© Verena Hasken (Illustration)

Kolumne: Klare Kante

„Dortmund, Du hast ein Rad an der Laterne“

Radfahren in Dortmund sei einfach nur frustrierend, meint unsere Autorin. Doch bei ihr sorgt nicht nur das Fahren, sondern auch das Abstellen häufig für Unmut. Sie hat einen Lösungsansatz.

Dortmund

, 01.10.2018 / Lesedauer: 4 min

Radfahrer haben es in Dortmund nicht leicht. Obwohl, warten Sie. Radschieber auch nicht. Und Radabsteller schon gar nicht.

Aber lassen Sie mich kurz noch zu Ersterem berichten, dass für mich kaum ein Arbeitstag beginnt, an dem ich nicht gen Himmel schaue und mich bedanke, dass ich noch lebe. Auf meinem Sieben-Minuten-Radweg, der mich über die Kreuzung am Ostwall, die Viktoriastraße und den Hansaplatz zur Redaktion führt, passieren ständig Dinge, die mich mindestens schwere Knochenbrüche kosten könnten.

Da sind Autofahrer, die bei Rot noch Dunkelgrün sehen und Rechtsabbieger mit offenbar steifem Nacken. Da fliegen unerwartet Türen parkender Autos auf, die mich zur Vollbremsung zwingen – ebenso wie Fußgänger, die plötzlich auf die Fahrbahn treten, ohne sich vorher umzuschauen – gerne mit Smartphone in der Hand oder Stöpseln in den Ohren.

Samstags quellen die Radständer über

Aber: Darum soll es hier nicht gehen. Denn mein Frust erreicht oft dann seinen Gipfel, wenn ich vom Sattel steige. Und einen Stellplatz suche. Nicht, wenn ich wochentags in die Redaktion muss – da gibt es Fahrradständer –, aber dann, wenn ich auf dem Wochenmarkt oder in der City einkaufen möchte. Ganz schlimm ist es am Samstag.

Sobald es nicht regnet, bin ich nämlich nicht die Einzige, die gern das Rad nimmt. Das finde ich ja großartig, aber die Fahrradständer quellen über. Jeder Laternenmast, jedes Geländer, jeder Baumzaun liegt in Ketten. In Kettenschlössern. „Schön“ zu sehen in der Brauhausstraße – kein Radständer – oder am Platz von Hiroshima – nur neun Radständer.

Christin Mols (33) ist Redakteurin in der Stadtredaktion und lebt seit 2004 in Dortmund. Sie hat zwar auch ein Auto, in der Innenstadt nimmt sie aber nur das Rad. © Tilman Abegg

Die Stadt argumentiert zwar, dass es in wenigen hundert Metern Entfernung weitere Abstellmöglichkeiten gibt, so zum Beispiel auf der südlichen Hansastraße oder der Kampstraße. Aber die Bedeutung des Wortes „Entfernung“ ist groß. „Die Entscheidung, ob man das Rad nimmt, hängt auch ganz entscheidend davon ab, ob man das Fahrrad nah und sicher abstellen kann“, sagt Werner Blanke, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Dortmund, kurz ADFC. Auch er bemängelt zu wenige Radstellplätze: „Wir brauchen mehr in der Nähe der Geschäfte.“ Mein Reden!

Mehr Radständer vor den Geschäften wünschenswert

Lobenswert finde ich, dass Geschäfte wie die Mayersche Buchhandlung oder Rossmann eigene Radständer aufstellen. Aber es sind eben nur zwei Läden unter vielen am Westen- und Ostenhellweg. Dass die Radständer genutzt würden, sieht man daran, dass beispielsweise vor C&A immer wieder Räder an ein Spielgerät angeschlossen werden, das dadurch unbrauchbar wird.

Entscheidet man sich – unter schlechtem Gewissen – dafür, sein Rad doch mal abzustellen, ohne es irgendwo dran zu schließen, also nur so in sich – könnte übrigens auch Ärger drohen. Ist mir kürzlich erst passiert. Ich hatte mein Rad seitlich vom Eingang eines Modegeschäfts vor – nicht an – das Schaufenster gestellt und wurde beim Verlassen des Ladens vom Security-Mitarbeiter in einem bestimmten Ton darauf hingewiesen, dass mein Rad dort künftig bitte nichts mehr zu suchen hat.

„Gut, komm’ ich halt nicht mehr hier einkaufen“, dachte ich mir trotzig, entschied mich aber ein paar Tage später, bei der Geschäftsleitung einfach mal nach dem Grund zu fragen. Es nehme einfach zu, dass vor dem Eingang Räder stünden, die gegen die Scheibe fallen oder von Kunden umgerannt würden, die sich verletzen könnten, bekam ich als Antwort. Verständlich.

Eigene Radständer könnten eine Lösung sein. Ich habe mich mal bei der Stadt erkundigt: Gegen mobile Radständer, die abends wieder in das Geschäft getragen werden können, spricht ihrerseits nichts.

Überdachte Radparkplätze sollten kostenlos sein

Aber auch die Stadt muss viel mehr tun! Wenn man sieht, dass es im Fußgängerbereich der Kleppingstraße – mit schönen Geschäften und Restaurants – gerade mal sechs Bügel für Räder gibt, kommt man schnell zu dem Schluss, dass da mehr geht.

Ich fordere nicht nur mehr Abstellplätze, ich wünsche mir auch Überdachungen, die mein Rad vor Regen schützen. Der ADFC setzt sich für eine Radstation in der City ein, wie es sie auch am Hauptbahnhof gibt. Gut 300 Räder können dort für einen Tagesticketpreis von je einem Euro unterkommen. Die Auslastung sei gut, berichten Mitarbeiter. Ich habe den Service selbst schon oft genutzt. Aber für eine Wochenmarkt-Runde würde ich keine Radparkgebühr bezahlen.

Damit Dortmund mehr in die Pedale tritt, und ich denke, das ist im Interesse der Stadt, sollte Fahrradparken generell kostenlos sein. In Holland klappt das auch. Zuletzt bewunderte ich in Alkmaar eine Fahrradgarage for free. Neid kam auf.

Ach, Dortmund, ich mag dich ja, aber als Radfahrerin habe ich leider das Gefühl: Das beruht nicht auf Gegenseitigkeit.

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