DJ Diegos echter Name könnte für seinen Berufsstand nicht passender sein: Kürzt man die Initialen seines bürgerlichen Namens Diego Janke ab, kommt was heraus? Genau - DJ. Was hätte der Dortmunder also anderes werden können? Anscheinend wurde ihm die Liebe zu seinem Beruf also in die Wiege gelegt. Diego brennt für die Arbeit hinter dem Mischpult.
Er hat ein paar der größten deutschen Schlagerstars nach Dortmund geholt, unzählige Nächte durchgefeiert, Paare zusammengebracht, dabei selbst die Liebe gefunden - und wieder verloren. Er hat dabei zugesehen, wie das Nachtleben einige zugrunde gerichtet hat und anderen die Lebensfreude wiedergegeben hat.

Deutscher DJ-Meister
Seit 1981 ist Diegos Leben im Grunde eine einzige Party. Privat geht der 63-Jährige so gut wie nie feiern, weil er am Wochenende fast immer am Mischpult steht. Angefangen hat alles mit einem kleinen DJ-Wettbewerb in der Tanzschule Mennigmann in Brackel. „Meine Kumpels haben mich dazu angestiftet hinzugehen, weil sie meinten, ich rede immer so gerne und viel“, sagt er schmunzelnd.
Der damals 19-Jährige gewann den Wettbewerb. Seinen ersten Gig landete er im Power Pub, damals ein englischer Pub in Wambel. Danach ging es schnell bergauf. Der Dortmunder tourte durch mehrere deutsche Städte und durch Spanien. 1983 wurde er Deutscher DJ-Meister. Nun ist er mit 44 Jahren hinterm Mischpult ein Urgestein des Dortmunder Nachtlebens.

Diego steht gerne im Rampenlicht. Er liebt es, unter Menschen zu sein, immer mittendrin, immer im Zentrum der guten Laune. „Die Menschen feiern mich, sie feiern die Musik. Als DJ bist du da oben der Gott.“ Wenn er weiß, dass er die Menschen ihre Sorgen für eine Nacht vergessen lassen hat, geht er mit einem breiten Lächeln nach Hause, das bis zum nächsten Tag nicht verschwunden ist.
„Die Menschen brauchen diese Pause vom Alltag. Selbst wenn es ihnen eigentlich schlecht geht, spüren sie wenigstens an einem Abend wieder echte Freude. Mit diesem Gedanken gehe ich nach Hause. Dieses Gefühl beflügelt mich, dafür lebe ich.“
Jürgen Drews in Brackel
2004 übernahm die Party-Ikone die „Alte Post“ in Brackel und machte aus dem Lokal, das Jahrzehnte lang in Restaurant gewesen war, eine Event-Location. In einen Stadtteil, der heute nicht gerade als Party-Hotspot bekannt ist, holte Diego ein paar der größten Schlagerstars, die Deutschland zu bieten hat: Jürgen Drews, Mickie Krause, Michael Wendler, die Hot Banditoz.
„Jürgen Drews ist ein ganz normaler und bodenständiger Mensch. Der brauchte kein Schickimicki, nur eine Bühne und ein Wasser.“ Mit Mickie Krause sei es ähnlich gewesen. „Beide sind sehr Fan-nah und haben sich Mühe gegeben, alle Songwünsche zu erfüllen.“ Michael Wendler bezeichnet er dagegen als „Selbstdarsteller mit Star-Allüren.“
2008 verabschiedete sich der Dortmunder von der „Alten Post“, allerdings nicht vom Dortmunder Nordosten. 2022 führte er für knappe anderthalb Jahre die Event-Location im Kleingartenverein am Nußbaumweg in Wambel, stellte Live-Bands auf die Bühne, veranstaltete Fußballabende und Partys. Zuvor verbrachte er einige wilde Jahre am liebsten Urlaubsort der Deutschen.
Dauerstress auf Mallorca
2008 zog es den Dortmunder nämlich nach Mallorca. In der Party-Hochburg lebte Diego zwei Jahre lang. „Eine wunderschöne Insel“, sagt der 63-Jährige und meint damit vor allem die romantischen kleinen Ortschaften weit weg von der Partymeile. Die kennt Diego nur zu gut.
Damals legte er auch in Riesen-Clubs wie dem Megapark auf. Allerdings hielt er nur eine Saison durch, denn „es war super anstrengend. Ich musste 200 Tage am Stück arbeiten, ohne einen freien Tag dazwischen.“ Nicht nur der Dauerstress zehrte an Diego. „Es war immer das Gleiche. Aufwachen, essen, arbeiten, feiern, schlafen, aufstehen, essen, arbeiten - und so weiter.“

