
© Andreas Schröter
Dortmunds wohl einzige Tatortreinigerin Heike Mork (43) kennt keinen Ekel
Ungewöhnlicher Job
Wer eine Wohnung säubern muss, in der monatelang ein Toter gelegen hat, darf nicht zart besaitet sein. Gleiches gilt für Messie-Wohnungen. In Dortmund erledigt Heike Mork aus Wickede diesen Job.
Heike Mork (43) ist nach eigenen Angaben Dortmunds einzige Tatortreinigerin. Sie hat vor einigen Monaten eine Fortbildung an der Ostsee gemacht, die sie dazu befähigt. „Es geht dabei vor allem um Hygiene“, sagt sie.
Wenn man zum Beispiel eine Wohnung säubern müsse, in der ein Toter wochen- oder monatelang gelegen hat, müsse man sich vor allen möglichen Bakterien schützen. Die normalen Haushaltshandschuhe aus dem Supermarkt reichen da nicht.
„Tatortreinigung“ - das bedeutet nicht automatisch, dass sich am Ort des Geschehens eine Straftat ereignet haben muss. Auch ganz normale Todesfälle, die nicht gleich bemerkt werden, fallen in diese Rubrik. Neulich beispielsweise sei sie in eine Wohnung gerufen worden, in der ein Mann am Tag zuvor auf dem Sofa einen tödlichen Herzinfarkt erlitten habe. Schon in kurzer Zeit gebe eine Leiche Flüssigkeiten ab, die in den Stoff des Sofas sickern.
Die Einsamkeit hinter den Fassaden der Hochhäuser
Zart besaitet ist die Wickederin nicht. Sicher, sie habe sich zunächst an diese Art Job gewöhnen müssen, aber mittlerweile empfinde sie überhaupt keinen Ekel mehr. Allerdings denke sie schon darüber nach, wieviel Einsamkeit es hinter den Fassaden der Hochhäuser gebe. Es sei doch einfach nicht schön, wenn man seine Nachbarn nicht kenne und ein Toter später nur deshalb gefunden werde, weil es aus der Wohnung streng zu riechen beginnt.

Messie-Wohnungen wie diese müssen Heike Mork und ihr Team in letzter Zeit immer häufiger entrümpeln. © Heike Mork
Hauptjob für Heike Mork sind allerdings Haushaltsauflösungen. Und auch das kann heftig werden, wenn es sich um Messie-Wohnungen handelt und der Hausbesitzer sich keinen anderen Rat weiß, als Heike Mork anzurufen. Es gebe Wohnungen, in denen es kaum noch freie Stellen zum Laufen gebe, so vermüllt sind sie. Oft hätten noch kleine Kinder mit im Haushalt gewohnt. Sie als Mutter von drei Kindern dürfe sich das gar nicht vorstellen, sagt sie.
In einer Wohnung, die sie und ihr kleines Team kürzlich gereinigt haben, hatten die Bewohner einen Hasen gehalten - aber nicht in einem Käfig. Er durfte sich in der gesamten Wohnung frei bewegen und hatte sie dementsprechend nach und nach komplett eingekotet. Darauf, dort sauberzumachen, waren die Mieter nicht gekommen. Auch hatte der Hase die Isolierung der Heizungsrohre abgefressen.
Ihr komme es so vor, als gebe es in letzter Zeit mehr und mehr Messie-Wohnungen. Meist gehe es aber um ganz normale Wohnungen, die aufgelöst werden müssten - beispielsweise wenn jemand die Wohnung aufgibt, um in ein Seniorenheim zu ziehen.
Lieber körperliche Arbeit als ein Job am Schreibtisch
Heike Mork sagt, sie habe immer schon körperliche Arbeit einer Tätigkeit beispielsweise am Schreibtisch vorgezogen. Früher half sie in der bekannten Autovermietung „Mork“ ihres 2018 gestorbenen Mannes mit, aber nicht im Büro. Sie wusch die Autos.
Irgendwann später sei dann ein Handwerker gekommen, um die Hecke an ihrem Haus zu schneiden. Der habe darüber geklagt, dass er später noch in einer Wohnung die Tapete abreißen müsse. Darauf ihre Antwort: „Das mache ich gerne, das kann ich doch dann machen.“
Zusammenarbeit mit Obdachlosenhilfe
Und so sei sie nach und nach in einen Job hineingewachsen, mit dem sie sich dann vor drei Jahren selbstständig gemacht hat. Ihr gefällt daran, dass sie sich ihre Zeit komplett selbst einteilen kann.
Wichtig ist ihr zu betonen, dass sie gut erhaltene Kleidung oder Lebensmitteln aus den Wohnungen, die sie auflöst, an die Obdachlosenhilfe „Hand in Hand für Menschen“ weitergibt. Auch mit dem Sozialkaufhaus „Jacke wie Hose“ arbeitet sie zusammen. Schwieriger sei es da schon mit Möbeln. Die Schrankwand „Eiche rustikal“, die sie in den Wohnungen oft vorfinde, sei heute schwer zu vermitteln.
Übrigens: Auch Heike Morks vier Mitarbeiter machen demnächst eine Reise zur Ostsee: Tatortreiniger lernen. Heike Mork ist zu erreichen unter Tel. 0172 7576342 oder E-Mail mork-dienstleistungen@t-online.de. Internet: www.mork.de
Ich fahre täglich durch den Dortmunder Nordosten und besuche Menschen, die etwas Interessantes zu erzählen haben. Ich bin seit 1991 bei den RN. Vorher habe ich Publizistik, Germanistik und Politik studiert. Ich bin verheiratet und habe drei Töchter.
