Ein Gerücht sorgt für Unruhe in der Dortmunder Politik. Auch DSW21-Chef Guntram Pehlke spielt dabei eine Rolle. © Archiv

Kommunalpolitik

Droht dem Dortmunder Entsorger EDG der Einstieg eines Konkurrenten?

Ein Gerücht, das aktuell die Runde macht, sorgt für Unruhe in der Dortmunder Politik. Es geht um angebliche Pläne von DSW21-Chef Guntram Pehlke für die EDG – und einen möglichen Tabu-Bruch.

Dortmund

, 26.11.2020 / Lesedauer: 4 min

Offizielles gibt es nicht, doch in der Dortmunder Politik rumort es. Viele wissen nichts Genaues, haben aber schon davon gehört. Angeblich plant Guntram Pehlke, Vorstandsvorsitzender von DSW21, von der Stadt die Mehrheit bei der gemeinsamen Tochter EDG zu übernehmen – mit dem Ziel, durch die Hintertür das Lüner Unternehmen Remondis bei der EDG einzuschleusen.

Remondis gehört zur Rethmann-Gruppe, ist ein weltweit tätiger Entsorger und somit EDG-Konkurrent im Abfallgeschäft. Bekanntlich versucht das Unternehmen schon seit Jahren, bei den kommunalen Betrieben Dortmunds einzusteigen. Bislang ohne Erfolg, weil der Rat es abgelehnt hat, Remondis die Tür in den Stadtwerke-Konzern zu öffnen.

Aktuell hält die Stadt selbst 51 Prozent an der EDG, und die Stadtwerke sind mit 49 Prozent beteiligt. Pehlke, so heißt es, wolle weitere zwei Prozent übernehmen, um DSW21 zum Mehrheitsgesellschafter zu machen, der dann Remondis den Weg in die EDG ebnen könnte.

Gallisches Dorf im Ruhrgebiet

Doch es geht um mehr als den städtischen Entsorger. Die Politik sieht in dem kolportierten Vorstoß Pehlkes den Versuch, Remondis zum neuen Miteigentümer beim Essener Energieversorger Steag zu machen, der durch den Kohleausstieg schwer unter Druck geraten ist. Eigentümer der Steag ist die Kommunale Beteiligungsgesellschaft (KSBG), ein Konsortium, in dem sich neben DSW21 fünf weitere Stadtwerke von Ruhrgebietsstädten zusammengeschlossen haben. Diese fünf Stadtwerke haben erklärt, bei Steag aussteigen zu wollen.

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2010 war die Rethmann-Gruppe beim Bieten für Steag dem Konsortium unterlegen. Remondis könnte die Verbrennungskapazitäten der Steag-Kraftwerke für die Müllverbrennung nutzen. Doch schon damals war für Remondis auch der Anknüpfungspunkt für Kooperationen mit Stadtwerken ein Grund für den angestrebten Steag-Einstieg. Was das angeht, ist Dortmund für die Rethmänner ein gallisches Dorf im Ruhrgebiet.

Für die EDG könnte eine Beteiligung von Remondis zur existenziellen Frage werden. Doch dort hält man sich zu dem Gerücht bedeckt. „Wir können nichts bestätigen“, sagt Unternehmenssprecher Matthias Kienitz, „das ist die Sphäre der Gesellschafter.“

EDG-Aufsichtsratschef: „Das passt doch vorn und hinten nicht“

Norbert Schilff (SPD), Aufsichtsratsvorsitzender der EDG, spricht über das Gerücht. Er habe von solchen Plänen gehört, sagt er: „Ich kann mir das aber so nicht vorstellen. DSW21 wird garantiert nicht Mehrheitsgesellschafter werden. Warum sollte die Stadt das tun? Was hat die EDG davon, wenn wir den größten Konkurrenten mit darein holen? Das passt doch vorn und hinten nicht.“

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Riesenkrach um Stadtwerke-Chef Pehlke im Finanzausschuss

Ähnlich der Tenor von CDU-Fraktionschef Dr. Jendrik Suck: „Für unsere Fraktion kommt das nicht in Betracht. Dazu gibt es keinerlei Diskussionsbedarf.“ Auch die Grünen-Fraktionssprecherin Ingrid Reuter sagt: „Das könnte ich mir eher nicht vorstellen.“ Ebenso reagiert OB Thomas Westphal als neuer DSW21-Aufsichtsratschef: „Es gibt für mich keine Notwendigkeit und Überlegung, die Mehrheit bei EDG aufzugeben.“

Was den Rat zudem gegen die Pläne aufbringt, ist, dass die Fraktionen – wenn überhaupt – nur über den Flurfunk davon erfahren haben. Sie sehen darin eine erneute Eigenmächtigkeit des DSW-Chefs, der nach seiner Wiederwahl vermutlich das politische Vakuum kurz nach der Kommunalwahl mit neuen Akteuren nutzen wolle.

Pehlke: „Kein Zusammenhang zu Steag und Remondis“

Pehlke allerdings lässt auf Anfrage dieser Redaktion ausrichten: Im Sommer dieses Jahres habe es ein Gespräch zwischen dem damaligen Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau, dem Stadtkämmerer Jörg Stüdemann und den Vorständen bzw. Geschäftsführungen der städtischen Unternehmen gegeben.

„Dabei ging es inhaltlich u.a. darum, welche Maßnahmen die Unternehmen treffen könnten, um den durch die Corona-Pandemie zusätzlich stark belasteten städtischen Haushalt zu entlasten. In diesem Zusammenhang hat DSW21 angeboten, von der Stadt Dortmund zusätzliche Anteile an der EDG zu erwerben“, so Pehlke.

Der Stadtwerke-Chef betont: „Ein Zusammenhang zu Steag und Remondis besteht nicht. DSW21 verhandelt nicht mit Remondis. Wir beabsichtigen nicht, unseren 36-Prozent-Anteil an Steag, gehalten über die KSBG Kommunale Beteiligungsgesellschaft GmbH & Co. KG, zu veräußern. Gegenüber der Dortmunder Politik haben wir unmissverständlich erklärt, dass es einen Einstieg von Remondis in die kommunale Unternehmensgruppe 21 nicht geben wird.“

Ein Gekko 2.0

Doch Pehlkes Feststellung, die DSW21-Anteile am Verlustbringer Steag nicht verkaufen zu wollen, schwört den nächsten Konflikt mit dem Rat herauf. Schon in ihrer Projektvereinbarung zum Wahlaufruf für den CDU-Kandidaten Dr. Andreas Hollstein, hatten CDU und Grüne sich darauf verständigt, dass Dortmund sich mit DSW als kommunalen Hauptaktionär (36 Prozent) von seinen Steag-Anteilen trennt. Das wolle man jetzt im nächsten Finanzausschuss, so Suck, in einen Antrag an den Rat gießen – ein deutliches Signal an die DSW21-Zentrale in der Deggingstraße. Suck: „Wir hoffen, dass es dafür eine Mehrheit im Rat gibt.“

Zieht der Rat tatsächlich die Reißleine, müsste DSW21 möglicherweise 150 Millionen Euro in den Wind schreiben. Das wäre ein Gekko 2.0. Der Ausstieg der DSW-Tochter DEW als Teilhaber aus dem Pannen-Kraftwerk war 2016 ein Verlust von fast 100 Millionen Euro. Wobei noch zu klären wäre, ob im Fall von Steag nicht der städtische Haushalt für die Kreditverbindlichkeiten in der KSBG haften müsste.

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