Das war selbst für Tim Rohde eine Herausforderung. Mitte Oktober, am 12.10. (Samstag), nahm er am Mammutmarsch in Dortmund teil. Er und seine Verlobte wählten die längste Strecke mit 55 Kilometern - klar. Die beiden sind erfahrene Wanderer. Trotzdem musste der 32-Jährige am Ende kämpfen, damit er es ins Ziel schafft.
Er erzählt, welche Gedanken ihm durch den Kopf geschossen sind, als er beinahe nicht weiter wollte und was ihm geholfen hat, doch noch durchzuhalten. Für diejenigen, die am nächsten Mammutmarsch teilnehmen wollen, hat er wertvolle Tipps.

Was ist der Mammutmarsch?
Über 8000 Menschen sind beim Mammutmarsch mitgelaufen. Die Extremwanderung führt in einem Rundkurs vom Start am ehemaligen Stahlwerk Phoenix-West unter anderem am Phoenix-Platz über den Phoenix-See zur Hohensyburg entlang. Es gibt drei unterschiedlich lange Strecken: 30, 42 und 55 Kilometer. Der Mammutmarsch lockt in vielen Städten Deutschlands passionierte Wanderer an, zum fünften Mal an jenem Wochenende auch nach Dortmund.
Kurz vor dem Start erhielten die Teilnehmenden eine Übersicht der Strecke in Form einer Karte und GPS-Daten. Los ging es in zeitversetzten Startgruppen, die ersten starteten um 6.40 Uhr, die letzten um 10 Uhr. Zwischendurch gab es Stationen, an denen die Wanderer Rast machen und etwas essen und trinken konnten.
„Die ersten 37 Kilometer waren entspannt“
Tim und seine Verlobte sind passionierte Wanderer. Als die Lockdowns während der Corona-Pandemie kaum andere Aktivitäten zuließen, wurde das Wandern zum neuen Hobby. Mittlerweile haben sie gemeinsam schon Teile des Jakobswegs bewältigt, bisher etwa 450 von 800 Kilometern in drei Etappen. Da sind 55 Kilometer durch den Dortmunder Süden ja wohl ein Klacks - oder?
„Das weiteste, was wir da an einem Tag gelaufen sind, waren 32 Kilometer. Trotzdem waren wir bei den 55 Kilometern beim Mammutmarsch optimistisch“, sagt der 32-Jährige. Dass die Massenveranstaltung in einem sehr „behüteten Setting“ abläuft, in dem Wegweiser Möglichkeiten zum Aussteigen und Verpflegungsstationen Rastplätze bieten, bestärkte das Paar zusätzlich, den langen Weg zu wagen.

„Die ersten 37 Kilometer waren sehr entspannt, die sind wie im Flug vergangen“, sagt Tim. Stundenlang unterhielt er sich mit seiner Verlobten, kam mit anderen Wanderern ins Gespräch, lernte Menschen aus anderen Teilen Deutschlands kennen. „Dann kam es ganz plötzlich, wie ein Hammer. Die nächsten 15 Kilometer waren der Horror.“
Mit einem Mal ließen ihn seine Muskeln die extreme Belastung spüren. Tims Körper verfiel in eine Art Autopilot, seine Füße trugen ihn weiter, ohne dass Tim ihnen noch den Befehl dazu geben konnte. Zum ersten Mal kam der 32-Jährige an seine Leistungsgrenze. „Ich habe im Kopf mit mir selbst verhandelt, wie viel ich noch schaffe. Zwischendurch dachte ich, ich kann nicht mehr.“
Tim kämpft sich ins Ziel
Seine Verlobte habe geduldig sein „Gejammere“ ertragen und ihn ansonsten in Ruhe gelassen, „das brauchte ich“. Erst als er den letzten Verpflegungspunkt erreichte, schöpfte der Dortmunder neuen Mut. „Da wusste ich: Ich schaffe das.“ Seine Verlobte habe den langen Marsch deutlich besser verpackt. Tim ist nicht sicher, ob er es ohne sie geschafft hätte.
Ihre Energie gab ihm die nötige Kraft, auch den letzten Rest zu schaffen. Auch das Gemeinschaftsgefühl, dass unweigerliche entstehe, wenn Tausende andere Menschen die gleiche Strecke mitlaufen, habe ihn motiviert. „Es ist immer jemand in der Nähe, dem es genauso geht.“ Auf den letzten Metern zum Ziel beflügelten ihn die Volunteers, die jubelnd im Ziel warteten.

