Heike Heim, Vorstandschefin des Stadt-Konzerns DSW21, sprach von einem „Befreiungsschlag“. Der Verkauf der Anteile am Energieversorger Steag an den spanischen Investor Asterion, 2023 sattelfest gemacht, sei zum „besten Zeitpunkt erfolgt, den wir hätten wählen können“, sagte Heim bei der Präsentation der DSW21-Geschäftszahlen für 2023, die am Dienstag (16.4.) dem Aufsichtsrat vorgestellt wurden.

Ein kleines Augenzwinkern mag bei der Aussage dabei gewesen sein: Letztlich war es die Energiekrise, die Steags Steinkohlekraftwerke und das zuvor kriselnde Unternehmen insgesamt wieder wertvoll gemacht hatte. Und so darf sich DSW21 nun auf Erlöse in einer Größenordnung von 600 bis 700 Millionen Euro freuen. Dabei hat der Verkaufsprozess den Akteuren insgesamt viel abverlangt. DSW21-Finanzvorstand Jörg Jacoby sprach denn auch von einem „sehr herausfordernden Jahr 2023“.
Die Botschaft, die Heim und Jacoby vermitteln, ist eindeutig: Ja, die vielen Millionen helfen, die kommenden Aufgaben der DSW21-Gruppe zu meistern. Reichen werden sie aber bei Weitem nicht. Nicht nur, weil 500 Millionen Euro in den Jahren 2024 bis 2027 (zunächst) dafür herhalten müssen, den Stadt-Haushalt zu stützen. Sie gehen zwar zu DSW21 zurück.
Steag-Erlöse reichen nicht
Dennoch: Zu voluminös sind die Ausgaben, die beispielsweise die Energietochter DEW21 mit dem Ausbau der Fernwärme und der Ertüchtigung der Stromnetze vor der Brust hat. Allein dafür stehen Beträge weit jenseits von einer Milliarde Euro im Raum. Bedingt durch den klimaneutralen Umbau ihres Bestandes, kommen auch auf die Wohnungstochter Dogewo21 Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe zu. Und DSW21? Schiebt die Verkehrswende an.
Allein die 34 neu bestellten Stadtbahnwagen, von denen der erste am Montag (22.4) aufs Schienennetz soll, schlagen bis 2030 mit rund 250 Millionen zu Buche – inklusive Umbau der 64 älteren B-Wagen. Die 30 E-Busse, die DSW21 angeschafft hat, fahren bereits. Auch für die und für die nötige Ladeinfrastruktur hat DSW21 rund 40 Millionen Euro investiert. Und da ein Stromer ungefähr doppelt so teuer ist wie ein herkömmlicher Bus, kann es Jacoby wenig freuen, „dass es für Fahrzeuge keinen Cent Förderung mehr gibt.“ Auch die anstehenden Modernisierungen der beiden Betriebshöfe in Brünninghausen und Dorstfeld (plus Neubau in Castrop-Rauxel) sind nicht für ein paar Euro zu haben.
Selbst das Deutschland-Ticket sehen die DSW21-Vorstände mit gemischten Gefühlen. Zwar hatten Ende März 2024 insgesamt rund 120.000 Fahrgäste das 49 Euro-Ticket geordert. Was DSW21 seit Mai 2023 immerhin rund 45.000 neue Kunden zugeführt hat, die zuvor gar kein Abo besaßen. Um die Einnahmeausfälle aus dem Billig-Ticket auszugleichen, haben Bund und Land 24,7 Mio. Euro zu DSW21 geschickt. Die Frage ist nur: Bleibt das so? Weshalb Verkehrsvorstand Ulrich Jaeger nahezu unermüdlich daran erinnert, „dass die Finanzierung des Deutschland-Tickets über 2024 hinaus nicht gesichert ist.“
Betriebskosten laufen davon
Bedingt durch rund 130 neue Fahrer sowie steigende Personal-, Material- und Stromkosten, ist das Ergebnis im Verkehrsbereich auf eine neue Rekordmarke von minus 81,3 Millionen Euro gestiegen. Zum Vergleich: Im Vor-Coronajahr 2019 waren es noch 51,3 Millionen Euro, 2022 schon 71,5 Millionen Euro. DSW21 hat Sorge, dass die Betriebskosten davonlaufen – und will in Gesprächsrunden mit seinem Gesellschafter Stadt Dortmund nach Lösungen suchen.
Demgegenüber stehen die Erlöse aus den Energietöchtern von DSW21. Der Löwenanteil fließt aus dem Steag-Verkauf. Es ist quasi ein Sondereffekt; eine einmalige Einnahme, wenn man so will. Die eigentlichen Energietöchter liefern zwar ungleich weniger ab – dafür liefern sie aber dauerhaft von Jahr zu Jahr. Von DEW21 allerdings kommt diesmal weniger – rund 30 Millionen Euro schickt das Energieunternehmen an die „Mutter „DSW21“. 2022 waren es 37 Millionen Euro. Grund: Die teils exorbitant hohen Einkaufspreise während der Energiekrise haben auch 2023 noch Wirkung gezeigt.
Die Beteiligung an Gelsenwasser dagegen bleibt eine feste Bank: 33,6 Millionen Euro wandern aufs DSW21-Konto - etwas mehr als 2022 (mit 31,9 Mio. Euro). Vom RWE-Aktienpaket profitiert DSW21 mit 10,3 Millionen Euro; zuvor waren es 12 Millionen Euro. Die Kurve soll wieder nach oben gehen: 2022 schüttete RWE eine Dividende von 0,95 Euro/Aktie aus. Aus dem RWE-Geschäftsjahr 2023 sollen es 1,00 Euro/Aktie sein, und fürs Jahr 2024 1,10 Euro.
Am Airport sinkt das Defizit
Ein schwieriges Jahr liegt hinter der Telekommunikationstochter Dokom auf einem „überhitzten Breitbandmarkt“. Der Ausbau lief nicht wie gewünscht – unter anderem, weil der Generalunternehmer in die Knie ging und Insolvenz anmeldete. Mit 3,6 Millionen Euro liefert Dokom etwa die gleiche Marge an DSW21 wie im Vorjahr (3,7 Mio. Euro).
Lichtblick für den DSW21-Konzern: Der Flughafen hat sein Minus weiter verringert und belastet die DSW21-Bilanz immer weniger. 2023 konnte der Airport sein Defizit auf minus 3,6 Millionen Euro gegenüber 2022 (minus 8,5 Mio.) mehr als halbieren. Die berühmte „schwarze Null“ ist – Stand heute – keine Lichtjahre mehr entfernt.
Zunehmend Freude macht auch die Wohnungstochter Dogewo21: Sie hat ihr Ergebnis auf 10 Millionen Euro gesteigert, von denen ein erklecklicher Teil zur Stärkung des Eigenkapitals im Unternehmen bleibt. Auch in anderer Hinsicht bleibt Dogewo21 für DSW21 wertvoll: Durch die Umschichtung von Dogewo21-Anteilen in die „Dortmunder Stadtwerke Beteiligungsgesellschaft“ konnte DSW21 stille Reserven von insgesamt rund 300 Millionen Euro heben – und damit weiteres Geld für künftige Investitionen generieren. Unter dem Strich schreibt DSW21 ein Gesamtergebnis von 91,1 Millionen Euro (nach Steuern). 2022 waren es 252,4 Millionen Euro.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 16. April 2024.