Wie wird der Weihnachtseinkauf unter den neuen Corona-Schutz-Auflagen? Pro 20 Quadratmeter Grundfläche soll sich ab Dezember nur je eine Kundin oder ein Kunde in den großen Geschäften aufhalten. © Stephan Schütze
Coronavirus und Einzelhandel
„Willkürlich und unverhältnismäßig“: Handel kritisiert Corona-Verschärfung
Pro 20 Quadratmeter Fläche soll sich künftig nur ein Kunde in einem großen Geschäft aufhalten dürfen. Der Kundenzugang wird also halbiert. Vor allem die IHK zu Dortmund reagiert scharf.
Über die schärfere Begrenzung des Kundenzugangs für größere Geschäfte, wie sie die neuen Corona-Beschlüsse nach dem Bund-Länder-Treffen vom Mittwoch, 25.11., vorsehen, äußert man seitens der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund großes Unverständnis.
„Positiv bewerten wir, dass es für kleinere Einzelhandelsgeschäfte mit bis zu 800 qm Verkaufsfläche keine Verschärfungen der Begrenzungsregelung von einem Kunden pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche gibt. Die Ungleichbehandlung von größeren Geschäften mit mehr als 800 qm Verkaufsfläche, bei denen die Anzahl der Kunden, die sich gleichzeitig im Laden aufhalten dürfen, halbiert wird (eine Person pro 20 qm Verkaufsfläche), können wir hingegen nicht nachvollziehen“, sagt IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann.
Für ihn sei diese Regelung willkürlich und kaum begründbar. Sie gehe über das verhältnismäßige Maß an Infektionsschutz angesichts der aktuellen Lage hinaus. „Gerade in den größeren Unternehmen lassen sich Abstände zwischen Kunden und Verkäufern, die stringente Durchsetzung von Hygieneregelungen sowie die systematische Desinfektion von Kontaktflächen und Gebrauchsgegenständen häufig wirkungsvoller umsetzen als in kleinen, räumlich beengten Betrieben“, so Dustmann.
IHK sieht „kaum begründbare Wettbewerbsverzerrung“
Die IHK wirft die Frage auf, ob diese Regelung für Betriebe ab 801 qm Verkaufsfläche nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt und verfassungsrechtlich zulässig ist. „Nach unserer Auffassung stellt die Regelung jedenfalls eine durch Infektionsschutz-Notwendigkeiten kaum begründbare Wettbewerbsverzerrung dar. Die wirtschaftlichen Folgen dieser Halbierung der zulässigen Kundenzahl verschärfen die bedrohliche Situation vieler, durch die bisherigen Maßnahmen bereits geschwächten Betriebe. Wir machen uns ernsthafte Sorgen um die zukünftige Attraktivität und Tragfähigkeit unserer zentralen Einkaufslagen“, sagt der IHK-Präsident.
Heinz-Herbert Dustmann, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund, kritisiert die neuen Corona-Beschlüsse für den Einzelhandel scharf. „Wir machen uns ernsthafte Sorgen um die zukünftige Attraktivität und Tragfähigkeit unserer zentralen Einkaufslagen“, sagt er. © IHK
Sehr kritisch äußert sich auch Thomas Schäfer, Geschäftsführer des Handelsverbandes Westfalen-Münsterland in Dortmund. Er hält die verschärfte Zugangsbeschränkung im Einzelhandel für nicht praktikabel. Sie erhöhe die Existenzsorgen vieler Betriebe.
„Die allermeisten Lebensmittelläden, Kauf- und Warenhäuser sowie viele Geschäfte in den Innenstädten sind größer als 800 qm und haben bislang wesentlich dazu beigetragen, dass sich das Infektionsgeschehen gerade wegen der Größe der Geschäfte und der gelebten Sicherheitsregelungen nicht verschärft hat“, sagt er und fügt an: „Mit Ausnahme der Lebensmittel-, Bau- und Gartenmärkte mussten sie im ersten Lockdown sogar komplett schließen und haben zur Verhinderung erneuter Zugangsbeschränkungen effektive Schutz und Hygienekonzepte umgesetzt. Warum sollen jetzt alle Betriebe dieser Größenordnung zusätzliche Nachteile in Kauf nehmen und das ausgerechnet jetzt, im so wichtigen Weihnachtsgeschäft?“
Handelsverband: Hilfen können Verluste nicht mehr ausgleichen
Thomas Schäfer fragt zudem: „Sollen sich die Menschen bei schlechter werdenden Wetterbedingungen vor den Geschäften tummeln und auf Einlass warten oder sollen sie sich nur noch dem Online-Handel zuwenden und Lieferdienste in Anspruch nehmen?“ Schon jetzt müsse der Einzelhandel gerade in innenstadtrelevanten Branchen deutliche Umsatz- und Frequenzrückgänge hinnehmen, die er trotz aller Hilfen nicht mehr ausgleichen könne.
„Zudem ist für viele Branchen das hoffentlich bald beginnende Weihnachtsgeschäft die umsatzstärkste Zeit im Jahr. Das Weihnachtsgeschäft wird aber schon wegen untersagter Sonntagsöffnungen, abgesagter Weihnachtsmärkte, geschlossener Restaurants und Cafés, beständiger Hinweise auf Kontaktbeschränkungen und vieler Appelle, zu Hause zu bleiben, schlechter ausfallen, als in den Vorjahren“, so Schäfer.
Der Handelsexperte sieht angesichts der weiteren Einschränkungen und einer nochmal wachsenden Kaufzurückhaltung schwarz für die „Innenstädte, so wie wir sie kennen.“ Thomas Schäfer meint: „Da helfen dann auch keine Überbrückungs-, Sofort- oder Novemberhilfen mehr etwas.“
Tobias Heitmann, Vorsitzender des Cityrings, fürchtet, dass es nun bei den Weihnachtseinkäufen zu Wartezeiten vor den größeren Geschäften kommen wird. © (A) Schütze
Cityring-Vorsitzender Tobias Heitmann sagt: „Die neue Begrenzung auf 20 Quadratmeter pro Kunde dürfte in der Weihnachtszeit für die größeren Händler zu den Stoßzeiten problematisch werden. Die Kunden müssen sich wohl auf Wartezeiten einstellen. In kleineren Geschäften sind weiterhin zehn Quadratmeter pro Kunde erlaubt, was wohl den größten Teil der Läden ausmacht. Insgesamt sind wir vom Cityring natürlich dankbar, dass die Geschäfte in der umsatzstarken Zeit geöffnet bleiben können.“
Vielen Dank für Ihr Interesse an einem Artikel unseres Premium-Angebots. Bitte registrieren Sie sich kurz kostenfrei, um ihn vollständig lesen zu können.
Jetzt kostenfrei registrieren
Einfach Zugang freischalten und weiterlesen
Werden auch Sie RN+ Mitglied!
Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.
Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung
Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung durch Klick auf den Link in der E-Mail, um weiterlesen zu können.
Prüfen Sie ggf. auch Ihren Spam-Ordner.
Einfach Zugang freischalten und weiterlesen
Werden auch Sie RN+ Mitglied!
Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.