Sie öffnete den Brief und war erstmal entsetzt. „Das kann doch nicht wahr sein, habe ich mir gedacht.“ Gabriele Girlich ist eine von mehreren Hundert Betroffenen, die im Februar unerfreuliche Post vom Katholischen Krankenhaus Dortmund-West in Kirchlinde erhalten haben. In den am 5. Februar verschickten Briefen stand nämlich drin, dass das Bewegungsbad des Krankenhauses Mitte des Jahres dicht macht.
Für Betroffene wie Gabriele Girlich ein Schock. Für sie habe aber auch schnell festgestanden, „dass ich das nicht einfach so geschehen lasse. Das ist der Ort, an dem ich einmal in der Woche für 45 Minuten schmerzfrei sein kann“, erzählt die 65-Jährige. Die Gymnastik, die ihr vom Arzt verschrieben wurde, könne sie viel besser im Wasser durchführen. „Das Wasser ist warm, so circa 30 Grad“, erklärt sie. „Da kann sich die Muskulatur besser entspannen und ich kann mich halbwegs gut bewegen.“ Bislang noch kann sie immer mittwochs um 15.30 Uhr zur Wassergymnastik in die Kirchlinder Klinik gehen.
Für die Zeit nach Juli wird sie sich nach Alternativen umschauen müssen. Schon jetzt graust es ihr davor: „Ich war so froh, in diesen Kurs reingekommen zu sein vor eineinhalb Jahren“, sagt Gabriele Girlich. „Jetzt habe ich Angst, auf der Strecke zu bleiben.“ Die Wartelisten für die Teilnahme an anderen Kursen seien lang – „wenn man es überhaupt auf die Warteliste schafft“. Dass alle Betroffenen einen Platz finden, sei unwahrscheinlich. „Jetzt strömen ja Hunderte auf den Markt und suchen einen neuen Platz. Das wird nicht aufgehen“, prognostiziert sie.
Wichtiger Gesundheits-Baustein
Laut Kliniksprecher Dr. Holger Böhm wird das Bewegungsbad seitens des externen Dienstleisters „Thera Fit“ für stationäre Patienten (Orthopädische Rückenpatienten), Rehasport und Aquafitnesskurse genutzt sowie für Baby- und Kinderschwimmkurse. Die Schließung erklärt Böhm auf Anfrage vor allem mit den gestiegenen Energiekosten sowie den hohen Kosten für die Aufrechterhaltung der Wasserqualität. Geld für erforderliche Renovierungen und Investitionen sei auch nicht da.
„Wir wollen ja kein Luxusbecken“, sagt Gabriele Girlich. „Das Becken ist klein. Wenn zehn Leute drin sind, ist es schon echt voll. Und es ist auch nicht modern oder schick, sondern ein bisschen ömmelig da unten.“ Dennoch: Für sie hat das Becken seinen Zweck erfüllt. „Das hat außerdem auch etwas mit Sozialkontakten zu tun für die Leute.“
Gabriele Girlich hat den Eindruck, dass die Entscheidung, das Bad zu schließen, rein aus betriebswirtschaftlichen Gründen getroffen wurde. „Da wird an den Schwächsten gespart, an Leuten, die größtenteils mit ihren Krankheiten beschäftigt sind und sich auch nicht so gut wehren können.“ In ihrer Gruppe gebe es auch einige schwer kranke Teilnehmerinnen. „Denen nimmt man einen wichtigen Gesundheits-Baustein.“
Neben den Schmerzpatienten wie Gabriele Girlich, die die Kurse auf Basis einer ärztlichen Verordnung machen, gibt es auch Selbstzahler, die die Wassergymnastik zu Präventionszwecken machen. „Die Menschen werden ja nicht gesünder, wenn man ihnen die Möglichkeiten nimmt, sich zu bewegen.“ Nur unter dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung könne es nicht gehen, findet die Pensionärin aus Nette.

Beschwerdebrief ans Krankenhaus
In einem Brandbrief hat sie sich an den Standortleiter des Kirchlinder Krankenhauses, Axel Westermann, gewandt. Darin kritisiert sie die Begründung für die Schließung, wonach für den Weiterbetrieb des Bewegungsbades „leider die Mittel“ fehlen. Wenn das so ist, seien falsche Prioritäten gesetzt worden, findet Girlich – gerade mit Blick auf den 2022 fertiggestellten Neubau des Nordflügels für 26 Millionen Euro. „Es sollte nicht nur Geld für einen luxuriösen Neubau mit großzügiger Tiefgarage ausgegeben werden, sondern auch für wichtige Gesundheitsangebote vor Ort“, schreibt Gabriele Girlich an Westermann.
Nach Auskunft von Krankenhaus-Sprecher Holger Böhm stehe die Schließung des Bewegungsbades nicht im Zusammenhang mit dem Neubau des Bettenhauses. Dies sei eine „Investition in die Zukunft und dient mit dem Angebot einer modernen, zeitgemäßen Unterbringung dem Erhalt des Krankenhauses“. Die vom der Krankenhausgesellschaft St. Paulus ab Juli geplante Alternative „Trockengymnastik“ überzeugt sie nicht. „Das bring mir rein gar nichts“, sagt Gabriele Girlich. Sie sei bei den Übungen auf das Wasser angewiesen.
„Was nützt den Menschen eine Verordnung für Wassergymnastik,
wenn es bald keine Bäder mehr gibt, in denen die Wassergymnastik durchgeführt werden kann“, sagt sie. Sie appelliert an die Krankenhaus-Leitung, die Entscheidung zum Aus des Schwimmbeckens zu überdenken und zu revidieren. Der Dortmunderin geht es allein darum, ihren Rehasport weiterhin machen zu können. „Ich würde mir wünschen, dass man das Bad vielleicht mit so wenig Aufwand wie möglich noch weiterbetreibt. Damit wäre ich glücklich.“

Rochus-Schwester-Klinik in Dortmund schließt Bewegungsbad: Was heißt das für Castrop-Rauxel?
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien bereits am 16. Februar.