Wer ist die „unbekannte Polin“ in Eichlinghofen? Hans-Hermann Janssen möchte Toten Namen geben

Hans-Hermann Janssen will auch den unbekannten Toten einen Namen geben
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Jedes Jahr findet zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag in Deutschland der Volkstrauertag statt. Im ganzen Land gibt es auch an diesem Sonntag (19.11.) verschiedene Gedenkveranstaltungen auf Friedhöfen oder an Gedenkorten. Auch eine Zeremonie im Deutschen Bundestag erinnert an die Opfer von Gewalt und Krieg aller Nationen auf der Welt.

Diese zentrale Gedenkstunde zum Volkstrauertag im Bundestag, die an die Opfer des Zweiten Weltkriegs und des Angriffskriegs gegen die Ukraine erinnert, wird am Sonntag live im Fernsehen übertragen (13.30 Uhr, ARD).

Für Hans-Hermann Janssen aus Eichlinghofen hat der Volkstrauertag eine ganz besondere Bedeutung, weshalb er uns zur evangelischen Kirche „St. Margareta“ nach Eichlinghofen einlädt. Die beeindruckende, alte Kirche stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert und versprüht eine gewisse Aura. Hier befinden sich zahlreiche, teils uralte Orte des Gedenkens. Hans-Hermann Janssen ist es dabei wichtig, auch an diejenigen Opfer von Kriegen zu denken, die der Nachwelt namentlich nicht bekannt sind.

Erhaltenes Relief

„Gerade in Zeiten von Krieg sollte man darüber nachdenken. Es geht mir nicht um Verherrlichung, aber man sollte an alle diese Menschen erinnern, auch an die, deren Name nicht bekannt ist“, erklärt Janssen direkt zu Beginn unseres Gesprächs mit ruhiger Stimme.

Janssen stammt ursprünglich aus einem kleinen Ort in Norddeutschland. Die Familie seiner Mutter kommt aus Dortmund-Eichlinghofen, weshalb es auch ihn irgendwann in den Dortmunder Süden zog. Er ist hier fest verwurzelt und schon lange eng verbunden mit der Gemeinde. Das Miteinander liegt ihm sehr am Herzen.

Hans-Hermann Janssen, Kirche St. Margareta, Dortmund-Eichlinghofen
Hans-Hermann Janssen führt uns in die Eichlinghofer Kirche St. Margareta. Im Inneren befinden sich alte Gedenktafeln und Reliefs. © Staab

Während er uns in die zu diesem Zeitpunkt menschenleere Kirche „St. Margareta“ führt, deutet Janssen auf die sichtbar alten Gedenktafeln im Inneren des Gebetshauses. „Hier haben wir ein Relief für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs“, sagt er, während er Richtung Wand zeigt.

Nur wenige Meter neben dem Altar befindet sich das Relief. Auf dem Weg zum Ausgang zeigt uns Janssen ein weiteres Stück, auf das die Gemeinde stolz ist. Denn in der Eichlinghofer Kirche befindet sich eine der wenigen erhaltenen Gedenktafeln für die in den Befreiungskriegen (1813-1815) gestorbenen Soldaten. Immer wieder hält Janssen kurz inne während des Gesprächs.

Alte Kriegsgräber

Er hofft, dass die Gedenktafeln irgendwie erhalten bleiben. „Für die Restauration gibt es zwar Geld vom LWL, die Kirche muss sich aber selbst auch beteiligen“, sagt er.

Anschließend nimmt er uns mit auf den alten Eichlinghofer Friedhof von 1840. Direkt neben einem großen Stein, der an die Opfer des Ersten Weltkriegs erinnert, befinden sich gleich mehrere alte Kriegsgräber. Auf den meisten von ihnen stehen die Namen der Toten. Auf einem jedoch steht lediglich: „Unbekannte Polin - 1945“. Vor dem dunkelgrauen Stein sammelt sich bereits das braune Herbstlaub.

Hans-Hermann Janssen, Relief, Dortmund-Eichlinghofen
Ein Relief in der Kirche erinnert an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. © Staab

„Das sind alles Gräber von Gefallenen aus den letzten Tagen“, erklärt Janssen, den jedoch speziell das Grab der „unbekannten Polin“ nicht loslässt. „Ich habe versucht, etwas über sie herauszubekommen, habe im Stadtarchiv gesucht, beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. recherchiert, die Kirchenbücher durchgeschaut. Dort sind alle Amtshandlungen notiert, dort müsste eigentlich etwas vermerkt sein, ist es aber leider nicht.“

„Es ist ein dunkles Thema“

Liebend gerne würde Janssen den Namen der Frau herausfinden. „Ich weiß aber nicht mehr, wo ich noch suchen soll“, erklärt er mit bedrückter Miene. Er vermutet, dass es sich um eine Zwangsarbeiterin oder deren Tochter gehandelt hat. Aus den Kirchenbüchern gehe hervor, dass im Februar 1945, also kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, eine Zwangsarbeiterin in Eichlinghofen gestorben sei.

„Es ist ein dunkles Thema“, sagt er abschließend und ergänzt noch: „Jeder Mensch hat einen Namen verdient. Mich würde es traurig machen, wenn es jemand aus meiner Familie wäre und der Name auf ewig unbekannt bliebe.“ Hans-Hermann Janssen gibt nicht auf. Und vielleicht findet er irgendwann heraus, wer die „unbekannte Polin“ wirklich war.

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