Vor gut einer Woche wurde das lange Ringen um das Deutschland-Ticket und seine Finanzierung beendet. Zum 1. April soll das bundesweit gültige Nahverkehrsticket für 49 Euro im Monat eingeführt werden. Die Einigung zwischen Bund und Ländern, im Einführungsjahr alle mit dem Ticket verbundenen Kosten zu übernehmen, auch wenn diese über die prognostizierten Fahrgeld-Verluste hinausgehen, wurde auch beim Dortmunder Verkehrsunternehmen DSW21 mit Erleichterung aufgenommen, wie es offiziell heißt.
Mit dem attraktiven Preis und der bundesweiten Gültigkeit werde das neue Angebot viele Zielgruppen – bestehende und auch neue Kundinnen und Kunden – ansprechen und dafür sorgen, dass der ÖPNV weiter im Fokus der Öffentlichkeit steht, zeigt sich DSW-Verkehrsvorstand Hubert Jung überzeugt. Bis zum Start im Frühjahr seien aber noch umfangreiche technische und vertriebliche Anpassungen unabdingbar.
Und die Einführung des bundesweit gültigen Monatstickets wirft für Jung, der Ende des Jahres nach 20 Jahren als Verkehrsvorstand von DSW21 in den Ruhestand geht, weitergehende Fragen auf - bis hin zum generellen Tarifsystem im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR).
„Das 49-Euro-Ticket hat auch Folgen für die restliche Tarifwelt – bis hin zu der Frage, ob das Einzelticket, das bisher für eine Fahrt galt, dann ein Zeitkontingent hat“, sagt Jung in einem Interview mit unserer Redaktion. „Wenn man mit dem Monatsticket durch ganz Deutschland fahren kann, ist es nicht so ganz einsichtig, warum man sonst weiter entfernungsabhängige Tarife macht und nicht einfach sagt, wir bieten eine Stunde oder einen Tag Nahverkehr.“
Für DSW21 sprenge das Deutschland-Ticket „sämtliche Kalkulationshorizonte“, merkt Jung an. „Man hat eine Erwartungshaltung, wie viele neue Kunden dazu kommen, aber auch, was verloren geht. Wir werden ab der Einführung des Deutschland-Tickets voraussichtlich pro Monat knapp 2 Millionen Euro weniger in der Kasse haben“, sagte Jung.
Defizit von bis zu 100 Millionen Euro
Generell stelle sich die Frage, wie der öffentliche Nahverkehr in Zukunft finanziert werden könne. „Weitere Fahrpreissteigerungen sind nicht durchsetzbar, wenn wir beim Monatsticket bei 49 Euro gedeckelt sind“, erklärt Jung. Im Bartarif, also bei den Einzel- und Mehrfahrtentickets, gehe „vielleicht noch ein bisschen“. Eher werde es aber Druck für Preissenkungen gebe. Auf der anderen Seite gebe es nötige Investitionen und absehbare Lohnsteigerungen.
Der scheidende Verkehrsvorstand wies in diesem Zusammenhang auf das wachsende Defizit im Verkehrsbereich hin, das bislang noch durch Querfinanzierung innerhalb des DSW21-Konzerns ausgeglichen werden konnte. „Wir sind jetzt schon am Anschlag und haben in den letzten Jahren einen sprunghaften Anstieg des Verkehrsdefizits gehabt. Wir laufen beim Verkehrsdefizit in Dortmund in Richtung 100 Millionen Euro“, so Jung.
Wen das Angebot im öffentlichen Nahverkehr erhalten bleiben oder sogar wachsen soll, müssten Bund und Land erklären, wer die Musik bezahlt, sagte Hubert Jung. „Ich warne sehr davon anzunehmen, mit dem Deutschland-Ticket hätten wir die Verkehrswende gemacht. Im Gegenteil. Die 3 Milliarden, die man dafür nimmt, hätten wir sonst dringend benötigt, um die Leistung zu stabilisieren.“
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