Helen Dieckhöfer, Sarah Klinkhammer und Franziska Beschorner haben ihr Büro in einem Altbau auf dem Westfalendamm in Dortmund. Der äußere Charme des Altbaus ist erhalten geblieben, während innen kürzlich saniert wurde. Die drei Gründerinnen führen seit 2021 eine Steuerberatung mit heute siebenstelligem Umsatz und fünf Angestellten. Das Büro, das sich über drei Etagen zieht, haben sie erst vor wenigen Monaten bezogen.
Das Gebäude steht sinnbildlich für eine neue Generation von Steuerberaterinnen. Papier etwa ist fast schon ein Fremdwort für die drei, obwohl in vielen Steuerberatungen Aktenordner und massig Lagerplatz noch stärker zum Alltag gehören. Dieckhöfer, Klinkhammer und Beschorner eint, dass in ihrer Steuerberatung möglichst alles digital ablaufen soll. Auch das ist ein Kriterium, um überhaupt Kunde der Steuerberaterinnen werden zu können.
Vom Insider-Joke zum Instagram-Namen
Wie digital die drei denken, zeigt sich auch daran, dass sie noch vor der Gründung ihrer Beratung im Jahr 2021 einen Instagram-Kanal mit dem Namen „Wir lieben Steuern“ gegründet haben. Seit mittlerweile vier Jahren klären sie mit Videos, Bildern, bei Veranstaltungen, in Live-Formaten und neuerdings mit einem Buch „der gründer cheatcode“ 53.000 Follower über Steuern, Wirtschaftsbegriffe und Gründungen auf.
Dabei entstand der Name durch eine WhatsApp-Gruppe der drei Frauen. In dieser tauschten sie sich über das Thema aus. Das Profilbild der Gruppe war ein „I love taxes“, also „Ich liebe Steuern“ mit einem roten Herz in der Mitte, erzählt Sarah Klinkhammer: „Das war ein klassischer Insider und den fanden wir dann so gut, dass wir unseren Kanal einfach genauso genannt haben.“
Steuererklärung wie ein Zahnarztbesuch
Das Ziel der drei Gründerinnen ist nun „den Leuten die Angst vor den Steuern zu nehmen“, wie Klinkhammer sagt: „Für viele ist die Steuererklärung so schlimm wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt.“ Deshalb erklären Sie bei Instagram so über Steuern auf, dass sie jeder verstehen kann. „Dieses Wochenende, an dem man seine Steuererklärung macht, soll nicht mehr das schlimmste des Jahres sein“, sagt Helen Dieckhöfer.
Ein zweites Ziel der Frauen ist, dass sie Menschen dabei unterstützen wollen, selbst Unternehmen zu gründen. „Viele Menschen tun das nicht, weil sie Angst vor der Bürokratie haben“, sagt Franziska Beschorner. Diese Themen würden ihre Mandanten beschäftigen und daraus entstehen dann auch die Ideen für ihre Videos: „Häufig sind das eben steuerliche Themen, mit denen wir uns ohnehin gerade beschäftigen.“

Marketingtool für Steuerberatung
Ein positiver Effekt der Videos ist das Marketing, sagt Gründerin Klinkhammer: „Darüber werden Mandanten auch auf unsere Kanzlei aufmerksam. Das war nie der Hintergrundgedanke, aber darüber freuen wir uns natürlich“, sagt Beschorner. Das Geschäft mit Social Media läuft dabei über eine andere Gesellschaft als das der Steuerberatung. Profitabel ist das Geschäft bei Instagram allein aber nicht: „Die Umsätze, die wir damit machen, fangen den Aufwand nicht auf. Das kommt erst durch das Marketing für die Kanzlei.“
Mit einigen Videos haben die drei Gründerinnen, in denen nur Helen Dieckhöfer und Sarah Klinkhammer zu sehen sind, bereits hunderttausende Menschen erreicht. Auch ihr Buchabsatz läuft gut und landete bei den Amazon-Bestsellern in einigen Fachkategorien kurzzeitig auf Platz 1. Von außen wirkt der Erfolg der jungen Steuerberaterinnen wie ein einfaches Business.
Wachstum nicht um jeden Preis
Doch die drei Gründerinnen haben in ihren jeweiligen beruflichen Laufbahnen bereits viele kritische Momente erlebt. Helen Dieckhöfer war Agrarökonomin, arbeitete später für eine große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sarah Klinkhammer studierte erst Fahrzeugtechnik, bis sie auf ein duales Studium für Steuerrecht umschwenkte. Franziska Beschorner studierte Betriebswirtschaftslehre.
Dabei teilen sie eine grundlegende Erfahrung als Arbeitnehmerinnen: „Wir wurden oft wenig wertschätzend behandelt“, erzählen sie. Sie alle arbeiteten im Steuer- und Wirtschaftsprüfungsbereich, bevor sie 2021 ihr Unternehmen gründeten: „Keine von uns wollte mehr von den Entscheidungen eines Arbeitgebers abhängig sein.“ Heute beschäftigen sie selbst fünf Arbeitnehmer: „Wir wollen, dass sich bei uns alle wohlfühlen. Dafür verzichten wir auch auf Mandanten, wenn sie unsere Mitarbeiter schlecht behandeln.“