Verbotene Bananenrepublik-Flagge weht über Kleingarten in Dortmund Pächter muss jetzt handeln

Westricher Gartenfreund muss Bananenrepublik-Flagge abnehmen
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„Ich habe gerade mit dem Hund die Runde gedreht, ist mir gar nicht aufgefallen.“ So wie dem Vereins-Vorsitzenden Sebastian Gloge dürfte es manchem Kleingarten-Pächter oder Spaziergänger gegangen sein. Schließlich hat die Gartensaison noch gar nicht angefangen. Und auf dem gut 4,8 Hektar großen noch winter-kahlen Areal hängen viele Flaggen – schwarz-gelbe vor allem.

Doch im Nordosten der Kleingartenanlage Westrich weht hoch am Mast eine Deutschland-Flagge mit den Aufdruck einer halb geschälten Banane in der Mitte. „Ach, wie lustig“, mag manch einer denken. Zumal im botanischen Umfeld eines deutschen Kleingartens.

Und preiswerter als die BVB-Merchandising-Flaggen im Umfeld ist sie auch noch. Internet-Händler Flaggenfritze bietet die verfremdete Deutschland-Flagge für 9,95 Euro zuzüglich Versandkosten an. Bei Amazon gibt‘s das Stück, „hissfertig“ und 150 mal 90 Zentimeter groß, ab 10,96 Euro. „Bananenrepublik Deutschland“ oder „Deutschland Bananenrepublik“ heißt der Artikel.

Schluss mit lustig

Und da ist Schluss mit lustig – egal ob vom Namen her oder der Assoziation eines durch Korruption und Vetternwirtschaft gezeichneten Landes. Seitdem die reißfesten schwarz-rot-goldenen Polyester-Flaggen mit aufgedruckter Banane auf dem Markt sind, gibt es regelmäßig Ärger. Zwar ist der bloße Besitz nicht strafbar, das öffentliche Zeigen indes so grenzwertig, dass sich Staatsanwaltschaften und Gerichte damit beschäftigen.

Grundlage ist Paragraph 90a Strafgesetzbuch. Dort heißt es in Absatz 1, Satz 2: „Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts [...] die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Dabei entscheiden die Gerichte von Fall zu Fall, ob es sich beim Zeigen der Flagge um eine strafbare Handlung oder um einen Beitrag der freien Meinungsäußerung handelt. Anfang Februar 2025 verurteilte das Amtsgericht Schönau (Baden-Württemberg) einen 61-Jährigen zu 800 Euro Geldstrafe, weil er eine Deutschland-Flagge mit Banane aus dem Fenster gehängt hatte.

Fahnenmasten in den Kleingärten der Westricher Anlage.
In den anderen Gärten wehen zumeist BVB-Flaggen. © Karsten Wickern

Vor dem Amtsgericht Lünen wehrte sich ein Mann aus Selm im August 2023 gegen einen Strafbefehl über 750 Euro. Er habe die Flagge einfach schön gefunden und sich ansonsten nichts dabei gedacht, erklärte der seinerzeit 49-Jährige. Nicht in Ordnung wäre es für ihn, die Flagge zu verbrennen, sie zu zerreißen oder darauf zu urinieren. „Ein Grenzfall“, urteilte der Richter. „Es kann strafbar sein, muss es aber nicht.“ In Absprache mit der Staatsanwaltschaft stellte er das Verfahren ein.

Richtig bekannt wurden die verfremdeten Deutschland-Flaggen bei den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen. Sogenannte Querdenker, Personen aus der Reichsbürgerszene und dem rechten Milieu führten sie bei den Märschen und Kundgebungen mit.

In Saarbrücken wurden Anfang 2022 mehrere Flaggen bei Corona-Protesten durch die Polizei konfisziert. Zur Anklage kam es indes später nicht: Die Generalstaatsanwaltschaft stufte den Fall geprüft nicht als strafbare Handlung ein. Die Gleichsetzung der Bundesrepublik mit einer Bananenrepublik sei zwar polemisch und scharf, letztlich aber durch Grundgesetz-Artikel 5 als freie Meinungsäußerung gedeckt.

Hauptweg in die Kleingartenanlage Westrich.
In der schmucken, aber noch winterlichen Anlage fiel die Flagge zunächst niemandem auf. © Karsten Wickern

Im konkreten Fall sei die Verunglimpfung nicht dazu geeignet, den Bestand der Bundesrepublik, die Funktionsfähigkeit seiner Einrichtungen oder die Friedlichkeit des Landes zu gefährden. Zudem sei die Demonstration friedlich und ohne Gewaltaufrufe verlaufen, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft gegenüber der Saarbrücker Zeitung. Wie die Beispiele zeigen, ist für die rechtliche Beurteilung der Einzelfall entscheidend.

Zu einer juristischen Beurteilung soll es in Dortmund-Westrich erst gar nicht kommen. „Wir wollen generell keine Schwierigkeiten“, erklärt Sebastian Gloge, Vorsitzender des Dortmunder Gartenvereins (DGV) Westrich, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich habe den Gartenfreund angewiesen, die Flagge vom Mast zu nehmen. Ihm war wohl tatsächlich nicht bewusst, mit dem Hissen der Flagge etwas falsch gemacht zu haben.“