Schüler (11) wird geschlagen und gemobbt Jetzt zeigt seine Mutter die Schulleiterin an

Mutter von RSG-Schüler erstattet Anzeige gegen Schulleiterin
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Schon das zweite Schuljahr in Folge wird ein elfjähriger Schüler des Reinoldus-Schiller-Gymnasiums in Dortmund immer wieder während der Schulzeit geärgert und verprügelt. Seine Mutter sucht an vielen Stellen Hilfe und wandte sich im September auch an diese Redaktion, um öffentlich auf die für ihr Kind unerträgliche Situation aufmerksam zu machen.

Verbessert habe sich die Situation für ihren Sohn jedoch in der Zwischenzeit nicht, sondern sei in den letzten Wochen eher schlimmer geworden. „Der Wahnsinn geht leider weiter“, schreibt die Mutter hilfesuchend. Etwa zwei Wochen vor den Herbstferien sei der Elfjährige so hart angegangen worden , dass er eine Rippenprellung erlitt und bis zu den Ferien krankgeschrieben war.

Mutter vermisst Unterstützung

„Die Direktorin meinte, dass er keine Rippenprellung habe und dass das Krankenhaus das einfach nur so ausgestellt hätte. Solche Aussagen und Ausreden machen es uns nicht leichter“, bedauert seine Mutter. Zudem fühlt sich die Huckarderin nach wie vor von der Schule im Stich gelassen.

Denn bei ihrem Sohn bestehe der Verdacht auf Asperger-Autismus, der Junge braucht daher besondere Unterstützung. Seine Mutter kommuniziert mit verschiedenen Stellen, reicht Anträge ein. Aber: „Es gibt immer wieder Situationen, in denen die Schule bestimmte Unterlagen nicht ausfüllt oder nicht weiterleitet, oder es fehlt ständig etwas.“

Die Mutter des Elfjährigen aus Dortmund sitzt an einem Tisch, auf dem Aktenordner, ein Laptop und eine Lampe stehen.
Zwei Aktenordner und etliche Dokumente auf dem Laptop zeugen von dem Schriftverkehr mit den zuständigen Behörden. Neben der Betreung ihres Kindes ist die Mutter auch mit viel Bürokratie beschäftigt und fühlt sich auch hier von der Schule kaum unterstützt. © Julia Kowal

Auch nach den Ferien beruhigte sich die Situation nicht: Am zweiten Schultag habe ein Mitschüler den Elfjährigen getreten und ihn anschließend kräftig in den Nacken geschlagen. „Der Schlag überraschte meinen Sohn völlig, er hatte sofort starke Schmerzen“, erzählt seine Mutter. Noch Tage später war zudem ein großer Bluterguss am Gesäß zu sehen, der wohl von dem Tritt rührt.

Nur zwei Tage später habe derselbe Schüler den Elfjährigen mit dem Ellenbogen in den Rücken gestoßen. „Er rief mich unter Schmerzen von der Schultoilette aus an“, so die Mutter. Sie fuhr sofort zur Schule und rief auch die Polizei hinzu.

„Die Schulleiterin versicherte mir, dass mein Sohn unversehrt sei und keine Schmerzen habe – trotz seiner gegenteiligen Aussage“, beschreibt die Mutter. Sie nahm ihr Kind mit und brachte es zum Arzt. Erneut wurde der Junge für gut zwei Wochen krankgeschrieben.

Anzeige gegen Schulleiterin

Dass die Schulleiterin den Zustand ihres Jungen nicht richtig einschätzen konnte, veranlasste die Mutter dazu, Strafanzeige gegen sie zu stellen. „Die wiederholte Ignoranz der Beschwerden meines Sohnes seitens der Schulleitung stellt eine Verletzung der Aufsichtspflicht dar“, begründet die Mutter in der Anzeige, die der Redaktion vorliegt. „Darüber hinaus könnte die wiederholte Ablehnung der Beschwerden meines Sohnes als strafbare unterlassene Hilfeleistung bewertet werden.“

Die Schulleitung äußert sich nach wie vor nicht selbst zu der Situation. Auf die Fragen, wie sich die Situation aus Sicht der Schule darstellt und wie die Schule den Jungen und seine Mutter konkret unterstützt, antwortet die Bezirksregierung Arnsberg. Pressesprecher Christoph Söbbeler bleibt allerdings eher vage und verweist auf seine Antwort auf die erste Anfrage im September.

