Zuerst hat Matthias Solka gedacht, bei der Zahlungserinnerung handle es sich um eine Verwechslung. Als dann die Rechnung von DEW21 kam, stand da nochmal: „Wir bedanken uns für Ihr Vertrauen. Ihre Schlussrechnung für den Zeitraum vom 16.01.2012 bis 31.08.2012. Gesamtforderung, fällig am 01.03.2023: 113,92 Euro.“
„Ich bin gar kein Kunde mehr bei DEW21, habe mehrfach auf das Schreiben geschaut und es zunächst für eine Betrugsmasche gehalten. Aber die Vertragskontonummer stimmte und es war ein echtes Schreiben von DEW21. Die präsentierten mir tatsächlich eine Stromabrechnung für einen Zeitraum, der 11 Jahre zurückliegt“, sagt Matthias Solka. Der 46-jährige IT-Ingenieur wohnt in Brünninghausen und hat sich über „diese Unverschämtheit sondergleichen“ mächtig geärgert.
Das Versorgungsunternehmen schickte schon bald eine erste Mahnung. „Ich habe umgehend Widerspruch eingelegt, die Schlichtungsstelle eingeschaltet und mich darauf berufen, dass der Anspruch längst verjährt ist“, so Matthias Solka. Anders als die Rechnung mit der Forderung von 113,92 Euro ließ die Antwort des Forderungsmanagements von DEW21 dann nicht lange auf sich warten.
„Ihren Widerspruch haben wir erhalten, weisen diesen jedoch zurück. Wir bedauern, dass wir unsere Rechnung aufgrund eines EDV-Fehlers mit so viel Verspätung zugeschickt hatten.“ Entscheidend für die Verjährung sei aber „nicht der Zeitpunkt, zu wann die Energie entnommen wurde, sondern zu wann diese Energie berechnet wurde.“
Mit Juristen gesprochen
Matthias Solka mutete das sofort nach einem eigentümlichen Rechtsverständnis an. „Die haben mich richtig unter Druck gesetzt, aber das kann doch nicht sein. DEW21 hat damals per Lastschriftverfahren alle fälligen Beträge von meinem Konto eingezogen. So weit ich weiß, muss man als Bürger seine Kontoauszüge nur 10 Jahre aufbewahren. Wie soll ich heute kontrollieren können, ob DEW21 die jetzt geforderte Summe nicht längst eingezogen, dies aber durch den EDV-Fehler nicht ordentlich verbucht hat?“, sagt er.
Er hat schließlich mit Juristen gesprochen, die ihm alle recht gaben. „Nicht zahlen, das ist verjährt, sagten die. Und Freunde von mir mochten nicht glauben, dass ‚unsere DEW‘ so vorgeht“, erzählt Matthias Solka.
Sie ging aber so vor, schrieb noch eine zweite Mahnung und drohte sogar damit, den Strom abzustellen, die Forderung auf dem Rechtsweg geltend zu machen oder ein gewerbliches Inkassobüro zu beauftragen.

In seiner Verzweiflung wandte sich Matthias Solka an unsere Redaktion. Wir schilderten der Verbraucherberatung seinen Fall und erfuhren, dass er alles richtig gemacht hat. Es war gut, dass er sich von dem von DEW21 aufgebauten Druck nicht hat einschüchtern lassen.
„Wenn es möglich wäre, nach 11 Jahren noch eine solche Zahlung geltend zu machen, würde das ja die gesetzliche Regelung zur Verjährungsfrist außer Kraft setzen“, sagt Claudia Kurz, die bei der Verbraucherberatung in Dortmund Expertin für Energiefragen ist. Sie kennt auch keinen vergleichbaren Fall und ergänzt: „Ausstehende Forderungen von Energieunternehmen verjähren in der Regel nach drei Jahren. Selbst wenn man die Frist in diesem Fall Ende 2012 beginnen lässt, hätte der Kunde nur bis Ende 2015 mit einer Nachforderung rechnen müssen.“

DEW21 bedauert das Vorgehen
DEW21 zeigte nach unserer Anfrage sehr schnell Einsicht. „Wir bedauern, dass der Kunde aufgrund eines Datenschiefstands sowie Systemfehlers diese Rechnung unkommentiert und mit einer solchen Verspätung von uns erhalten hat“, sagte Unternehmenssprecherin Jana-Larissa Marx. Dies dürfe so nicht passieren und man werde den Vorfall intern aufarbeiten. „Leider“, so Jana-Larissa Marx, „kann es in sehr seltenen Ausnahmefällen systemseitig zu verspäteten Rechnungen kommen, jedoch ist diese lange Zeit wirklich ein einmaliger Ausnahmefall.“
Matthias Solka soll nun ein erklärendes Schreiben erhalten, in dem DEW21 die Hintergründe erklären und sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen möchte. „Darüber hinaus“, sagt Jana-Larissa Marx, „werden wir selbstverständlich auf die Forderung verzichten und sie dem Kunden gegenüber zurücknehmen.“
DSW21 hübscht Ergebnis mit Buchungstrick auf: Tochter landet „wahnsinnigen Befreiungsschlag“
Versteckte Mittagstisch-Schnäppchen in Dortmund: In einem Lokal aßen schon Weltmeister
Schwerer Cyber-Angriff auf großes Dortmunder Unternehmen: Sorge um Kundendaten