„Zehn Jahre zu spät“ Video-Überwachung der Kampstraße war überfällig, findet Anlieger

„Zehn Jahre zu spät“: Kampstraßen-Anlieger freuen sich über Video-Überwachung
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Messer, Macheten und sogar ein Kantholz mit halb eingeschlagenen Nägeln: Anlieger der Kampstraße berichten von den verschiedensten Waffen, die hier zu sehen seien. Nicht nur spät nachts, auch schon bei Einbruch der Dunkelheit, wenn die Geschäfte noch geöffnet sind.

Einmal habe sie direkt vor ihrem Arbeitsplatz beobachtet, wie ein Polizist mit seiner Schusswaffe auf einen Jugendlichen gezielt habe, berichtet eine junge Frau. Vielleicht 12 Jahre alt sei der Verdächtige gewesen, der ein Messer in der Hand gehalten habe.

Immer wieder ist es mitten in der Dortmunder City in den vergangenen Monaten zu großen Polizeieinsätzen gekommen. Die Zahl der Raubüberfälle und Körperverletzungen sei deutlich angestiegen, heißt es von der Behörde. Deshalb werden jetzt an drei Stellen Videokameras zur Überwachung aufgehängt. An den Kreuzungen zum Freistuhl und zur Hansastraße sowie westlich gegenüber der Reinoldikirche.

„Es ist hier echt eine Zumutung“, sagt die junge Frau, die wie viele andere Anlieger ihren Namen nicht veröffentlicht sehen möchte. Wenn sie den Laden abschließt, in dem sie arbeitet, müsse sie abends regelmäßig an großen - vor allem männlichen - Gruppen vorbei: Belästigungen und blöde Sprüche gebe es da immer wieder. Drogenhandel sei offensichtlich.

Platz von Amiens nicht gefilmt

An den Wochenenden und in den Schulferien sei die Lage besonders schlimm, meint die Angestellte. Auch ihre Kollegin findet die Videoüberwachung an der Kampstraße gut, allerdings wünscht sie sich mehr Kameras. Besonders nötig sei die Maßnahme auf dem Platz von Amiens, dem Durchgangs-Innenhof hinter dem RWE-Tower, zwischen Kampstraße und Freistuhl.

Der Platz von Amiens zwischen Kampstraße und Freistuhl in Dortmund.
Der Platz von Amiens zwischen Kampstraße und Freistuhl ist für viele Menschen ein Angstraum. © Kevin Kindel

In rund zehn Geschäften haben wir am Mittwoch (23.11.) nach einer Meinung zur neuen Videoüberwachung gefragt. Alle Anwesenden begrüßen die Maßnahme. An der Münsterstraße hatte es zuletzt eine Klage gegen die dortigen Aufnahmen gegeben. Das NRW-Oberverwaltungsgericht hat im September jedoch entschieden, dass die Maßnahme rechtmäßig ist.

Ein Mann, der an der Kampstraße arbeitet, äußert sich sehr pessimistisch: „Hier wird sich nix ändern“, meint er. Potentielle Angestellte hätten ihm schon abgesagt, weil sie abends nicht allein das Ladenlokal an diesem Standort abschließen wollen würden.

„Zehn Jahre zu spät“, lautet das Urteil des einzigen Befragten, der kein Problem damit hat, mit Namen und Foto zu seinen Aussagen zu stehen. Michael Gaedig steht hinter dem Tresen eines Crêpe-Standes an der Reinoldikirche, genau an der Hausecke eines neuen Kamera-Standorts.

An einem Strommasten vor der Reinoldikirche wird eine Kamera befestigt.
Mitten auf der Kreuzung von Hansa- und Kampstraße ist eine Überwachungskamera an einem Strommast befestigt worden. © Kevin Kindel

„Ich bin für Abschreckung immer zu haben“, sagt Gaedig. Aber: „Traurig, dass das nötig ist.“ Die Kameras schränkten seine persönliche Freiheit auch keineswegs ein, wie manche Gegner von Videobeobachtung im öffentlichen Raum anführen. Die Klage von der Münsterstraße war mit einer etwaigen Verletzung des „Rechts auf informationelle Selbstbestimmung“ begründet.

Sicherheitsgefühl in der City

Für Michael Gaedig ist hingegen durch die vermehrten Straftaten das Sicherheitsgefühl der Passanten beschädigt: „Wer kommt dann noch in die City?“, fragt er: „Es kann nicht sein, dass Frauen hier Angst haben müssen.“

An drei Stellen entlang der Kampstraße werden Videokameras der Polizei befestigt.
An drei Stellen entlang der Kampstraße werden Videokameras der Polizei befestigt. © Kevin Kindel

Die junge Angestellte vom Anfang, die immer wieder an den aggressiven Gruppen vorbeigehen muss, wirkt taff und überhaupt nicht ängstlich. Aber sie betont, dass es sich nicht einfach nur um gelangweilte Jugendliche handele, die an ihrem Laden herumhängen: „Die sind richtig gefährlich.“

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