Heute lässt er sich nur noch selten für Gigs auf Mallorca buchen. Das habe auch damit zu tun, wie die Szene sich auf der Insel geändert habe. Als Diego 1997 das erste Mal vertretungsweise auf der Insel arbeitete, traten noch Künstler wie Roberto Blanco und Rex Gildo auf. „Es war sehr gesittet und gesellig“, beschreibt er die damalige Partyszene. Zwar sei auch gefeiert und getrunken worden, allerdings nicht in dem Ausmaß wie heute:
„Heute ist das teilweise extrem. Das hat nichts mehr mit normalem Feiern zu tun. Die Leute trinken so viel, dass sie umfallen und der nächste lässt ihn liegen und steigt einfach drüber.“ Er geht davon aus, dass auch etwa 70 bis 75 Prozent der DJs auf Mallorca alkoholkrank sind. „Die arbeiten auf Saison. Da bist du acht Stunden nur mit Besoffenen zusammen. Viele halten das ohne Alkohol und Drogen nicht aus.“
Daran sei so mancher zugrunde gegangen. Er selbst trinke in Maßen Alkohol und lasse die Finger von Zigaretten und Drogen.
Hit-Garanten und Rausschmeißer
Nicht nur habe der Beruf seine Schattenseiten, auch bringe nicht jeder die richtigen Fähigkeiten mit. Nach 44 Jahren hinterm Mischpult weiß Diego, worauf es in seinem Beruf ankommt. „Ein guter DJ weiß nicht, was am Abend passiert. Er hat sein Repertoire im Kopf, beobachtet das Publikum und reagiert spontan. Mit vorgefertigten Playlists kannst du nur verlieren.“

Man müsse die Stimmung richtig lesen können, sich in das Publikum hineinfühlen. Nur auf „play“ zu drücken, reiche nicht. „Ein DJ muss mit dem Mikro arbeiten können, sprachgewandt sein, entertainen und durch den Abend moderieren können.“
Gibt‘s einen Party-Garanten, der alle Leute auf die Tanzfläche zuverlässig lockt? „‚Played-A-Live‘ von Safri Duo“, sagt Diego sofort, „und danach ‚Sing Hallelujah‘ von Dr. Alban“. Und der Rausschmeißer? „‚Gute Nacht, Freunde‘ von Inga und Wolf, ‚Thank You For The Music‘ von ABBA. Oder ,Angel‘ von Robbie Williams, da liegen sich alle in den Armen.“
Diego und die Frauen
Dass jemand lieber in seinen Armen liegen würde, komme natürlich auch vor. Als DJ werde er von vielen Partygästen angeschmachtet. „Das war am Anfang schon toll, wenn die Frauen auf mich gestanden haben“, gibt er mit einem verschmitzten Lächeln zu.
Heute gehe er mit seinem weiblichen Publikum anders um, „reifer“, wie er sagt. Mehr als ein gemeinsames Foto und ein Autogramm sei nicht drin. Ob er doch ein paar Mal schwach geworden ist? „Na klar“, sagt der Dortmunder augenzwinkernd. Schließlich hat er sowohl seine jetzige Ehefrau, als auch seine beiden Ex-Frauen auf Partys kennengelernt.

Das Geheimnis einer guten Ehe hat er erst im dritten Anlauf gelüftet. Mit seiner jetzigen Frau ist er seit 13 Jahren glücklich. Kennengelernt haben sie sich auf einer Party, bei der niemand geringeres als DSDS-Legende Menderes auftrat. Den hatte der Vollzeit-DJ 2012 für eine Veranstaltung in Brackel gebucht. Den ganzen Abend habe ihn seine Frau angehimmelt. „Ich dachte, das kann gar nicht sein, dass so eine tolle Frau mich mit ihren Blicken meinen kann“, schwärmt Diego. Nach dem Auftritt von Menderes gab sie ihm ihre Nummer.

Als DJ eine Ehe aufrechtzuerhalten, sei schwierig. Seine Frau müsse schon manchmal zurückstecken, schließlich seien private Veranstaltungen am Wochenende kaum drin. Eifersucht spiele ebenfalls eine Rolle. „Gerade als sie am Anfang zu meinen Partys mitgekommen ist, war es für sie schlimm“, sagt der 63-Jährige.
Nach einem langen Lernprozess für beide sei die Lage heute entspannter. Das wichtigste sei, Beruf und Privatleben klar zu trennen. Seine Frau komme nur noch selten mit Diego zu seinen Partys, „ich gehe ja schließlich auch nicht zu ihrer Arbeit.“ Dafür geht es etwa zehnmal im Jahr zu zweit zum Ausspannen nach Mallorca, weit weg vom Ballermann natürlich.
Diego spielt Amor
Diego und Melanie sind nur eins von vielen Paaren, das auf der Tanzfläche zusammengekommen ist. Dass sich in Dortmund Liebende für eine Nacht oder für ein ganzes Leben beim Feiern gefunden haben, geht zum Teil sicher auf Diegos Konto. Immerhin hat er für die richtige Stimmung gesorgt.
Unzählige erste Küsse hat er vom Mischpult aus beobachtet. „Ich sehe immer schon die Blicke, die zwischen Leuten hin und her gehen und weiß genau, wenn einer sich aufmacht, jemanden anzuflirten“, sagt Diego lachend. Er versucht dann manchmal, mit der richtigen Musik nachzuhelfen.
Den Abend so ein bisschen steuern zu können, dafür zu sorgen, dass alle Spaß haben und mit einem guten Gefühl nach Hause gehen - „diese Dinge machen meinen Job zum besten auf der Welt.“ Den will Diego noch bis 2031 weiter machen. Dann feiert er 50. Jubiläum am DJ-Pult.
Dieser Artikel erschien ursprünglich am 1. März 2025.