Mohrenstechers schließen ihr Traditionsgeschäft in Dortmund „Mich hat die Nachricht umgehauen“

Kunden bedauern baldige Schließung der Drogerie Zimmermann
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Henrike Stahlschmidt ist froh und erleichtert, dass die Nachricht endlich in der Welt ist und sie kein Geheimnis mehr daraus machen muss: Zum 31. März 2025 wird die Drogerie Zimmermann samt Reformhaus und Fotostudio in Lütgendortmund nach 88 Jahren für immer schließen. Das verkündete sie gemeinsam mit ihren Eltern Beate und Wilhelm Mohrenstecher Ende Januar.

Den schweren Entschluss, die Übergabe des elterlichen Geschäfts abzusagen, fasste die 46-Jährige bereits im Herbst 2024. So hatte sie schon einige Monate Zeit, sich an den Gedanken zu gewöhnen. Dennoch: Als diese Redaktion über das unerwartete Aus eines der letzten Traditionsgeschäfte in Lütgendortmund berichtete, habe das für sie eine aufwühlende Wirkung gehabt: „Drei Tage lang bin ich morgens aufgewacht und habe mich total verkatert gefühlt“, sagt Henrike Stahlschmidt am Dienstag (4.2.).

Henrike Stahlschmidt steht mit einem Kunden in der Drogerie Zimmermann in Lütgendortmund.
Kunde Dieter Kottnik (mit Henrike Stahlschmidt) kann sich das Dorf in Lütgendortmund ohne die Drogerie Zimmermann nicht vorstellen: „Seit ich lebe, gibt es die.“ © Beate Dönnewald

Ihrer Mutter Beate Mohrenstecher erging es ähnlich. Erst der Bericht, dann die vielen Kundengespräche – da habe sie gespürt, „wie viele Emotionen in der bevorstehenden Geschäftsaufgabe stecken.“ Sie habe darauf mit „Herzfühligkeit und Magenschmerzen“ reagiert.

Verständnisvolle Kunden

Doch mittlerweile haben Mutter und Tochter ihre Gefühle wieder eingefangen. Beide sind vielmehr sehr dankbar dafür, dass der größte Teil der Kundinnen und Kunden sehr verständnisvoll auf ihre Situation reagiert. „Dieses große Verständnis macht die Dinge für uns viel leichter“, so Henrike Stahlschmidt. Auch in den sozialen Medien seien die Reaktionen glücklicherweise überwiegend positiv.

Die Mohrenstechers möchten mit 72 und 75 Jahren endlich ihren Ruhestand genießen, Tochter Henrike Stahlschmidt scheut das wirtschaftliche Risiko als Selbstständige: „Jeder, mit dem wir bislang darüber gesprochen haben, kann unsere Beweggründe verstehen und nachvollziehen“, sagt Beate Mohrenstecher.

In das Verständnis mischt sich bei vielen Kundinnen und Kunden aber auch eine große Portion Bedauern. Das zeigt unsere kleine Umfrage am Dienstagvormittag: Die einen vermissen das besondere Sortiment, die anderen die Fachberatung, wieder andere den sozialen Treffpunkt und das Shoppingerlebnis. „Hier geht ein Stück Einkaufskultur verloren“, sagt eine Lütgendortmunderin (67), die seit Jahrzehnten in der Drogerie Zimmermann einkauft.

An diesem Vormittag besorgt sie ein Geburtstagsgeschenk. „Die haben hier so besondere Geschenkartikel und eine große Auswahl. Das werde ich vermissen“, sagt die 67-Jährige. Sie liebe es, an den Markttagen ihre Runde durchs Dorf zu drehen und in die kleinen Fachgeschäfte zu gehen. Sie zuckt die Schulter: „Es ist doch klar, dass man irgendwann mal in Rente gehen will. Da müssen wir die Schließung wohl akzeptieren.“

Die Drogerie Zimmermann in Lütgendortmund von außen.
Am 31.3.2025 schließt die Drogerie Zimmermann für immer. 88 Jahre gab es sie in Lütgendortmund. © Beate Dönnewald

„Ein großer Verlust“

Dieter Kottnik (65), ehemaliger Lütgendortmunder, der heute in Marten wohnt, hat durch seine Frau von der Geschäftsaufgabe erfahren. Was sein erster Gedanke war? „Dieses Wort schreiben sie jetzt nicht auf ...“, sagt der 65-Jährige. Für ihn bedeute die Schließung ein großer Verlust: „Ich werde es vermissen, dass ich hier nicht mehr gesunde und spezielle Sachen kaufen kann. Wo sonst gibt es noch ein Reformhaus?“ Und noch etwas hebt er hervor: „Wenn ich Probleme mit der digitalen Fotografie hatte, wurde mir hier immer freundlich geholfen.“

Die Aufgabe des „traditionsreichen, eigentümergeführten Geschäfts“ sei sehr schade, so Kottnik. „Hier im Dorf geht es immer weiter den Bach runter, Qualität und Niveau gehen verloren.“ Das Dorf ohne die Mohrenstechers? Das sei für ihn kaum vorstellbar: „Seit ich lebe, gibt es die.“

Ein Regal mit Duftkerzen in der Drogerie Zimmermann.
Die Duftkerzen in der Drogerie Zimmermann in Lütgendortmund gibt es aktuell zum Sonderpreis. © Beate Dönnewald

„Das ist furchtbar“, entfährt es Vanessa Göbel. Die 37-jährige Mutter hört an diesem Vormittag zum ersten Mal, dass die Drogerie zum 31. März schließen wird. „Wo soll ich denn demnächst meinen Tee kaufen?“, fragt sie. Die junge Frau erhöht direkt ihre Bestellung. „Wiegen Sie bitte ein Kilogramm ab“, sagt sie zu Beate Mohrenstecher an der Waage. In Richtung Reporterin sagt sie: „Mit dieser Nachricht haben Sie mich jetzt wirklich traurig gemacht.“

Auch Michael (66) aus Barop findet es mehr als schade, dass er zukünftig in diesem „außergewöhnlichen Geschäft mit der guten Beratung“ nicht mehr einkaufen kann. „So etwas findet man woanders doch nicht mehr.“ Das Tee- und Bioangebot hebt er besonders hervor. Kundin Petra Bachmann (64) aus Kirchlinde nickt: Als langjährige Kundin habe sie „die Nachricht von der Schließung umgehauen“. „Bald sind alle kleinen Fachgeschäfte weg“, befürchtet sie. Sie habe immer gerne Tee, Gesundheits- und Geschenkartikel in der Drogerie Zimmermann gekauft.

Die ersten Schnäppchenjäger

Tatsächlich seien auch schon die ersten Schnäppchenjäger im Geschäft aufgetaucht, erzählt Henrike Stahlschmidt. Sie hätten gezielt nach reduzierten Artikeln aufgrund der bevorstehenden Schließung gefragt. Der offizielle Abverkauf habe zwar noch nicht begonnen, sagt sie, aber für einige Artikel gelten bereits Sonderpreise: aktuell für Duftkerzen, Tee-Geschirr und Bilderrahmen.

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Öffnungszeiten und Kontakt

  • Die Drogerie Zimmermann, Limbecker Straße 13, hat montags bis donnerstags von 10 bis 18 Uhr sowie freitags und samstags von 10 bis 13 Uhr geöffnet.
  • Kontakt: Tel. 0231 63 23 92