Busfahrer lässt Dortmunder Rollstuhlfahrer stehen „Ich war noch nie so verletzt und wütend“

Busfahrer lässt Rollstuhlfahrer stehen – DSW21 entschuldigt sich
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Karl-Heinz Quednau ist seit sechs Jahren auf den Rollstuhl angewiesen. Fast genauso lange nutzt der 67-jährige Dortmunder den öffentlichen Personennahverkehr. Schon häufiger, sagt er, habe er schlechte Erfahrungen mit Busfahrerinnen und Busfahrern der DSW21 gemacht.

Doch was ihm am Freitag (3.2.) passiert sei, setze allen bisherigen Negativ-Erlebnissen die Krone auf. „Ich war noch nie so verletzt und wütend“, sagt der ehemalige Reisebus-Fahrer aus Dortmund-Bövinghausen.

Was genau ist passiert? Wie schon so oft in der Vergangenheit wollte Karl-Heinz Quednau mit der Linie 462 zu seinem Arzt nach Kirchlinde fahren. Pünktlich um 9.35 Uhr hielt der Bus der DSW21 an der Haltestelle „Bövinghauser Dorfstraße“, die an der Provinzialstraße in Lütgendortmund liegt.

„Der Busfahrer ist ausgestiegen, doch statt die Rampe auszuklappen, wollte er von mir eine Genehmigung oder Marke sehen“, erzählt Karl-Heinz Quednau. Er habe im ersten Moment gedacht, man wolle ihn verschaukeln.

Arzt-Termin verpasst

„Ich habe gesagt, dass ich keine Genehmigung brauche, sondern einen Anspruch darauf habe, transportiert zu werden“, so der 67-Jährige. Doch der Fahrer habe nur gelacht, sich abgewandt und ihn stehen lassen. „Keiner der Fahrgäste ist mir zur Seite gesprungen“, sagt Karl-Heinz Quednau.

Seinen Arzt habe er an diesem Tag nicht mehr gesehen. „Den Termin musste ich absagen, das hatte sich erledigt.“ Unverrichteter Dinge sei er mit seinem Elektro-Rollstuhl wieder nach Hause gefahren. „Ich habe mich einfach nur scheiße gefühlt.“

Rollstuhlfahrer Karl-Heinz Quednau an der Bushaltestelle Bövinghauser Dorfstraße in Lütgendortmund
Karl-Heinz Quednau ist fassungslos, weil der Busfahrer ihn nach seinen Angaben ausgelacht haben soll. © Beate Dönnewald

Anschließend habe er sich telefonisch bei der DSW21 beschwert. „Gegen Mittag hat man mich zurückgerufen und sich bei mir entschuldigt“, erzählt der Bövinghauser.

Dem 67-Jährigen reicht das nicht. „Dass man als Behinderter so abgebrüht behandelt wird, geht einfach nicht. Wenn ich mich früher so verhalten hätte, hätte mich mein Chef zum Teufel geschert.“

Britta Heydenbluth, Pressesprecherin der DSW21, bestätigt auf Anfrage den Vorfall: „Herr Quednau hat sich am Vormittag des 3. Februar über das Callcenter bei uns gemeldet.“ Nach einer schnellen ersten Recherche habe die Kundenresonanz noch am selben Tag zurückgerufen und sich bei ihm entschuldigt. „Eine interne Weiterverfolgung haben wir ihm zugesagt. Diese läuft noch.“

Folgenschweres Missverständnis

Nach Erkenntnissen der DSW21 sei es zu einem folgenschweren Missverständnis gekommen: „Der Fahrer hat den Elektrorollstuhl des Kunden irrtümlich für einen so genannten E-Scooter gehalten, den wir nur dann mitnehmen, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt, was u.a. durch eine entsprechende Plakette belegt sein muss“, so Britta Heydenbluth. Auch wenn einige E-Rollstühle optisch E-Scootern ähneln mögen, dürfte das nicht passieren, betont sie. „Für diesen Irrtum und die damit verbundene Situation haben wir uns aufrichtig beim Fahrgast entschuldigt.“

Der Fahrer werde über seinen Teamleiter noch einmal auf die Unterschiede von E-Rollstühlen und E-Scootern aufmerksam gemacht. „Sollte sich der Vorfall darüber hinaus so zugetragen haben, wie vom Kunden geschildert, werden wir den Fahrer selbstverständlich noch einmal deutlich auf das richtige Verhalten hinweisen“, schreibt Britta Heydenbluth. Der Fahrer befinde sich zurzeit im Urlaub, so dass man erst nach seiner Rückkehr ein Gespräch mit ihm führen und seine Sicht der Dinge erfragen könne. „Dies abzuwarten, gebietet die Fairness.“

Rollstuhlfahrer Karl-Heinz Quednau an der Bushaltestelle Bövinghauser Dorfstraße in Lütgendortmund
Weil der Busfahrer ihn nicht mitgenommen hat, konnte Karl-Heinz Quednau seinen Arzttermin nicht wahrnehmen. © Beate Dönnewald

Der Umgang mit mobilitätseingeschränkten Fahrgästen und die Sensibilisierung für ihre Bedürfnisse, besonders auch bei Rollstuhlfahrenden, sei Teil der Ausbildung im Fahrdienst, erklärt Britta Heydenbluth. „Das geht über die bloße Handhabung der Absenkvorrichtung und der Klapprampe, die alle unsere Busse haben, hinaus.“

Um Verständnis für das Personal müsse man in diesem Zusammenhang aber auch werben: „Unsere Fahrerinnen und Fahrer stehen im täglichen Einsatz im Stadtverkehr oft unter Zeitdruck und müssen vor Ort innerhalb kürzester Zeit Entscheidungen treffen, etwa, ob sie noch jemanden mitnehmen können.“

DSW21-Fahrer unter Zeitdruck

Die Bushaltestelle Bövinghauser Dorfstraße in Lütgendortmund
An dieser Bushaltestelle kam es zu dem folgenschweren Missverständnis zwischen Rollstuhlfahrer und Busfahrer. © Beate Dönnewald

Ein Fahrgast mit einem E-Rollstuhl werde in der Regel befördert wie jeder andere Fahrgast auch, so Britta Heydenbluth. „Ausnahmen sind nur, wenn ein sicherer Einstieg nicht möglich ist (Örtlichkeiten lassen ein sicheres Anlegen der Rampe nicht zu oder der Rollstuhl überschreitet deutlich das für die Rampe erlaubte Gewicht von 350 kg, was selten vorkommt) oder wenn die Mehrzweckfläche bereits belegt ist“, schreibt die DSW21-Sprecherin.

Der sichere und angemessene Umgang mit mobilitätseingeschränkten Fahrgästen sei für die DSW21 ein wichtiges Thema. „Wir arbeiten seit vielen Jahren eng und vertrauensvoll mit dem behindertenpolitischen Netzwerk der Stadt Dortmund (BPN) und anderen Verbänden zusammen, um die Belange behinderter und mobilitätseingeschränkter Menschen im ÖPNV bestmöglich zu berücksichtigen“, so Britta Heydenbluth. Darüber hinaus biete man zahlreiche Hilfen für Fahrgäste, Schulungen für Rollstuhlfahrende, Senioren und vieles mehr rund um das Thema an – nachzulesen unter www.bus-und-bahn.de/service/barrierefreiheit.

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