G8 oder G9?

Dortmunder Eltern und Lehrer diskutieren über Turbo-Abi

G8, G9 oder gleich die freie Auswahl zwischen beiden Optionen? Die Verkürzung der Schulzeit am Gymnasium sorgt weiterhin für Diskussionsstoff - auch in Dortmund. Die Schulgemeinschaft der Stadt ist zerrissen. Viele Eltern wünschen sich eine längere Schulzeit zurück. Für viele Lehrer ist die Sache hingegen klar: Eine Rückkehr wäre eine "Katastrophe".

DORTMUND

, 08.09.2016 / Lesedauer: 3 min

Das Abitur nach zwölf Schuljahren – kurz G8 – steht auch in Nordrhein-Westfalen wieder auf dem Prüfstand.

G8, G9 oder beides? Niedersachsen setzt wieder komplett auf neun Jahre Gymnasialzeit, in Hessen und jetzt auch Bayern können die Schulen wählen, in Baden-Württemberg läuft ein Test. Auch in NRW wackelt das Turbo-Abi. Wo sich schon die Bundesländer nicht einig sind, da gehen auch die Meinungen vor Ort auseinander.

Auch innerhalb der Dortmunder Stadtelternschaft gibt es keine einheitliche Position, berichtet Vorsitzender Werner Volmer. Streit gebe es aber allenfalls um die Frage, ob der Spendenaufruf für ein Volksbegehren unterstützt werden soll, den die Initiative „G9 jetzt! in NRW“ auf den Weg gebracht hat. Nicht allen ist wohl dabei, den Aufruf an die Schulpflegschaften und Fördervereine weiterzuleiten.

"Schnelldurchlauf" für begabte Schüler

Die Landeselternschaft der Gymnasien fordert eine Rückkehr zum Abitur nach 13 Schuljahren, gekoppelt mit der Möglichkeit eines „Schnelldurchlaufs“ für begabte Schüler. Im Gespräch mit Schulministerin Sylvia Löhrmann hatte der Vorstand im Juli die Ergebnisse einer Umfrage weitergegeben, bei der sich die Mehrheit für eine verbindliche G9-Variante ausgesprochen hatte. Vier von fünf Eltern wünschten sich demnach die längere Schulzeit zurück.

In Dortmund sehen die Elternvertreter das differenzierter. „Ich würde gern G9 wiederhaben“, sagt Werner Volmer, der den Kindern auch mit Blick auf seinen eigenen Sohn ein Jahr länger wünschen würde, „um richtig im Leben anzukommen“. Die Schulpflegschaften der Gymnasien stehen nicht komplett hinter der G9-Forderung. Für Ulrich Krugmann, Stadteltern-Vertreter für die Gymnasien, ist die Diskussion „kurzfristiges Wahlkampfgetöse“. Die Dortmunder Schulgemeinschaft sei zerrissen, so der studierte Politologe.

Den Spendenaufruf für das Volksbegehren findet er „unglücklich“: „Ich frage mich, ob das Geld nicht woanders dringender gebraucht wird.“ Für ihn gehe es gar nicht so sehr um Turbo-Abi oder nicht, sondern um optimale Lernbedingungen. „Wir sind offen für G9, erwarten aber eine profunde Diskussion über Rahmenbedingungen und Optimierungsmöglichkeiten.“ Eine Abfrage an den Gymnasien sei geplant, um ein aktuelles Stimmungsbild zeichnen zu können.

Lehrer: Rolle rückwärts zu G9 wäre eine Katastrophe

„Irgendwann muss die Diskussion auch mal abgeschlossen sein“, meint Werner Volmer. Ein Volksbegehren würde die Situation anheizen und das Verfahren unnötig in die Länge ziehen, glaubt der Elternvertreter. Die Diskussion werde missbraucht als Wahlkampfthema, „das hat Schule nicht verdient“. Besser solle das Geld in gute Bildung fließen und die Schulen sollten sich ihrer eigentlichen Aufgabe widmen.

Dieser Wunsch liegt auch Dr. Detlef von Elsenau nahe, dem Sprecher der Dortmunder Gymnasien. Er habe lange gegen G8 gekämpft, aber jetzt sei die Umstellung abgeschlossen, und die Ressourcen würden dringend für den Unterricht gebraucht. „Unter den Schulleitern ist die Stimmung einhellig: Wir würden es für eine Katastrophe halten, wenn wir jetzt wieder eine Rolle rückwärts machen müssten zu G9“, so Detlef von Elsenau.

Kein Platz vorhanden

Der Platz für einen weiteren Jahrgang sei zudem gar nicht mehr vorhanden. Und auch das Übergangsjahr ohne Abiturienten nicht unproblematisch. „Letztlich geht natürlich alles, die Frage aber ist, um welchen Preis.“ Schlimmstes Szenario wäre für den Schulleiter des Heinrich-Heine-Gymnasiums die freie Wahl zwischen G8 und G9. „Die Schüler würden daran gemessen. Wir bekämen ein Gymnasium für die Doofen und eines für die Schlauen.“

Und wie geht es nun weiter? Runder Tisch in Düsseldorf und Volksbegehren? Detlef von Elsenau: „Wir gucken mit schreckensweiten Augen auf das, was kommt.“

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— RN Dortmund (@RN_DORTMUND)

Die Umstellung Die Schulzeitverkürzung am Gymnasium („G8“ statt „G9“) wurde in Nordrhein-Westfalen 2004 politisch auf den Weg gebracht. Seit 2005 lief die Umstellung des Bildungsgangs am Gymnasium. Die Verkürzung erfolgte in der Sekundarstufe 1. Mit dem doppelten Abiturjahrgang 2013 war die Umstellung abgeschlossen.