Ioannis Zekeridis (70) nippt genüsslich an seiner Tasse Kaffee. Der 70-Jährige befindet sich im wohlverdienten Ruhestand, nachdem er kürzlich nach 46 Jahren sein griechisches Restaurant „Mykonos“ in Dortmund-Hombruch für immer abschloss. Doch herumsitzen sei überhaupt nicht sein Ding, wie der gebürtige Grieche verrät. „Ich habe fast mein ganzes Leben lang gearbeitet. Jetzt fehlt es mir“, erklärt er lachend.
Treffpunkt unseres Gesprächs ist ein kleines Café in Hombruch. Dort wird schnell klar, dass ihn die Arbeit als Gastwirt offenbar sichtlich jung gehalten hat – der aufgeschlossene und stets lächelnde Ioannis Zekeridis macht einen dynamischen Eindruck. Flott trägt er auf einem Tablett zwei Tassen Kaffee an den Tisch, als würde er noch in seinem eigenen Restaurant herumwirbeln. „Wir können loslegen“, sagt er munter.
Detailliert und auch sichtlich emotional erzählt er, wie er schon als Kind in einer griechischen Taverne arbeitete, um seine Familie finanziell zu unterstützen. Früh verlor er seinen Vater. Den Großteil seines Lebens verbrachte er schließlich in seinem eigenen Restaurant an der Harkortstraße in Hombruch. Als er an den endgültigen Abschied von seinen langjährigen Kunden denkt, kullern ihm dann doch einige dicke Tränen über die gerade noch so fröhlich wirkenden Wangen. „Ich bereue nichts in meinem Leben. Es sollte alles so sein, wie es gekommen ist“, betont er mit fester Stimme und wischt sich die Tränen weg, die unter seiner Brille hervortreten.
„Schwere Jahre als Kind“
Die Arbeit prägte schon früh das Leben von Ioannis Zekeridis. Nein, sie war sein Leben. Bedingt durch den frühen Verlust seines Vaters, stand der heute 70-Jährige schon als Kind in der Küche, um Geld für die Familie dazuzuverdienen. „Als ich neun Jahre alt war, ist mein Vater gestorben“, berichtet er. „Mit zwölf bin ich dann aus meinem Heimatdorf zu meiner Tante nach Athen gekommen und habe in der Taverne Teller gewaschen und aufgeräumt. Einen Teil des Geldes habe ich dann zu meiner Mutter geschickt.“ In der Küche habe er zudem früh das Grillen gelernt. „Es hat mir immer Spaß gemacht und macht mir auch heute noch Spaß“, schmunzelt er.

Doch bei allem Spaß muss Ioannis Zekeridis auch an die düsteren Momente denken. „Es waren natürlich schwere Jahre als Kind“, unterstreicht er nachdenklich. „Von meiner Kindheit hatte ich nicht viel“, erinnert sich Zekeridis. „Andere Kinder haben draußen gespielt. Da war ich schon traurig, weil ich nicht mitspielen konnte.“
Als er mit 18 Jahren für die damaligen Verhältnisse etwas mehr Geld verdiente, holte er seine Schwester ebenfalls nach Athen. Die Mutter reiste unterdessen als Gastarbeiterin nach Deutschland, um dort zu arbeiten. Eine harte Probe für die Familie. Denn Ioannis Zekeridis hatte zu jener Zeit seinen Militärdienst in Griechenland vor der Brust. „Ich habe meiner Mutter dann immer gesagt: Hab nur etwas Geduld, dann sind wir irgendwann zusammen in Deutschland.“ Hoffnungsvolle Worte, die rund eineinhalb Jahre später Realität werden sollten.
Traum war eigenes Restaurant
In Dortmund feierte die Familie ein freudiges Wiedersehen. Weil Verwandte bereits hier lebten, zog es auch Zekeridis und dessen Familie in den Ruhrpott. „Hier habe ich dann meine Frau geheiratet, wir haben zwei Kinder bekommen und ich konnte bei einer Reinigungsfirma anfangen zu arbeiten. Das war zwar nicht mein Traum, aber ich musste etwas tun“, erinnert er sich detailliert an die Anfangszeit im fernen Deutschland. Insgeheim träumte Ioannis Zekeridis immer von einem eigenen griechischen Restaurant. „Das wollte ich immer machen“, lacht er und nimmt einen kräftigen Schluck aus seiner Kaffeetasse.
Als sich eine Möglichkeit an der Harkortstraße in Dortmund-Hombruch bot, schlug Zekeridis zu und mietete die Räumlichkeiten seines späteren Restaurants, das sein Leben prägen sollte. „Es fühlte sich bestens an“, grinst der 70-Jährige bei den Erinnerungen an den Start seines „Mykonos“. Am 17.10.1978, also fast genau vor 46 Jahren, gingen hier zum ersten Mal griechische Spezialitäten über den Tresen. Ioannis Zekeridis blickt voller Stolz auf die letzten fast fünf Jahrzehnte zurück, in denen er vielen Menschen im Dortmunder Süden ans Herz wuchs. „Meine Kunden haben damals ihre Kinder mitgebracht, die dann als Erwachsene wiederum mit ihren Kindern zu uns kamen. Viele sind wie Familie geworden.“
Tränenreiches Ende des „Mykonos“
Ende September ging es mit dem Mykonos dann nach 46 Jahren endgültig zu Ende. Ein herber Verlust für die vielen Stammkunden, die sich gar nicht trennen können von den Leckereien, die Ioannis Zekeridis über so viele Jahre für sie auf die Teller gezaubert hat. Der Abschied sei sehr emotional gewesen, erklärt Zekeridis, der in diesem Moment auch im Café die Tränen nicht mehr zurückhalten kann. „Die Kunden haben geweint und dann musste ich auch weinen“, schluchzt er kurz, ehe er wieder zu seinem Lächeln zurückkehrt. „Aber jetzt ist Schluss. Es geht einfach nicht mehr, ich habe Rheuma in der Hand“, erklärt er. Seinen treuen Gästen, mit denen er durch Höhen und Tiefen ging und auch die Pandemie-Zeit überstand, ist er zutiefst dankbar.

Hauptsächlich verbindet er positive Momente mit seiner Zeit als Gastwirt. Das große Aber: Fast immer musste er arbeiten, hatte wenig Zeit für Frau und Kinder. „Ich bin morgens um sieben Uhr schon ins Restaurant und war immer erst spätabends, teilweise nachts, zu Hause. Ich weiß gar nicht, wie sich Freizeit anfühlt.“ Zu viel sei es für ihn allerdings nie gewesen. Die Zeit für seine Familie will er nun aber nachholen und viel reisen. Das Kochen liebt er außerdem weiterhin. „Zuhause lasse ich meine Frau nicht in die Küche. Das ist meine Aufgabe“, lacht Zekeridis.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel ist ursprünglich am 17. Oktober 2024 erschienen. Wir veröffentlichen ihn an dieser Stelle erneut.