnen an der Raupen-Beseitigung, wie Christian Schön mitteilt. Von 2045 befallenen Bäumen auf öffentlichem Grund hat die Stadt bislang 1637 Bäume befreit, gibt Schön an.

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Besonders stark getroffen hat es den Dortmunder Norden. Hier hätten die giftigen Raupen, laut Statistiken der Stadt, 748 Bäume befallen. An 702 Bäumen sind die Schädlingsbekämpfer schon aktiv geworden. Insgesamt seien derzeit noch „etwa 408 Bäume“ befallen, erklärt der Stadtsprecher.

„In zwei bis drei Wochen sollte die Bekämpfung im Wesentlichen abgeschlossen sein.“ Christian Schön, Pressesprecher Stadt Dortmund
„In zwei bis drei Wochen sollte die Bekämpfung im Wesentlichen abgeschlossen sein“, erklärt Christian Schön am Dienstag, 16. Juli, gegenüber dieser Redaktion. Aktuell gesperrt sind weiterhin Teile des Fredenbaumparks und Randbereiche am Mengeder Volksgarten. „Ebenso gibt es einzelne Feldwege oder Grünbereiche in der Stadt. Weiterhin befallen sind natürlich viele Bäume in den Wäldern. Aber die können ja nicht wirklich abgesperrt werden. Dort gilt weiterhin die allgemeine Warnung an die Bürger“, erklärt Schön.

Wie lange bleibt die Gefahr noch bestehen?

Die Eichenprozessionsspinner-Larven seien wie die kleine Raupe Nimmersatt, fressen und fressen, bis sie sich verpuppen können, zieht Mathias Niesar einen Vergleich zu einem berühmten Kinderbuch.Die giftigen Haare können bis zu zehn Jahren ihre Brenn-Wirkung behalten. „Im Regelfall sind das eher zwei bis drei Jahre. Aber bis zu zehn Jahre sind möglich“, sagt Niesar.

Auch wenn sich die Gefahr, die von den Raupen selbst ausgeht, derzeit abnimmt: Die Nester und die Brennhaare bleiben trotz der Hochzeitsvorbereitungen der Eichenprozessionsspinner. © dpa

Auch der Winter mit seinen kalten Temperaturen habe keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Eiweißes, das für die deutlichen Reaktionen bei Mensch und Tier verantwortlich ist. Da hätte eher Wärme eine Auswirkung. Bei Temperaturen ab 50 Grad Celsius würden die Eiweiße denaturieren, also die Wirkung verlieren, erklärt Mathias Niesar.Deshalb gäbe es in Apotheken Mittel zur Hitzebehandlung für Insektenstiche – oder eben Brennhaare. Die betroffene Stelle würde dann zum Beispiel mit einem Hitzestift behandelt. „Dann hat man vielleicht eine kleine Brandwunde, aber das ist besser als die Alternative“, meint Niesar.

Warum gibt es ausgerechnet in diesem Jahr so viele Raupen?

Die Raupen gibt es schon länger. Dennoch war es seit 2004 eher ruhig um den Eichenprozessionsspinner. Bis zum vergangenen Jahr – und nochmal mehr Fälle in diesem.

Dr. Mathias Niesar © dpa

„Das ist wie bei uns Menschen. Auch wir wollen unsere Hochzeit am liebsten bei schönem Wetter feiern.“ Dr. Mathias Niesar, Wald und Holz NRW
„Im August 2018 war es für die Tiere wunderbar warm“, erklärt Mathias Niesar. „Das ist wie bei uns Menschen. Auch wir wollen unsere Hochzeit am liebsten bei schönem Wetter feiern“, bemüht er eine Metapher. „Die Falter leben nur ein paar Tage“, sagt er. Bei einem verregneten August gäbe es weniger Falter und vor allem weniger Eier. Es sei also stark abhängig vom Augustwetter, wie stark die Eichenprozessionsspinner-Dichte im darauffolgenden Jahr ist.Wie es 2020 wird, hängt also vom Wetter der kommenden Wochen ab. Vorausgesetzt, der August würde wieder ähnlich gute Hochzeitsbedingungen für die fiesen Insekten bringen. Wann hat das Ganze ein Ende?

„Die Populationen nehmen so lange zu, bis die Dichten so hoch sind, dass es für die Raupen nichts mehr zu fressen gibt“, sagt Niesar. „Doch das wird nie passieren, weil wir das nicht zulassen“, sagt er auch. Damit meint er Maßnahmen gegen die Raupen, wie das Absaugen oder das versprühen von Bioziden. Also sollte man solche Maßnahmen stoppen? „Nein“, sagt er. Denn dann würden die Eichen sterben. „Darauf sollte man nicht warten.“ Überhaupt: in NRW seien die Eichenprozessionsspinner derzeit „nur“ ein „humantoxikologisches Problem“, sagt Niesar. Sprich: Sie sind nur da ein Problem, wo Menschen und Tiere mit den Brennhaaren in Kontakt kommen können. In Bayern und Sachsen-Anhalt hingegen seien sie auch schon zum ökologischen Problem geworden. Die Eichen dort würden aufgrund der hohen Raupendichte schon teilweise absterben. „Wenn in einem Jahr alle Blätter einer Eiche immer wieder abgefressen werden, dann stirbt diese Eiche noch im selben Jahr“, meint er. In NRW seien die Raupendichten dafür glücklicherweise jedoch noch zu gering.

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