Den 14.4.2023 bezeichnet Ruud van Laar als einen „Meilenstein in einem rummeligen Leben“.
Dass er an diesem Tag seinen 80. Geburtstag feiern darf, bedeutet ihm viel. Nach eigenen Worten mindestens genauso viel wie seinen 38. Geburtstag - den Tag, an dem er mit dem Trinken und Rauchen aufgehört habe.
Deshalb feiert Ruud van Laar, so wie er es am besten kann: Mit einer großen Party im Café Durchblick am Westfalenpark, bei der er selbst auflegt. Seit 1967 ist der „Disk-Jockey“ seine Rolle. Er dürfte damit einer der erfahrensten DJs Dortmunds und weit darüber hinaus sein.
„Aufräumarbeiten“
Zum Interview wenige Tage vor dem Geburtstag kommt der gebürtige Niederländer im braunen Cord-Sakko und Turnschuhen, einen grünen Schal lässig umgehängt.
Er befinde sich in „Aufräumarbeiten“ in dieser Phase seines Lebens, sagt er. „Dazu gehören all die Dinge, die mir misslungen und gelungen sind.“
Er ist glücklich über seine große Familie mit sechs Kindern, einem Enkel und einem Urenkel. Und er geht zugleich offen damit um, dass Scheitern und Neuanfänge immer Teil seines Lebens waren.
Viele Etappen in der ereignisreichen Geschichte des Dortmunder Nachtlebens sind mit der Biografie des gebürtigen Niederländers verknüpft.
Dortmunds wildester Club
Er war dabei, als in Dortmund Ende der 1960er-/ Anfang der 1970er-Jahre so etwas wie eine Disko-Szene im modernen Sinne überhaupt erst entstand.
1970 eröffnete er mit dem „Fantasio“ in der Hippie-Hochphase Dortmunds wildesten Club. Später war er auch am Geschehen in Läden wie dem „Jara“ und vielen anderen beteiligt.
„Ich war immer auf der Suche. Den Traum, noch einmal einen eigenen Laden zu machen, habe ich mittlerweile aufgeben“, sagt Ruud van Laar. „Aber auch erst vor Kurzem.“
Zum „Aufräumen“ in dieser Lebensphase gehört deshalb auch, dass er ein Lager mit potenziellem Club-Mobiliar aufgelöst hat, das er über Jahre gepflegt hatte. Falls es doch noch irgendwie klappt.
Er ist heute immer noch jemand, mit dem man engagiert über die Lage der Nachtkultur und Veranstaltungsformate debattieren kann.
Im Gespräch wird außerdem deutlich, dass er mit einer Sache ganz bestimmt nicht aufhören wird, solange er körperlich dazu in der Lage ist: mit dem Auflegen.

Aus dem aktiven Nachtleben mit wöchentlichen Auftritten hat er sich schon lange zurückgezogen. Rund 60.000 Arbeitsstunden hat er nach eigener Einschätzung mit „Tanzvergnügen“ verbracht. Die Zeit, für in der Prä-Internet-Ära die richtige Playlist vorzubereiten, ist da noch nicht eingerechnet.
„Keine einzige Stunde davon war verschenkte Zeit“, sagt er.
Er hat es in den vergangenen Jahren immer wieder geschafft, einen Kern von mehreren Hundert Menschen für seine Partys an verschiedenen Standorten in Dortmund und im Ruhrgebiet zu aktivieren.

Hier tanzt die etwas ältere Generation, bevorzugt zu Soul und Funk, aber auch zu geschmackvollem Pop und Alternative. Kein Ort für Jugendkult, aber einer, in dem dieselbe Leidenschaft wirkt, wie bei unter 20-Jährigen in einem Techno-Club.
Entspannte Gesichter
„Das ist mein Lebenselixier. Es gibt keine Worte, die missverstanden werden, sondern ich mache die Musik an. Wer sich angesprochen fühlt, der bleibt und lächelt mich an.“ In diese entspannten Gesichter zu blicken, besitze eine „Energie, die unvergleichbar ist“.
500 Besucher erwartet
Die Geburtstagsparty, zu der van Laar mindestens 500 Besucherinnen und Besucher erwartet, ist keine Abschiedsparty des dann 80-Jährigen.
Er berichtet von Plänen für ein regelmäßiges Format im Bürgerhaus in Dorstfeld. Dieses befindet sich nur wenige Hundert Meter von dem Ort entfernt, an dem er als ungelernter Hilfsarbeiter aus Utrecht 1967 zum ersten Mal Musik aufgelegt hat. Und eine Bestimmung für sein Leben gefunden hat.
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