Dortmunder Restaurant bietet veganes Steak aus dem 3D-Drucker an Schmeckt man den Unterschied?

„The Ash“ bietet veganes Steak aus dem 3D-Drucker an
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Verlockend dampft das aufgeschnittene Flanksteak auf seinem Bett aus Rosmarinkartoffeln und Grillgemüse. Das Innere der Stücke schimmert saftig und rosa unter dem Portwein-Jus hindurch. Ein Fest für Fleisch-Fans, würde man meinen.

Doch was man auf den ersten Blick nicht sieht: Das Flanksteak, das Sous-Chef Anatoliy Syemergeyev gerade in der offenen Küche des Grill-Restaurants „The Ash“ in der Stadtkrone-Ost angerichtet hat, ist komplett vegan. Statt aus Rindfleisch besteht es aus Soja, Weizen, Erbsen und Kartoffeln.

Fleisch-Ersatzprodukten hängt immer noch ein schlechtes Image an: Viele sehen in ihnen nur einen schlechteren Abklatsch des Originals oder halten sie direkt für ungenießbar. Dabei hat die Qualität vieler Ersatzprodukte in den vergangenen Jahren einen großen Sprung nach vorne gemacht. Bei manchem „Fleischsalat“ schmeckt man mittlerweile keinen Unterschied mehr zwischen der veganen und der tierischen Variante.

Doch gilt das auch für Steaks? Sie gelten vielen Fleischessern als der heilige Gral des Genusses, als nicht kopierbar. Seit ein paar Monaten kann man im „The Ash“ den jüngsten Versuch probieren, genau das zu schaffen.

Mit Hippie-Bio-Klischees aus der Mottenkiste der Veganer-Vorurteile hat dieser Anwärter nichts gemein: Das vegane Steak, das im „The Ash“ auf die Teller kommt, ist das Ergebnis von High-Tech und wurde Schicht für Schicht mit 3D-Druckern aufgebaut.

„Wir wollten schon bedeutend früher ein veganes Steak auf die Karte nehmen“, erzählt Benjamin Walter. Der 41-Jährige ist Marketing-Direktor bei Apeiron, der Betreiberfirma der deutschlandweit aktuell zwölf „The Ash“-Restaurants. Doch lange habe man kein passendes Produkt gefunden.

Benjamin Walter, Marketing-Direktor des "The Ash"-Betreibers, hat lange nach einem passenden veganen Steak gesucht.
Benjamin Walter, Marketing-Direktor des "The Ash"-Betreibers, hat lange nach einem passenden veganen Steak gesucht. © Thomas Thiel

„Wir haben viel probiert, da waren auch schreckliche Dinge dabei“, sagt Walter. Sein Negativ-Highlight sei ein Steak gewesen, das wie ein rosa Fleischkäse ausgesehen und ein knarzendes Mundgefühl wie ein Halloumi-Käse gehabt habe.

Erst das 3D-Drucker-Steak des israelischen Herstellers „Redefine Meat“ überzeugte die „The Ash“-Macher: „Was die hinkriegen wie kein anderer, ist das Steak-Mundgefühl und der Geschmack“, schwärmt Walter.

Bis zu zehn Bestellungen am Tag

Nach einem etwas schleppenden Start werde das 3D-Drucker-Steak inzwischen mehrmals täglich im Dortmunder „The Ash“ bestellt - an manchen Wochenend-Tagen bis zu zehn Mal, erzählt Koch Syemergeyev.

Bei der Zubereitung gelte es, ein paar Dinge zu beachten, sagt der 34 Jahre alte Sous-Chef: Zuallererst wird das vegane Steak auf einer separaten Grillplatte gegrillt, abseits der Fleisch-Steaks. Danach wandert es nochmal für acht Minuten in den Ofen, damit es auch innen die richtige Temperatur erreicht. Eigene Garstufen (blutig, medium, gut durch) wie bei Fleisch-Steaks gebe es nicht. „Der Geschmack bleibt immer gleich.“

Das vegane Steak nach dem Aufschneiden in der Küche des "The Ash"
Das vegane Steak nach dem Aufschneiden in der Küche des "The Ash" © Thomas Thiel

Ist das vegane Steak aus dem Ofen raus, muss es gegen die Faser aufgeschnitten werden - so bildet sich die Fleischstruktur am besten heraus, heißt es von „Redefine“. Und tatsächlich: Schneidet man durch das vegane Steak, bilden sich Fasern wie bei Fleisch - wären nicht die Streifen der unterschiedlichen Druckschichten sichtbar, die Illusion wäre perfekt.

Die Herstellung im 3D-Drucker sei der Schlüssel für die Eigenarten des veganen Steaks, erklärt Ulrich Strünck, der Deutschlandchef von „Redefine“, im Gespräch mit unserer Redaktion: Die Drucktechnik sei exakter als alle anderen Herstellungsarten von veganem Fleisch. Sie sorge dafür, dass das Kokosfett (einer der wichtigsten Geschmacksträger des Redefine-Steaks) extrem gleichmäßig im Steak verteilt werde und es so saftig mache.

Und? Schmeckt es?

Doch nun zum Moment der Wahrheit: Schmeckt das vegane Steak auch wie ein „echtes“ Stück Rindfleisch? Die Antwort ist ein klares Jein. Die Röstaromen des Grillens kommen deutlich hervor, es hat sich eine wunderbare leichte Kruste gebildet, die beim Beißen und Kauen Spaß macht. Es schmeckt auch nach Fleisch, bleibt aber geschmacklich ein wenig hinter der Intensität eines echten Fleischstücks zurück. Aber: Es ist lecker, es steht als Lebensmittel für sich, man vermisst nichts.

Dass es noch einen geschmacklichen Unterschied gibt zwischen tierischem und veganem Steak, gibt auch Redefine-Deutschlandchef Strünck freimütig zu. Er beschreibt ihn mit einem Vergleich aus der Technikwelt: „Wenn das tierische Steak das aktuelle iPhone 14 wäre, ist unser veganes Steak das iPhone 3 oder 4.“

Ulrich Strünck, Deutschlandchef von "Redefine"
Ulrich Strünck, Deutschlandchef von "Redefine" © Karlis Kalnins

Allzu lange werde es nicht mehr dauern, bis die Geschmackgrenzen verschwimmen, glaubt Strünck: „In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden wir ein Produkt auf den Teller bringen, was der Kunde nicht mehr vom tierischen Produkt unterscheiden kann.“

Die nächste Generation steht schon in den Startlöchern: Ab Ende April werde man die Steaks mit der verbesserten Rezeptur an die Kunden ausliefern, sagt Strünck. Die Kunden im „The Ash“ dürfen gespannt sein.

  • Das Redefine-Steak kostet aktuell im „The Ash“ 21,50 Euro.
  • Das Steak besteht aus Soja, Weizen, Erbsen, Kartoffeln, einer Gewürzmischung, die unter das Betriebsgeheimnis fällt, Kokosfett und Kirschsaft (für die rote Farbe)
  • Redefine beliefert nach eigenen Angaben deutschlandweit aktuell rund 400 bis 500 Restaurants mit seinen Produkten.

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