Die Kleppingstraße im Dortmunder Rosenviertel sollte laut Quartiersplänen künftig bekannt sein für „hochwertige, inhabergeführte Geschäfte“. So hieß es genau vor einem Jahr, im August 2022 im damals veröffentlichten Konzept des Stadtplanungsbüros „Stadt + Handel“.
Doch eben jene Geschäfte prognostizierten der Kleppingstraße nur einen Monat später im Gespräch mit unserer Redaktion einen „schleichenden Niedergang“. Der neueste Fortgang – die Eisdiele Hitzefrei schließt zum 30. September – scheint dazu gut zu passen. Und weniger zu den Wünschen der Stadtplaner.

Das Team des Stadtplanungsbüros „Stadt + Handel“ arbeitet seit 2021 an einem Konzept, wie sich die Dortmunder Innenstadt neu erfinden soll.
Neun Quartiere hatten die Planerinnen und Planer dabei definiert, von der Kampstraße bis zum Rosenviertel. Herzstück des letzteren ist die für etwas edlere Geschäfte bekannte Kleppingstraße.
Im Kreuzviertel läuft es besser
Mit-Inhaber der Eisdiele Hitzefrei, Shahab Nouri, hat nach eigenen Aussagen schon 2022 überlegt, den Standort in der City aufzugeben – trotz eines sehr heißen Sommers. Seine Filiale befindet sich an der Kreuzung Kleppingstraße/Olpe. „Die Innenstadt hat in den letzten Jahren massiv an Kaufkraft eingebüßt, es rentiert sich für uns einfach nicht mehr“, sagt er.
„Früher sind die Menschen einfach in die Stadt geschlendert, haben dort Zeit verbracht und sich nebenbei ein Eis bei uns geholt. Diesen Charme hat die Innenstadt einfach verloren“, so Nouris Beobachtungen. Kundenfrequenz und Zielpublikum seien im Kreuzviertel besser. Dort ist die Stammfiliale von Hitzefrei.
Ein dortmundweites Problem
Dass inhabergeführte Geschäfte von der Kleppingstraße verschwinden, ist beinahe Trend. Prominenteste Schließung war wohl der Abschied der Goldschmiede Köllner und Pape nach 37 Jahren an dem Standort. Später traf es dann das Fotostudio ‚Picture People‘. Dessen Chef Christian Hamer machte für die Schließung ebenfalls die immer geringere Laufkundschaft verantwortlich.
Aber es geht auch andersherum. Herbert Lindenberg, Inhaber des Cafés Lotte, eröffnete mit Marina Ulrich erst zum Jahreswechsel 2022/23 die dritte Filiale an der Kleppingstraße: „Und wir wären da nicht hingegangen, wenn wir der Meinung wären, da gäbe es wenig Kaufkraft oder Laufkundschaft“, sagt Lindenberg - und relativiert so die Wahrnehmung des Hitzefrei-Chefs.
Allerdings betont er: An der schwindenden Besucherzahl in der Innenstadt - da sei schon was dran. Lindenberg ist aber der Meinung: „Das ist ein Phänomen, das ist nicht auf die Kleppingstraße reduziert werden kann. Das ist ein Problem in der ganzen Dortmunder Innenstadt. Wenn nicht in allen Innenstädten NRWs“, sagt er. Zu Dortmund meint er: „Hier ist das Hauptproblem der Westenhellweg.“
Die zweigeteilte Einkaufsstraße
Der Lotte-Inhaber spricht da gleich mehrere Dinge an. Hohe Mieten der Privatvermieter etwa, gegen die die Stadt gar nichts machen könne. Und die omnipräsenten Probleme der wachsenden Obdachlosigkeit und des steigenden Drogenkonsums. „Solche kleinen Dinge haben Auswirkung darauf, wie viele Menschen wo in die Stadt gehen“, sagt Lindenberg.
Was das Aus für Hitzefrei angeht, bringt er den genauen Standort ins Spiel: „Richtung Wall wird es immer schwerer“, sagt er. Hitzefrei sitzt an der Kleppingstraße 22, auf der Ecke zur Olpe und somit in etwa in Höhe des Friedensplatzes.
Und es stimmt: Die großen Geschäftsschließungen der jüngeren Vergangenheit befinden sich auf der Kleppingstraße zwischen Wall und Victoriastraße – jener Straße, nach der die Kleppingstraße zur Fußgängerzone wird.
Und genau dort hört man von vielen Mitarbeitenden in den Gastro-Betrieben: „Hier läuft es eigentlich super, wir können nicht klagen.“
Wir sprachen hier mit vier Mitarbeitenden von Gastro-Betrieben. Sie geben Eindrücke wieder, haben sich nicht mit ihren Chefs abgesprochen und möchten deshalb weder genannt noch einem Geschäft zugeordnet werden. Nichtsdestotrotz: Ihre Aussagen sind positiv. Alle sprechen von viel Kundschaft.
Zweitbester Standort in Dortmund
Hinter der Victoriastraße, wo die Kleppingstraße zur befahrbaren Allee wird, scheint es vor allem den Restaurants gutzugehen. Yuan Gao ist mit seinem Ramen-Restaurant Ippin seit Juni neben der griechischen Souvlaki-Bar Cantine ansässig, in den ehemaligen Räumen von „60 Seconds to Napoli“. Die Pizzeria hat sich inzwischen zur kleinen Kette weiterentwickelt und ist umgezogen an den Alten Markt, in größere Räume.
Yuan Gao ist der festen Überzeugung: „Die Kleppingstraße ist nach dem Alten Markt immer noch der beste Standort in Dortmund.“ Und das zeige sich bei ihm auch. Das Geschäft laufe gut, das neue Angebot von japanischen Ramen-Nudelsuppen in Dortmund kommt gut an. „Hier ist sogar mehr los als in unserem Laden in Wuppertal, unserer Hauptfiliale“, sagt Gao.

Das bestätigt Patrick Pottkämper, Inhaber des Twentyone. Sein Lokal ist und gleichzeitig DEW21-Kantine - und liegt sogar fast direkt am Wall.
Nachdem Pottkämpers Lokal nach der Eröffnung im Februar 2023 leichte Startschwierigkeiten hatte, da man den Betrieb nur schwer sehen konnte, läuft es jetzt. „Vor allem im Mittagsbereich läuft es sehr gut“, sagt er, „so eine wirkliche Flaute an Menschen gibt es nur selten.“
Unsere kleine Umfrage zeigt: Um den Gastro-Standort Kleppingstraße braucht man sich trotz des prominenten Eisdielen-Abgangs offenbar keine Sorgen zu machen. Positiv ist wohl zu nennen, dass es auch kleinen Geschäften wie dem Café Lotte oder einem Ramen Ippin gutzugehen scheint. Und nicht nur den Ketten wie Sausalitos oder Extrablatt, die das Angebot hier komplettieren.
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