Patrick Schillgalies ist Chicos neuer Manager „Ich habe Vollmachten über alle Konten“

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Er fällt kaum auf. Sein Outfit: ein dunkelblaues Hemd über einem weißen Shirt aus Baumwolle, graue Jeans, weiße Sneaker. Die Haare hat er zur Seite gekämmt. Patrick Schillgalies vermag es, in der Masse zu verschwinden. Sein neuester Klient aber kann auf der Straße keine hundert Schritte tun, ohne dass Passanten ihn erkennen, ansprechen und um ein gemeinsames Foto bitten.

Die Rede ist von Kürsat Chico Yildirim, dem polarisierenden Lotto-Millionär aus Dortmund. Patrick Schillgalies ist seit Juli 2024 Chicos Manager und hat damit die Nachfolge von Ex-Freundin Candice Newsgas angetreten.

Wer ist der Mann? Er ist Bayer. Schillgalies stammt aus Starnberg in Oberbayern. Dort ging er zur Schule. „Früher am See und heute wieder“, sagt er und lacht. Unser Treffpunkt für das Interview ist das Ufer des Phoenix-Sees. Gleich hier um die Ecke hat sein Mandant sich vor Kurzem ein Penthouse mit Blick über die ganze Stadt gekauft.

Wenn man Schillgalies fragt, was er vor seiner Zeit als Chicos Manager gemacht habe, gibt er sich bescheiden und sagt: „Alles und nichts.“ So ganz stimmt das nicht. Vielmehr scheint es so, als hätte der 31-Jährige ein Gefühl für potenzielle Trends und lukrative Geschäfte – und als hätte er sich dies stets zunutze gemacht.

Patrick Schillgalies
Zum Interview haben wir Patrick Schillgalies (31) am Phoenix See getroffen. Gleich hier um die Ecke wohnt seit Kurzem auch sein Chef, Dortmunds Lottokönig Chico. Seit Juli 2024 ist Schillgalies sein Manager. © Schütze

Nach seinem Schulabschluss machte der heute 31-Jährige eine Ausbildung zum Kaufmann für Marketingkommunikation in München und sich als solcher noch während der Lehre selbstständig. Sein erster Kunde: Bertelsmann. Für Bücher, die der Verlag veröffentlichte, gestaltete er die Websites. 18 Jahre alt war er damals.

Es folgten andere Großunternehmen als Kunden, darunter die Yorma‘s AG, deren Geschäfte für Kaffee und Snacks es heute in nahezu jedem Fernbahnhof Deutschlands gibt. Schillgalies kümmerte sich um den Social-Media-Auftritt, damals vor allem auf Facebook.

Schillgalies‘ Lebenslauf liest sich wie der eines Selfmademan. Welches Risiko aber mit der Selbstständigkeit einhergeht, musste er schon früh lernen. Im Alter von 20 Jahren betrieb er eine Disko in einem Kellergewölbe – bis 2013 in Bayern das Hochwasser kam. „Da bin ich richtig auf die Nase gefallen. Damals war natürlich auch doof, hatte ein Einzelunternehmen, keine GmbH.“

Schillgalies musste wieder von vorne anfangen, landete im Vertrieb eines Unternehmens, machte sich aber alsbald mit einer Geschäftsidee für Online-Marketing erneut selbstständig. „Das ist vielleicht der Grund, weshalb ich jetzt mit Chico so viel Spaß habe und ihm helfen kann“, sagt der Manager. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich angefangen habe. In die Buchhaltung und all diese Dinge, da muss man hineinwachsen. Genau an diesem Punkt ist Chico auch.“

„Ich bügle die Wäsche und packe die Brotzeitdosen“

Schillgalies ist gewachsen. Aus seiner Geschäftsidee für Online-Marketing ist ein Unternehmen geworden, das bis heute besteht. Die „Manager Review“, ein Wirtschaftsmagazin, das Mitglieder verschiedener Branchen informieren und vernetzen soll. Schillgalies ist Geschäftsführer und Verleger, sein Partner Frank Mensing ist Gesellschafter.

Außerdem ist Schillgalies alleinerziehender Vater. Mit seinen beiden Söhnen, drei und sechs Jahre alt, wohnt er bei Münster in Westfalen. „Ich bügle die Wäsche und packe die Brotzeitdosen. Darauf will ich nicht verzichten.“ Vollzeit-Vater und Vollzeit-Unternehmer? Um beiden Aufgaben in seinem Leben gerecht zu werden, hat er den Vertrieb seines Unternehmens mittels künstlicher Intelligenz automatisiert. 2024 war er deshalb beim Weltwirtschaftsforum in Davos zu Gast.

