Prof. Dr. Dominik Schneider ist Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Dortmund und Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. © Screenshot
Schulschließungen
Direktor der Kinderklinik kritisiert Einschränkungen zu Lasten von Kindern
Schulen sind immer wieder ein Brennpunkt der Corona-Debatte. Zu unrecht, wie der Direktor der Dortmunder Kinderklinik findet. Die Prioritäten seien falsch gesetzt.
Sollten Schulen grundsätzlich längerfristig geschlossen werden um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren oder schaden Schulschließungen vor allem Kindern? Diese Frage ist eine der kontroversesten in der Corona-Debatte und wird seit vielen Monaten diskutiert. Auch unser Redakteur Björn Althoff hat sich in einem Kommentar für Schulschließungen ausgesprochen. Der Direktor der Dortmunder Kinderklinik, Prof. Dr. Dominik Schneider, widerspricht ihm.
Kinder spielten bei der Verbreitung des Coronavirus eine nachgeordnete Rolle, so der Kinder- und Jugendarzt. Das gelte auch für die britische Mutante B.1.1.7, die für schwerere Verläufe der Krankheit Covid-19 bei jüngeren Menschen sorgen kann. „Es ist schlichtweg falsch, dass die neue dritte Welle ausschließlich durch Kinder und Jugendliche vorangetrieben wird.“
Daten zeigten, dass Infektionen bei Kindern der eigentlichen Infektionswelle zeitlich immer ein bisschen hinterherhängen. Bei ihnen seien außerdem schwere Verläufe nach wie vor extrem selten. Das zeigen laut dem Klinikdirektor auch Gespräche mit Kollegen aus anderen großen Krankenhäusern.
Erwachsene stecken häufiger Kinder an, als anders herum
„Natürlich sind Kinder keine Einhörner, die keine anderen Menschen anstecken können“, betont Prof. Dominik Schneider. „Auch Kinder können Erwachsene anstecken. Man muss aber sagen, dass es viel häufiger umgekehrt ist.“
Die meisten Erwachsenen steckten sich zudem bei anderen Erwachsenen an. „Gelegenheiten hierfür sind immer noch zu vielfältig: offene Geschäfte, fehlende Home-Office Pflicht und so weiter.“
Für Schulen mit Präsenzunterricht nennt Dominik Schneider Zahlen zum Ansteckungsrisiko: „Wenn ein Kind in einer Klasse positiv getestet ist, ist das Risiko, dass benachbart sitzende Kinder auch eine Infektion erlangen, im niedrigen einstelligen Prozentbereich, für Lehrer im Bereich ein Prozent oder weniger.“
Folgen für die Entwicklung
Auch die Fokussierung der Debatte auf Schulschließungen kritisiert der Kinder- und Jugendmediziner. „Wir wissen, dass Schulschließungen, für sich genommen, einen geringen Schutzeffekt für die Gesellschaft haben. Sie wirken nur in einem Verbund mit anderen Maßnahmen.“
Gleichzeitig gebe es negative Folgen von Schulschließungen. Das Fehlen der Schule als sozialer Kontext könne Folgen für die Entwicklung haben. Und auch bei der Wissensvermittlung sieht Dominik Schneider Probleme. „Die betreffen vor allem die jungen Kinder, die bildungsfernen Kinder und die Kinder, die nicht primär Deutsch in der Familie sprechen.“
Einschränkungen zu Lasten der Kinder
Dass aktuell schärfere Infektionsschutz-Maßnahmen nötig sind, daran zweifelt Prof. Dominik Schneider nicht. „Die Situation ist so, dass wir einen gesamtgesellschaftlichen Kraftakt brauchen. Und der wird aus einem Lockdown bestehen. Aber auch in einem Lockdown müssen wir Prioritäten setzen.“
Einschränkungen seien asymmetrisch verteilt - zu Lasten der Kinder. „Wenn ich die Diskussion mitbekomme, dass auf der einen Seite über eine Lockerung der Ausgangsbeschränkungen abends geredet wird und auf der anderen Seite eine Erschwernis des Präsenzunterrichts steht, dann sind die Prioritäten aus meiner Sicht als Kinder- und Jugendarzt eindeutig falsch gesetzt.“
Kindern würden mit politischen Entscheidungen, individuellem Handeln und dem „Ausreizen jedes Lockdown-Schlupflochs“ gerade viele Schulden aufgelastet. Teilweise auch wegen Versäumnissen an anderen Stellen wie der Ausstattung von Schulen und der Umsetzung von Hygienekonzepten.
Das gesamte Interview mit Prof. Dominik Schneider sehen Sie unter RN.de/schneider
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