Feuerwerkskörper explodiert in Menschenmenge 25 Verletzte bei Familienfest 1997 in Dortmund

Feuerwerkskörper explodiert in Menschenmenge: 25 Verletzte bei Familienfest 1997
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Das Feuerwerk sollte der schöne Ausklang eines erfolgreichen Familienfestes im August 1997 im Westfalenpark in Dortmund sein. Stattdessen sorgte es für eine Katastrophe. Eine Feuerwerksbombe zündete nicht wie geplant, fiel herunter, landete auf der Tribüne mit den etwa 2000 Zuschauern und explodierte. Die Kleidung vieler Personen geriet in Flammen. Panik brach aus. Es wurden 25 Personen verletzt.

Ein Zeitungsartikel zum coop Familienfest in Dortmund vom 25. August 1997
Ein Tag vorher in der Tageszeitung vom 25. August 1997: Das Familienfest glich einem "Schlaraffenland". Noch niemand ahnte, welch tragische Nachricht am Folgetag auf der Titelseite stehen würde. © Archiv

Die sogenannte „japanische Verwandlungsbombe“ wurde gemeinsam mit einem baugleichen Sprengsatz abgefeuert. Während bei dem Zwilling alles reibungslos funktionierte, zündete bei dem anderen Sprengsatz lediglich der Treibsatz, aber nicht der Leuchtstoff. Dieser zündete beim Aufprall, etwa 130 Meter vom Abschusspunkt entfernt in der Menschenmenge. Wie die Feuerwerksbombe so weit vom Pfad abtreiben konnte, beschäftigte Experten viele Wochen. Um die Frage zu klären, reiste sogar ein Sachverständiger vom Bundesamt für Materialprüfung aus Berlin an.

Helfer verhinderten Panik

Von den 25 Verletzten wurden 16 Personen in ein Krankenhaus gebracht. Fünf waren am Folgetag noch stationär in der Klinik. Zwei hatten schwere Verbrennungen, sie erlitten Hautverbrennungen von fast 20 Prozent.

Zuvor reagierten Ersthelfer schnell und verhinderten rückblickend wohl Schlimmeres. Dabei waren die Helfer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und des Malteser-Hilfsdienstes bereits den ganzen Tag gut ausgelastet. Am heißen Sommertag kamen viele der insgesamt 60.000 Besucherinnen und Besucher zu ihnen, da sie Kreislaufprobleme in der Hitze bekamen.

Zeitungsartikel zum Feuerwerks-Unglück im Westfalenpark in Dortmund im Jahr 1997.
Verletzte und geschockte Besucher hielten sich in den Armen und wurden von Sanitätern betreut. © Archiv

„Durch die schnelle und konzentrierte Erstversorgung konnte Schlimmeres verhindert werden“, sagte der damalige Feuerwehrchef Klaus Schäfer Reporter Oliver Volmerich. Dabei hätten die Helfer zu dem Zeitpunkt eigentlich selbst nur noch das Feuerwerk vor dem verdienten Feierabend anschauen wollen. Stattdessen errichteten sie lediglich eine Viertelstunde nach dem Unglück eine Sammelstelle für die Verletzten. Behandelten die neun Personen, die nicht ins Krankenhaus mussten, ambulant und kümmerten sich um all jene, die einen Schock erlitten hatten.

Rätselraten und Schock

„Ich sah, dass eine Frau am Rücken brannte“, berichtete eine Augenzeugin, als sie einen Tag später zum Vorfall befragt wurde. „Wir sahen zwei Raketen hochsteigen, von denen eine in der Luft losging, die andere ging herunter und fiel in die Zuschauerreihen“, schilderte sie die Vorfälle, „dann gab es einen Knall und die Menge sprang auf und rannte auseinander.“

Ebenfalls geäußert hatte sich coop-Vorstand Klaus-Dieter Volke: „Alle Sicherheitsvorkehrungen wurden eingehalten“, betonte er nach dem tragischen Unglück. Auch Ernst Federle war ratlos, er war Geschäftsführer der mit dem Feuerwerk beauftragten Firma Nico aus Remscheid. Die Bombe hätte nie so weit entfernt einschlagen dürfen - selbst bei einer Fehlzündung, sagte er. Auch der Feuerwehrchef hielt das Verhalten des Sprengkörpers zunächst für unerklärlich.

Einen Präzedenzfall gab es zuvor nicht. Seit 1959 finden regelmäßig Feuerwerksvorstellungen im Westfalenpark statt. 1997 war das erste große Unglück und es sollte auch 28 weitere Jahre das einzige derart bleiben. Dennoch reagierte die Stadt: Das geplante Feuerwerk zum Abschluss der folgenden Bartholomäus-Kirmes in Lütgendortmund wurde wegen des Vorfalles abgesagt. Stattdessen spendete die Stadt für die Opfer vom Familienfest.

Gutachten: Glück im Unglück

Tage nach dem Unglück kam dann ein weiterer Schock. Laut Gutachten des Sachverständigen des Bundesamtes war es reines Glück, dass „nur“ 25 Personen verletzt wurden. „Der Feuerwerkskörper landete in einer Nische, seine Sprengkraft wurde nach oben und seitlich begrenzt“, sagte Gutachter Hilmar Andre.

Gutachter begutachten die Unglücksstelle im Westfalenpark in Dortmund.
Gutachter machten bei der Untersuchung der Einschlagstelle eine schockierende Entdeckung. © Archiv

Ohne diesen glücklichen Umstand wären die etwa 2500 Grad heißen Phosphorteilchen bis zu 100 Meter in alle Richtungen gespritzt. Die daraus entstehenden Phosphorverletzungen wären dramatisch gewesen. Verbrennungen durch roten Phosphor, wie er in Feuerwerkskörpern üblich ist, heilen nur schwer, und sind schwer zu löschen. Zusätzlich entsteht bei der Verbrennung Rauch, der zur ätzenden Phosphorsäure reagieren kann.

Artverwandt ist der Stoff mit dem deutlich gefährlicheren und giftigen weißen Phosphor, der teils als Waffe in Kriegsgebieten abgeworfen wird. Wegen der entstehenden Verletzungen ist der Einsatz völkerrechtlich nahezu komplett verboten. In Feuerwerk ist der Stoff strikt untersagt, in Schulen war er bis in die 1980er für Experimente zugelassen. Heute ist für beides nur noch die „harmlosere“ rote Variante zugelassen.

Spur führte nach Japan

Neben den möglichen Folgen, die durch Zufall abgewendet wurden, fand der Gutachter aber auch heraus, wie das Unglück überhaupt erst passieren konnte. Eine defekte Zündschnur und eine Gewichtsverlagerung in der Feuerwerkskugel sollen dafür gesorgt haben, dass sie nicht gerade in die Luft flog und später explodierte.

Der Veranstalter selbst habe demnach keine Fehler gemacht. Stattdessen führte die Spur nach Japan, zum Hersteller der Feuerwerkskörper. Als Folge des Unglücks haben aber die Firma Nico wie auch die Stadt Dortmund das Feuerwerk der japanischen Firma aus dem Sortiment genommen.