Rolf-Arnd Marewski hat Glück. Der 65-Jährige wohnt nahe der Saarlandstraße in einem von mittlerweile zwölf Quartieren, die in Dortmund als Anwohnerparkzonen ausgewiesen sind. Im Gegensatz zu vielen seiner autofahrenden Nachbarn benötigt Marewski trotzdem keinen grünen Parkausweis: Er hat eine Garage. „Das ist auch gut so, sonst hätte ich ein Problem“, sagt Marewski. „Ich habe keine Lust, abends zigmal um den Block zu kurven, weil hier alles zugestellt ist.“
Das beobachtet er jeden Tag, mitunter wird auch seine Garage zugeparkt. Erst neulich habe er deswegen die Polizei rufen müssen, sagt er. „Die Anwohnerausweise ändern daran leider nichts, der Parkdruck ist eher noch größer geworden“, stellt Marewski ernüchtert fest.
Das Problem gibt es in nahezu allen Städten. Viele haben auch bereits reagiert – und die Gebühren für die Anwohnerausweise teils drastisch erhöht. 2020 hatte der Gesetzgeber die einheitlich auf 30,70 gedeckelte Jahresgebühr gekippt, seitdem können die Städte die Höhe der Gebühr nun selber festlegen. Wozu Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, die Kommunen bereits ausdrücklich ermuntert hat. „Städte können dann das Bewohnerparken auf mehr als 300 Euro im Jahr anheben. Das ist überfällig“, so Dedy.
Städte langen ordentlich zu
Die Kommunen lassen sich auch gar nicht lange bitten. Heidelberg hat die Gebühr seit Anfang 2020 auf 120 Euro/Jahr angehoben. Berlin will Anfang 2023 in gleicher Höhe nachziehen. In Karlsuhe ist die Gebühr auf (vorläufig) 180 Euro gestiegen, und in Köln sind in Top-Lagen sogar bis zu 600 Euro für autofahrende Anwohner im Gespräch. In Dortmund sind es immer noch 30,70 Euro. Doch der Countdown für höhere und dann kostendeckende Gebühren läuft auch hier.
Bislang halten sich die Stadt-Oberen mit Vorschlägen zurück. Konkrete Pläne gebe es noch nicht, heißt es auf Anfrage. Dass die Preise angehoben werden, steht wohl fest: „Die Verwaltung sieht jedoch eine sukzessive Anhebung der Gebühren für Bewohnerparkausweise als Baustein der Verkehrswende an“, heißt es auf Anfrage.
Es gehe darum, „die Kosten für öffentliche Stellplatzflächen transparenter zu machen“ und Autohalter, die ihre Fahrzeuge nur wenig nutzten, zum Umstieg auf Carsharing oder auf andere klimafreundliche Mobilitätsformen zu bewegen.“ Neu ist: Bei der Ermittlung der Gebührenhöhe sollen „unter anderem auch soziale Kriterien“ berücksichtigt werden, teilt die Verwaltung mit.
Die Grünen erhöhen den Druck
Nun preschen die Grünen vor und erhöhen den Druck. In einem Papier für die politischen Gremien fordert die Öko-Partei die Verwaltung unter anderem auf, „zeitnah verschiedene Varianten zur Anhebung der Gebühren“ für Dortmunds Bewohnerparkzonen vorzustellen. Gewünschter Umsetzungstermin: erstes Quartal 2024. Wie teuer die Anwohnerkarten hinter den Windschutzscheiben der Autos künftig werden sollen, lassen die Grünen erstmal offen.

Wo sie ein mögliches Vorbild sehen, wird in der Antragsbegründung deutlich: Der Blick geht ins gut 230.000 Einwohner starke Freiburg. Die Uni-Stadt im Schwarzwald hat die Gebühren für ihre Anwohnerausweise nach Länge der Autos gestaffelt und drastisch erhöht. Für einen Wagen mit einer Länge von 4,21 Meter bis 4,70 Meter wird die zehnfache Gebühr fällig; 360 Euro/Jahr. Bei einem kleineren Auto sind es 240 Euro/Jahr. Noch deutlicher trifft es Anwohner mit Hang zu Exklusivem: Wessen Gefährt mehr als 4,70 Meter misst, ist mit satten 480 Euro/Jahr dabei. Einkommensschwachen Bürgern, die Leistungen wie etwa Wohngeld beziehen, können die Gebühren auf Antrag um ein Viertel senken.
"Dabei spielen wir nicht mit"
„Das Freiburger Modell hat eine verkehrslenkende und eine soziale Komponente, das gefällt uns“, sagt Sabine Pezely, Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen. Es sei eine mögliche Variante. Es gehe darum, die öffentlichen Flächen, die meist von Auto in Beschlag genommen würden, gerechter aufzuteilen. „Wir wollen für Menschen in den hochverdichteten Innenstadt-Bereichen einen Anreiz schaffen, aufs Auto zu verzichten und auf andere Mobilitätsformen auszuweichen“, sagt Pezely. Dazu bedürfe es eines umfassenden Konzeptes – inklusive eines „Parkraummanagements“ für Quartiere ohne Anwohnerparkausweise.
SPD und CDU wissen um die Befindlichkeiten der Bürger beim Thema Geld. Und äußern sich bislang nur sehr zurückhaltend. Das Freiburger Modell , so viel schimmert bereits durch, lehnen beide Seiten ab. „Dabei werden wir nicht mitspielen“, sagt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Jan Pogadl.
„Eine derart starke Mehrbelastung für die betroffenen Autofahrer ist mit uns nicht zu machen“, anssistiert Reinhard Frank, verkehrspolitischer Sprecher der CDU. Für das Abstimmungsverhalten seiner Fraktion werde „die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen eine wichtige Maßgabe sein – insbesondere unter dem Aspekt der finanziellen Belastung der Anwohner, so Frank.
Anwohner fragt nach Kontrollen
In Freiburg merkt man inzwischen, wie sich der drastische Gebührensprung auf das Verhalten der Anwohner auswirkt: „Seither beobachten wir einen Rückgang der beantragten Bewohnerparkausweise um 50 bis 60 Prozent“, teilt die dortige Verwaltung auf Anfrage mit. Hinweisen zufolge seien zuvor Garagen leergeräumt worden, um dort das Auto abzustellen. Zudem werde vermehrt in Gebieten ohne Anwohnerausweise geparkt, heißt es.
Rolf Arnd Marewski aus dem Saarlandstraßenviertel sieht noch ein ganz anderes Problem: Sollten die Bürger tatsächlich höhere Gebühren zahlen, müsse das Ordnungsamt in den Quartieren entsprechend stärker kontrollieren. Hintergrund: Der grüne Anwohnerausweis ist längst kein Garant, dass ein Bewohner vor Ort tatsächlich einen Stellplatz findet. Der Anwohnerausweis schützt ihn lediglich davor, ein Knöllchen verpasst zu bekommen. „Den Streit, wenn hier jemand seinen Wagen ohne Ausweis abstellt, den möchte ich nicht erleben“, so Marewski. In Dortmund sind noch 17 weitere Lizenzgebiete in Vorbereitung.