DEW21 in der Strom- und Gaspreis-Krise Stadt Dortmund muss für Kredite bürgen - die Summe ist gewaltig

Energieeinkauf: DEW muss hohe Sicherheiten hinlegen - Die Stadt bürgt
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Die Preise für Strom und Gas sind im Vergleich zu 2022 wieder gesunken. Bemerkbar macht sich das für Kunden der Dortmunder Energie und Wasserversorgung (DEW21) allerdings noch nicht. Der Hintergrund: DEW21 musste auch in der Hochpreisphase Strom und Gas immens teuer einkaufen – oft für bis zu drei Jahre im Voraus.

Wie in der Branche üblich, wollen die Vertragspartner nun auch von DEW21 Sicherheiten, dass Dortmunds Versorger die vereinbarten Mengen zu den ursprünglich festgelegten Preisen tatsächlich abnimmt. Dabei geht es in der Spitze um bis zu 340 Millionen Euro, die DEW21 vorfinanzieren müsste: für die Absicherung seines Strom- und Gaseinkaufs, für die Befüllung des Gasspeichers in Epe und für die Liquiditätslücke im Winter. Viel Holz, das DEW vor massive finanzielle Herausforderungen stellt.

Um Liquiditätsprobleme zu verhindern, tritt die Stadt Dortmund auf den Plan - als Bürge. Das Modell, das jüngst im Rat der Stadt beschlossen worden ist, sieht so aus: Die Dortmunder Stadtwerke (DSW21), mit 60,1 Prozent Mehrheitsgesellschafter an DEW21, beschaffen die notwendigen Kredite und reichen sie bei Bedarf an ihre Energietochter weiter.

Die Stadt Dortmund wiederum sichert die Kreditaufnahme von DSW21 mit einer Kommunalbürgschaft bis zu 80 Prozent und einer Obergrenze von 272 Millionen Euro ab. Die Bürgschaft läuft bis Mitte 2025.

„Die Stadt Dortmund als Mutter stärkt der kommunalen Unternehmensfamilie an den Energie- und Finanzmärkten den Rücken“, sagt DSW21-Finanzvorstand Jörg Jacoby. „Im Grunde lassen wir gemeinsam die Muskeln spielen. Das Zusammenspiel von Stadt, Stadtwerkekonzern und Politik ist ein Beweis von Stärke“, so Jacoby.

Die Kommunalbürgschaft helfe, kurzfristige Vorfinanzierungen gegenüber Vertragspartnern besser abzusichern und mit Banken günstigere Konditionen zu vereinbaren, so Jacoby. „Wir gehen aber davon aus, dass die Stadt tatsächlich zu keinem Zeitpunkt finanziell in Anspruch genommen wird“, sagt der DSW21-Finanzvorstand.

„DEW21 ist stabil und grundsolide aufgestellt“, betont Jacoby. Es gehe auch nicht darum, mögliche Fehlbeträge auszugleichen. „Es geht einzig und allein darum, das notwendige Geld für Vorfinanzierungen im Strom- und Gasgeschäft sicherzustellen“, unterstreicht Jacoby.

Lieferanten sichern sich ab

Die Beträge, die dabei in Rede stehen, sind allerdings gewaltig. Allein für die Absicherung abgeschlossener Kaufverträge könnten bis zu 120 Millionen Euro fällig werden. Dabei spielen nicht nur die immens hohen Beschaffungskosten auf den Energie-Großhandelsmärkten eine Rolle. Weil das Angebot dort zwischenzeitlich knapp war, ist DEW21 dazu übergegangen, sich auch an der Börse mit Energie einzudecken und Mengen für die Zukunft zu sichern.

Dafür muss DEW21 nicht erst bei der Lieferung, sondern sofort bei Vertragsabschluss zahlen. Allein dafür gibt es einen Finanzbedarf von rund 50 Millionen Euro. Auch die DEW-Tochter StadtEnergie, die bundesweit Öko-Strom und Öko-Erdgas vertreibt, muss bei ihren Lieferanten im Voraus Sicherheiten hinterlegen. Allein dafür könnten 45 bis 70 Millionen Euro fällig werden.

Die Stadt Dortmund als Bürge: Der Rat hat dazu ein Modell beschlossen, wie das funktionieren soll.
Die Stadt Dortmund als Bürge: Der Rat hat dazu ein Modell beschlossen, wie das funktionieren soll. © Oliver Schaper

Auch fürs laufende Tagesgeschäft können zusätzliche Kredite notwendig werden. Dafür meldet DEW für sich und für StadtEnergie vorsorglich weiteren Finanzbedarf von bis zu 170 Millionen Euro in der Spitze an. Der ergibt sich unter anderem daraus, dass der Verbrauch von Strom und Gas speziell in den Wintermonaten in die Höhe schießt. Die monatlichen Beschaffungskosten für DEW steigen deutlich. Die Abschläge hingegen, die Verbraucher zahlen, bleiben erstmal gleich.

„Eine Ausnahmesituation“

In früheren Zeiten war das für DEW21 kein Problem, zumal sich das im Sommer wieder ausgleicht. In Zeiten, da teuer eingekauft werden muss, fällt es DEW21 aber deutlich schwerer, die Wintermonate zu „überbrücken“: Der Liquiditätsbedarf sei „saisonal deutlich höher als in den Vorjahren“, heißt es. Zum Vergleich: Allein im Monat Januar 2023 habe DEW21 mehr als 100 Millionen Euro für den Strom- und Gaseinkauf bezahlt. Zudem sei durch das Gas, das DEW21 im Speicher Epe vorhalten müsse, weitere Liquidität von rund 50 Millionen Euro gebunden. Zudem gibt es zusätzliche Risiken, die zumindest kurzfristig für finanzielle Engpässe sorgen könnten: Kommt beispielsweise jenes Geld pünktlich bei DEW21 an, mit dem der Staat die Bürger bei den Strom- und Gaspreisen entlastet?

DSW21-Finanzvorstand Jacoby spricht von einer „Ausnahmesituation“. Die Bürgschaft der Stadt Dortmund trage dazu bei, die Flexibilität des Stadtwerke-Konzerns auch in schwierigen Zeiten zu erhalten und zu stärken. „Wir sind ein erfolgreiches und stabiles Unternehmen ohne Bonitätsprobleme“, betont auch DEW21-Chefin Heike Heim. „Es geht darum, kurzfristige Liquiditätsbedarfe sicherzustellen“, sagt Heim. Im Grundsatz, heißt es, hätte DEW21 die notwendig werdenden Kredite auch selbst aufnehmen können. Aufgrund vertraglicher Vorgaben aus der Vergangenheit mit DSW21 sei diese Möglichkeit jedoch begrenzt.

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