Ein paar Gespräche genügen, und man bekommt einen Eindruck davon, was Lütgendortmunder und Pendler von diesem Stück S-Bahnhof halten, das den Marktplatz oben mit dem Gleis unten verbindet.
Wer hier runtergeht, kommt in eine Voliere
Am Rande des Heinrich-Sondermann-Platzes befindet sich der mittlere Zugang zur S-Bahn-Linie 4, bestehend aus einer gewendelten Treppe und einem Aufzug, darüber ein Glasdach, das von vielen Stangen und Streben gehalten wird. Eigentlich ganz schön hier. Wären da nicht die Tauben, die seit langer Zeit genau diesen einen von insgesamt drei Zugängen der Anlage als ihr Zuhause ausgewählt haben.

Am S-Bahnhof Lütgendortmund hocken und gurren die Tauben unterm Dach – zum Leidwesen der Pendler. © Michael Nickel
Die Deutsche Bahn als Eigentümerin hat im vergangenen Oktober gegenüber dieser Redaktion Besserung im Jahr 2018 versprochen. Die kommt schon bald – und ist dringend nötig. Denn wer derzeit diesen mittleren Zugang betritt, steht direkt in einer Voliere. Tauben flattern umher, ihre Flügelschläge hallen durch das Treppenhaus. Von irgendwo her hört man das Fiepen von Küken. Treppen, Boden und Geländer sind voller Kot.
Das Geländer kann der Mann mit Krücke nur teilweise nutzen
„Das sieht hier schrecklich aus“, sagt ein Mann. Er ist auf eine Krücke angewiesen, schwerbehindert und auf dem Weg ins Krankenhaus nach Brackel. Von diesem mittleren Zugang aus wollte er an diesem Montagvormittag eigentlich den Fahrstuhl nach unten nehmen. Doch der Aufzug ist seit Wochen kaputt. Auf dem Weg nach unten kann er sich nicht durchgängig am Geländer festhalten, weil alle paar Meter Taubenkot liegt.

Kein schöner Anblick: Das Treppengeländer ist schon kurz nach der Reinigung voll mit Kot. © Michael Nickel
Geht es nach der Deutschen Bahn, soll dieser Zustand nicht mehr lange anhalten. Ab der 32. Kalenderwoche (6. August) wolle man damit beginnen, ein Gerüst in diesem Zugang aufzubauen, sagt ein Sprecher der Bahn auf Anfrage. Diese sogenannte Aufzugseinhausung diene unter anderem dazu, ein Netz aufspannen zu können, das Tauben davon abhält, unter das Dach zu fliegen.
Netz gegen Tauben und Aufzugreparatur in einem Abwasch
„Der Bereich wird dann gründlich gereinigt und in einem Abwasch wird der Aufzug repariert“, so der Bahn-Sprecher. Bis Ende August beziehungsweise Anfang September soll der S-Bahnhof in Lütgendortmund dann aufgewertet und im besten Falle taubenfrei sein.
Ein Passant, angesprochen auf den aktuellen und schon lange anhaltenden Zustand der Anlage, blickt in Richtung des Zugangs und sagt mit ironischem Unterton: „Das ist der schönste Bahnhof Deutschlands.“ Erst am Tag zuvor seit der Bereich sauber gemacht worden. „Aber hier stinkt es“, sagt er. Es komme nicht selten vor, dass Menschen in eines der drei Treppenhäuser urinieren.
Der Bahnhof wird mehrmals pro Woche gereinigt, aber…
Fünfmal in der Woche werde der Bahnhof grob gereinigt, sagt der Bahn-Sprecher, einmal im Monat erfolge eine Grundreinigung: „Das ist üblich bei einem Bahnhof dieser Größe.“ Doch die Tauben pfeifen auf die Reinigung. Innerhalb kürzester Zeit, einen Tag nach dem Saubermachen, ist die Anlage voller Kot.

„Defekt!“ – Der einzige Aufzug der Anlage funktioniert nicht mehr. Grund ist ein technisches Problem. © Michael Nickel
Auch unten an der Gleisanlage erleichtern sich die Vögel über dem Bahnsteig. Wer derzeit auf Nummer sicher gehen will, ist wohl gut beraten den südlichen Zugang zu wählen, der eine Rolltreppe hat. Hier treiben sich die wenigsten Tauben herum, hier sind fast alle ihre möglichen Sitzflächen mit Drahtstacheln ausgestattet.
Bahn-Sprecher verweist auf Mobilitätsservice
Ein Mann, der mit seinem Enkelkind und Kinderwagen unterwegs ist, ist nicht auf die S-Bahn angewiesen. Er nutzt meist das Auto, um zum Einkaufen nach Castrop-Rauxel zu fahren. Entgangen ist ihm der Zustand der Anlage aber nicht. „Das ist verkommen“, sagt er.
Der Sprecher der Bahn empfiehlt mobilitätseingeschränkten Menschen derweil, vor Fahrtantritt den Mobilitätsservice zu kontaktieren, um Hilfe auf dem Weg zum Gleis zu erhalten. Läuft alles wie geplant, ist das für den Bahnhof hier in wenigen Wochen aber wieder unnötig.