Dirk Andrä würde diesem Kunden am liebsten einen Einkaufskorb geben. Denn in seinen Händen türmen sich schon die Konsolengames. Doch dann hat er diese so gerade eben noch zur Kasse jongliert. Der Gamer ist bei Weitem nicht der Einzige, der bei „andrä“, einem Second-Hand-Geschäft in der Dortmunder City, nach Filmen, CDs oder LPs stöbert.
Offensichtlich rentiert es sich auch in digitalen Zeiten, analoge Bild- und Tonträger im stationären Einzelhandel anzubieten. Dafür spricht auch, dass Inhaber Dirk Andrä kürzlich eine 1.250 Quadratmeter große Lagerhalle in Dortmund-Wambel anmietete, wo DVDs, CDs oder Games gelagert werden.
„Unser bisheriges Lager platzte aus allen Nähten“, verrät Andrä. „Denn wir kaufen bundesweit Sammlungen ein und viele Kunden bringen ihre Medien vorbei.“ Allein auf den knapp 2000 Quadratmetern in Dortmund finden sich 25.000 CDs, 12.000 DVDs, 8000 LPs und 2000 Games. Hinzukommen weitere Filialen, die sich in Münster, Duisburg, Essen und Köln befinden.
First-Hand-Bedingungen
Alle Läden sind zentral, bestens sortiert und liebevoll eingerichtet. „Es ist bundesweit einmalig, was wir hier machen“, meint Andrä. „Denn es ist zwar alles Second-Hand, aber das Konzept besteht trotzdem aus First-Hand-Bedingungen.“ Denn die aufgekauften Medien werden penibel auf Flecken, Kratzer und andere Mängel überprüft und bereinigt.
„Alle Mitarbeiter achten peinlichst genau darauf, dass alles passt“, berichtet Andrä. „Damit haben wir uns einen Ruf erarbeitet: Unsere Stammkunden wissen, dass die Qualität top ist.“ Doch warum lockt es viele Konsumenten trotz Streaming-Plattformen wie Netflix, Amazon oder Spotify weiterhin in ein Geschäft, um dort Platten oder Filme zu kaufen?
„Die Frage stelle ich mir manchmal auch“, gesteht Andrä. Und holt dann aus: „Es sind viele Sammler, die zu uns kommen.“ Hinzukomme die Haptik: „Das Cover oder die Hülle in der Hand zu halten, spielte eine große Rolle.“
Größere Auswahl
Schließlich fänden die Kunden in seinem Geschäft eine deutlich größere Auswahl, als wenn sie durch Streamingseiten scrollten, so Andrä: „Vieles finden Sie da gar nicht, die Auswahl ist bei uns viel größer als bei Streaming-Abos.“ Seine Vermutung: Viele abonnieren zwar Netflix und Co. Aber sobald sie gewisse Titel nicht fänden, kämen sie in sein Geschäft.
Der Kleinunternehmer startete bereits 1987 mit einem CD-Verleih. Später erfolgte der Wechsel zum An- und Verkauft von verschiedenen Medien. Und auch der Laden in Dortmund kann sich bereits seit Jahren behaupten, obwohl drumherum Warenhausgiganten wie Karstadt kriseln. „Der schon lange totgesagte, stationäre Handel hat für mich eine Daseinsberechtigung“, sagt Andrä. „Shopping ist Teil der Kultur und macht Spaß. Viele lassen sich hier vom Angebot inspirieren.“
„Und es ist günstiger.“
So findet sich im Kellergeschoss ein Plattenspieler. Damit können Kunden die LPs über einen Kopfhörer Probe hören. Und das machten eben nicht nur Ältere. „Jeder Trend erzeugt einen Gegentrend. „Mit dem Streaming kam etwa die Nachfrage nach Vinyl“, philosophiert Andrä. „Ich freue mich immer, wenn jüngere Kunden Filme oder CDs kaufen und nicht nur streamen.“
Einer davon ist Florian, ein 26-jähriger Kunde, der an diesem Mittwochnachmittag durch das Sortiment stöbert. Dabei abonniere er die üblichen Stream-Angebote, wie er verrät: „Grundsätzlich kaufe ich nicht alles als Hard-Disc. Nur Sachen, die mir am Herzen liegen, habe ich gerne im Regal stehen.“ Das gelte bei ihm für DVD, LPs und Games.
„Aber als Sammlerleidenschaft würde ich es nicht nennen, es geht eher um besondere Sachen“, ergänzt Florian, der auch einen pragmatischen Grund für seinen andrä-Besuch erwähnt: „Und es ist günstiger.“



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