„Komplexe Situation“

Söbbeler betont: „Alle für den betroffenen Schüler verantwortlichen Stellen befassen sich – wie bisher auch – intensiv und umfassend mit der pädagogischen Begleitung der für die Familie sowie für die Schule komplexen Situation. Alle Problemsituationen werden an der Schule selbstverständlich sensibel wahrgenommen, begleitet und nachbereitet.“

Dem widerspricht die Mutter: „Mein Sohn wird von den Lehrkräften nicht geschützt. Es heißt immer, er habe die anderen Kinder provoziert, die Schläge und Tritte werden so gerechtfertigt.“

Ähnliches habe auch ein anderes Kind am RSG erlebt. Auf den ersten Artikel hin sei die Huckarderin von einer anderen Mutter angesprochen worden, deren Sohn ebenfalls ständig verprügelt worden sei. Die Schule habe auch diesen Jungen nicht ausreichend unterstützt. „Der Junge hat aufgrund dessen die Schule gewechselt“, gibt die Huckarderin das Gespräch wieder.

Mutter und Sohn vor dem Reinoldus-Schiller-Gymnasium in Dortmund.
Mutter und Sohn vor dem Reinoldus-Schiller-Gymnasium. Immer wieder wird der Junge während der Schulzeit verprügelt und geärgert. © Julia Kowal

Vergangene Woche fand immerhin ein zweiter runder Tisch statt: Der Elfjärhige, seine Mutter, die Schulleitung, die Klassenlehrerinnen des Jungen sowie Mitarbeiterinnen der Schulaufsicht und der Fachstelle „Individuelle Förderung“ setzten sich zusammen. „Dabei wurden Perspektiven für die weitere schulische Entwicklung des Schülers diskutiert und eine Begleitung für die Zukunft vereinbart“, schreibt Söbbeler.

„Das Gespräch war wirklich gut und konstruktiv“, bestätigt die Mutter. „Aber was nützt es uns, wenn nur aufgeschrieben wird, was mein Sohn braucht.“ Sie wünscht sich beispielsweise eine Schulbegleitung für ihren Jungen und auch einen Schulwechsel. „Das wurde für die Zukunft vereinbart, aber mein Sohn braucht das jetzt.“

Junge arbeitet Lernstoff nach

Das Jugendamt habe ihr wiederum mitgeteilt, dass dem Elfjährigen keine Schulbegleitung zugeteilt werde. „Als Begründung hieß es, dass seine Diagnose auf Asperger-Autismus noch nicht vollständig gesichert sei“, erzählt die Mutter.

Für den Jungen geht so wertvolle Zeit verloren. „In der Schule schafft er ohne Hilfe kaum einen ganzen Schultag“, sagt seine Mutter. Einmal in der Woche geht er deshalb zur „Chancenschule“ für Nachhilfeunterricht, um den verpassten Lernstoff nachzuarbeiten.

Familie wünscht sich Neuanfang

Auch zu Hause lernt der Schüler eifrig. „Für die Tests, die er in der Schule geschrieben hat, hat er gute Noten bekommen“, so die Mutter. Die Klassenarbeiten habe er jedoch aufgrund seiner Krankschreibungen verpasst und muss sie noch nachschreiben.

Ein Schulwechsel ist für die Mutter aber nach wie vor unausweichlich. Aufgrund der vielen Streitigkeiten ist ein harmonisches Miteinander - auch zwischen ihr und dem Kollegium der Schule - kaum mehr möglich. Sie hofft, dass sie gemeinsam mit der Bezirksregierung schnell eine passende Schule für ihren Sohn findet: „Wir wünschen uns eine Schule, die nicht feindselig ist und an der mein Sohn ohne Vorwürfe ganz neu anfangen kann.“