Wann bleibt da noch Zeit für Chico? Seine Kinder stünden für ihn an erster Stelle, betont Schillgalies. Deshalb sei er auch noch nicht nach Dortmund gezogen. Sein älterer Sohn ist geistig behindert. Diesen Sommer kommt er in eine Schule, deren Lehrplan und -personal voll und ganz auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen. Und diese Schule ist nun einmal zu Hause im Münsterland. „Erst kommen die Kinder, dann Chico.“

Sein voller Terminkalender sei der Grund gewesen, weshalb Schillgalies Chicos Angebot, sein Manager zu werden, zunächst ablehnte. Drei Mal. Kennengelernt haben sich die beiden 2023 auf der Kinderlachen Gala. Dort ahnte Schillgalies bereits, was es bedeutet, mit Chico zusammenzuarbeiten. Innerhalb kürzester Zeit sei der Lottokönig von einer Menschentraube umringt gewesen. „Jeder wollte ein Foto mit ihm haben. Und Chico geht nicht weiter. Er bleibt stehen und nimmt sich Zeit.“

Belege, die in Papiertüten gestopft werden

Anfangs sei Schillgalies skeptisch gewesen. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass Chico selbstreflektiert ist, strategisch, dass er einen unternehmerischen Gedanken hat.“ Wie so oft täuschte auch in diesem Fall der erste Eindruck: Die beiden Männer lernten sich kennen und freundeten sich an. „Chico ist wie ein unbehauener Stein. Er hat Ecken und Kanten. Das macht ihn ja letztlich auch zur Marke.“ Aber: „Er ist sich dieser Ecken und Kanten bewusst und gibt zu, wenn er Hilfe braucht.“ Und so half ihm sein Freund, wenn er konnte.

Als Chico Schillgalies zum vierten Mal fragte, ob der sein Manager werden wolle, sagte er schließlich zu. Denn: „Ich habe es ja ohnehin schon gemacht und gemerkt, dass es funktioniert. Chico hört auf mich.“ So zum Beispiel, wenn es darum geht, Belege für den Steuerberater zu sortieren. Die habe Chico bisher nämlich einfach in eine Papiertüte der Luxusmarke Hermès gestopft.

Als Manager kümmert Schillgalies sich um Presseanfragen, verwaltet Chicos Vermögen und versucht, es zu vermehren. „Ich habe Vollmachten über alle Konten und zahle Chico sein monatliches Gehalt aus.“ Wie hoch sein eigenes ist, will Schillgalies nicht verraten. Nur so viel: Für jeden Vertragsabschluss erhält er eine zweistellige Provision.

Verantwortlich für seine Entscheidungen als Unternehmer ist aber immer noch Chico selbst. Er ist der Geschäftsführer jeder seiner Firmen, darunter die Yildirim Social Media GmbH. Schillgalies sei nur da, um die vielen Ideen, die Chico habe, zu sortieren und in die Tat umzusetzen, darunter Werbedeals und Verträge mit Fernsehanstalten. „Chico hat keinen Umsatzdruck. Deshalb kann er das machen, was ihm Spaß macht und was ihm wichtig ist.“

„Mit ihm fühlt es sich an wie früher“

Dazu gehört, das Bild der Nordstadt zu verbessern. In der Schützenstraße hat der 43-Jährige bereits mehrere Häuser gekauft. Außerdem will er eine Stiftung für wohltätige Zwecke gründen. Er denke sogar darüber nach, ein Buch zu schreiben.

Der Lottomillionär, der zwei Mal wegen Betrugs und Raubes einsaß, scheint ebenfalls ein Selfmademan zu werden – nur mit einem höheren Startkapital, als andere es vielleicht haben. „Am Anfang hat Chico viel aus einer Laune heraus gemacht. Mittlerweile merkt er aber, welchen Einfluss er hat, zum Beispiel auf die Nordstadt. Auch deshalb will er hier bleiben, die Ärmel hochkrempeln und arbeiten.“

Dabei sei er aber weiterhin Chico, der sage, was er denkt, und seinen Fans treu ergeben sei. „Ich kenne kaum jemanden, der so loyal ist wie Chico. Er trägt sein Herz auf der Zunge. Deshalb weiß man immer, woran man bei ihm ist. Außerdem ist Chico einfach lustig. Mit ihm fühlt es sich an wie früher, als man gerade seinen Führerschein hatte und einfach loszog.“

Manchmal verschwimmen dann auch die Grenzen zwischen Patrick Schillgalies, dem Manager, und Patrick Schillgalies, dem Kumpel. Kann das funktionieren? „Ich finde, man muss nah dran sein an Chico, um ihn zu managen.“ Dass die Beziehung professionell bleibe, sei eine Gratwanderung – und auch das Teil des Jobs als Manager.