Die rechtsextreme Szene in Dortmund befindet sich schon länger in der Krise:
Anfang des Jahres haben die Dortmunder Neonazis bekannt gegeben, dass sich die Partei „Die Rechte“ in Dortmund aufgelöst hat. Zukünftig will man gemeinsame Sache mit der NPD machen.
Die Szene ist nach Fortzügen und Inhaftierungen von Führungskadern geschwächt, etliche Köpfe sind nach Ostdeutschland abgewandert. Dass sie noch immer gefährlich ist, zeigen Bilder, die das aus dem linken antifaschistischen Spektrum stammende, sich selbst so bezeichnende „Recherche Kollektiv NRW“ bei Twitter veröffentlicht hat. Auf ihnen sind mehr als ein Dutzend Einhand-Messer zu sehen.
Auf der einen Seite der Klinge ist der Schriftzug „Alles für Dortmund“ eingraviert, auf der anderen ist das Konterfei des im Oktober 2021 gestorbenen Rechtsextremisten Siegfried Borchardt abgebildet und der Name „Siggi“ zu lesen. Der unter dem Spitznamen „SS-Siggi“ bekannt gewordene Dortmunder Neonazi und mehrfach verurteilte Straftäter war eine Ikone der Szene. Zu seiner Beerdigung im Januar des vergangenen Jahres kamen Neonazis aus ganz Deutschland.

Fotos sind von Kieler Neonazi
Nach Angaben des „Recherche Kollektivs NRW“ soll es sich bei den Bildern um Screenshots der Instagram-Story von Alexander H. handeln. Er ist Teil der rechtsextremen Szene in Schleswig-Holstein und dem „Blood an Honour“-Netzwerk sowie dem Rocker-Club „Bandidos“ zuzuordnen. Die Screenshots sind vom 4. Januar, ähnliche Bilder der Messer seien aber bereits vorher mehrfach gepostet worden, teilte das „Recherche Kollektiv“ mit.
2014 wurde Alexander H. aufgrund mehrerer Delikte zu einer Haftstrafe verurteilt. In das Urteil spielte unter anderem eine Körperverletzung mit ein und dass H. ein Messer bei sich trug, obwohl ihm untersagt war, Waffen mit sich zu führen.
Alexander H. steht auch in Verbindung mit einem weiteren Instagram-Account, auf dem Gravuren angeboten werden. Unter anderem ist dort das Konterfei eines Wehrmachts-Soldaten zu sehen und die Abbildung eines Messers, auf dem „Treue um Treue“ eingraviert ist. Dieser Spruch ist in der Bundeswehr nach einem Erlass von 2014 verboten, da er in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem mit der Wehrmacht verbunden werde.
Mit dem Scheitern des parlamentarischen Rechtsextremismus in Dortmund geht die Bewaffnung der neonazistischen Szene einher.
— Recherche Kollektiv NRW (@NrwRecherche) January 5, 2023
A. Deptolla ordert bei dem rechtsextremen Bandido Alexander Hardt aus Kiel Stichwaffen.#NoNazis #Dortmund #NoNazisDo pic.twitter.com/4xu4E3A09t
Im Internet lassen sich zahlreiche Verbindungen H.s in die rechtsextreme Szene finden. In seinem Instagram-Profil ist etwa die rechtsextreme Parole „radikal, sozial, national“ zu lesen.
Verbindungen zu Dortmunder Szene
Offenbar pflegt H. auch Kontakte zu Neonazis aus Dortmund. Auf dem Bild der Messer hat er das Instagram-Profil von Alexander Deptolla, einem der führenden Dortmunder Neonazis, verlinkt. Deptolla war Ausrichter des mittlerweile verbotenen rechtsextremen Kampfsportevents „Kampf der Nibelungen“, das der Szene auch zur Vernetzung dient.
Angesichts der Verlinkung und der Gravuren mit eindeutigem Dortmund-Bezug scheint es möglich, dass sich die Dortmunder Szene mit diesen Messern bewaffnet hat.
Staatsschutz ermittelt
Die Dortmunder Polizei hat auf Grundlage der veröffentlichten Bilder ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Weil der Spruch „Alles für Dortmund“ angelehnt sei an den Wahlspruch der SA „Alles für Deutschland“, ermittle nun der Staatsschutz.
Bei den Messern handle es sich grundsätzlich nicht um verbotene Waffen, teilt Polizeisprecher Joshua Pollmeier mit. Das Führen im öffentlichen Raum sei ohne berechtigten Grund aber verboten. Ein berechtigter Grund liegt etwa vor, wenn ein Jäger ein solches Messer bei sich trägt.
„Wenn Beamte diese Art Messer bei einer Kontrolle finden, stellen sie sie sicher und fertigen eine Ordnungswidrigkeitenanzeige“, sagt der Polizeisprecher. Zu Verbindungen der Dortmunder Neonazis zur rechtsextremen Szene in Schleswig-Holstein will die Polizei auf Anfrage nicht näher eingehen. „Vereinzelt wissen wir, dass es da Kontakte gibt. Wir beobachten das genau. Zu den Strukturen äußern wir uns aber nicht.“
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