„Die haben das total schön gemacht und uns toll angefeuert.“ Ein letztes Hochgefühl und der Ehrgeiz trugen den Dortmunder die letzten Meter. „Ich wollte diese Medaille!“ Und noch etwas wartete im Ziel auf Tim und die anderen Wanderer: ein kühles Bier. Doch Tim hatte einen einzigen Gedanken: sitzen. Eine Welle der Erleichterung und des Stolzes überrollte Tim, als er nach insgesamt 14 Stunden endlich ankam. Um 7.40 Uhr morgens, bei Sonnenaufgang, ist das Paar losgelaufen. Gegen 21.30 kam es am Ziel an.

Die Welle ebbte erst ab, als er sich für die letzten 700 Meter zum Auto aufraffen musste. „Ich hätte nicht mal mehr die Kupplung durchdrücken können“, gibt er zu. Zum Glück fuhr seine Verlobte ihn nach Hause. Gerade so schaffte es Tim noch unter die Dusche und dann endlich mit einem Teller Nudeln ins Bett. „Der Abend war schrecklich“, sagt Tim und erinnert sich, wie seine Beine schmerzten. Der Muskelkater am nächsten Tag sei trotzdem nicht so schlimm ausgefallen wie erwartet.
Tipps für den nächsten Mammutmarsch in Dortmund
Tim ist selbst zwar recht sportlich, joggt, spielt Padel-Tennis, schwitzt beim Freelatics. Er glaubt aber nicht, dass man für den Mammutmarsch zwingend eine Sportskanone sein muss. Neuen Teilnehmern empfiehlt er, erstmal auszutesten, welche Entfernung gut zu bewältigen ist. „Einfach mal loslaufen und sich ein cooles Ziel aussuchen, zum Beispiel das Lieblings-Café.“ Das wichtigste sei, sich selbst einschätzen zu können und ein „Wohlfühl-Tempo“ zu finden.
Beim Durchhalten könne auch ein gut gepackter Rucksack helfen. Obwohl es an den Stationen Obst, Gemüse, Stullen und Kuchen gibt, empfiehlt Tim, Verpflegung für unterwegs mitzunehmen, am besten gut verträgliche Snacks, Kohlenhydrate und Zucker, das gibt Energie. Seine Wegnahrung: veggie Frikadellen, Brote - „und Motivations-Cola und ein Motivations-Schokoriegel - für die Passagen, die richtig anstrengend sind.“
Als Kleidung empfiehlt er gut eingelaufene Laufschuhe oder Wanderstiefel, dazu der altbewährte Zwiebellook. Als es vergangenen Samstagabend anfing zu regnen, war das Paar froh, Regenkleidung dabei zu haben, „das wäre sonst auf die Laune geschlagen.“
Beim Mammutmarsch selber solle man nicht zu viel Druck machen. „Sehr viele haben es nicht geschafft. Viele haben gehumpelt. Die haben sich mit dem Auto abholen lassen oder haben den Bus genommen. Das ist total okay und muss man in dem Moment dann akzeptieren.“ Den nächsten Mammutmarsch will das Wanderer-Pärchen übrigens aussetzen. Erstmal winkt ein Wander-Urlaub in Spanien.
Mammutmarsch - alle Infos
Ins Ruhrgebiet kommt der Mammutmarsch erst wieder am 12. April 2025, dann mit Duisburg als Start- und Zielort. Die Teilnahme kostet 69,90 Euro. Nach Dortmund kommt der Mammutmarsch das nächste Mal am 11.10.2025. Die Anmeldung erfolgt online unter www.mammutmarsch.de. Auf der Homepage gibt es alle weiteres Infos sowie mehr Tipps von Wander-Profis.
Kontakt
Telefon: 030 220117 28
E-Mail: info@mammutmarsch.de
Dieser Artikel ist erstmals am 18.10.2024 erschienen.
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