Nazi-Parole „Deutschland den Deutschen“ in der U-Bahn und auf Partys Spruch erreicht Jugendliche auch über Tiktok

„Deutschland den Deutschen“: Nazi-Parole erreicht Jugendliche auch als Tiktok-Trend
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Vier Mädchen und ein Junge sollen am Freitag, 9. Februar, in einer Dortmunder U-Bahn die Nazi-Parole „Deutschland den Deutschen. Ausländer raus!“ gerufen haben. Das schildert die Moderatorin Dunja Hayali in einem Post auf ihrem Instagram-Kanal. Hayali und eine Freundin seien das Ziel dieser Parole gewesen, der Staatsschutz ermittelt inzwischen.

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Das Alter der Jugendlichen schätzt die Moderatorin auf 17 oder 18 Jahre. Das Alter und die Tatsache, dass es hauptsächlich Mädchen gewesen sein sollen, wollen allerdings so gar nicht zu der alten Parole der Neonazis passen. Oder doch? Extremismusexperte Dierk Borstel sagt dazu: „Es ist eine Strategie in der Neuen Rechten, verstärkt auf Popkultur zu setzen. Das Ziel sind nicht die eigenen Kader, sondern die Mitte der Gesellschaft.“

Naziparole als Tiktok-Trend

In der jüngsten Vergangenheit, nicht zuletzt durch soziale Medien, konnte man die Auswüchse dieser Taktik sehen. Der Song „L‘amour toujour“ von Gigi D’Agostino ist ein klassischer Partysong. Inzwischen kommen immer mehr Videos an die Öffentlichkeit, in denen feiernde Jugendliche und junge Erwachsene auf die Melodie des Songs eben jene Parole grölen, die laut Hayali auch in der Dortmunder U-Bahn gefallen ist.

Ende 2023 machte ein Video aus dem Club Hexagon in Reichshof-Wildbergerhütte (NRW) die Runde. Es zeigte, wie Besucher im Takt des Refrains „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ skandierten.

Weitere Vorfälle dieser Art wurden auch aus dem Karneval gemeldet. In einem Festzelt in der Stadt Menden im Sauerland, knapp 45 Kilometer von Dortmund entfernt wurde die Parole gesungen. Und auch in einem Olfener Festzelt wurde bei einer von der Landjugend organisierten Karnevalsparty am Samstagabend (10.2.) „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ skandiert.

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Zusammenhänge zwischen dem Trend und den mutmaßlichen Vorfällen in der Dortmunder U-Bahn wären Spekulation. Aber es sind laut Borstel womöglich Ursachen genau dieser Taktik der neuen Rechten.

Es sei demnach unwahrscheinlich, dass die fünf Jugendlichen oder jungen Erwachsenen stramme Nazis seien, viel mehr seien sie genau denen auf den Leim gegangen.

„Die eigenen Parolen über zum Beispiel Kultur, Musik oder Kleidungsstile in weite Kreise der Mitte zu tragen, nennt man Metapolitik“, so Borstel, „den Trend, die Schlachtrufe der Szene in einem popkulturellen Kontext zu verwenden, gibt es schon seit den 70ern.“

In dem Kontext tauchen diverse Parolen auf, so der Experte: „Deutschland den Deutschen galt jetzt lange nicht mehr so en vogue, tauchte aber seit seiner Hochzeit in den 80ern immer wieder auf.“ Zuletzt eben auch in Popsongs und als Tiktok-Trend.

Extremismus auf Partys

„Schnapsflaschen in der Hand. Breites Grinsen im Gesicht.“ So werden die grölenden Jugendlichen von Hayali bei Instagram beschrieben. „Gerade im Partykontext verfangen solche Parolen“, sagt der Extremismusexperte. „Es wird getrunken, gefeiert, einige merken vermutlich gar nicht unbedingt, was sie da für Parolen brüllen. Und wären am nächsten Morgen schockiert, wenn man sie darauf anspräche.“

„In der Mitte der Gesellschaft, hatten wir schon immer Menschen, die zum Beispiel rechtsextreme Ideologien besitzen, sich selbst aber nie als rechtsextrem bezeichnen würden“, sagt Borstel.

Genau die seien, sofern man den richtigen Kontext findet, ansprechbar für diese Taktik aus der Szene, ihre Parolen in vermeintlich lockerem Kontext zu verbreiten.

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Die bekannteste Neonazi-Parole

„Deutschland den Deutschen. Ausländer raus!“ fand als Parole unter Neonazis hauptsächlich in den 80ern und 90ern Verwendung. Vor allem in der Zeit nach der Wende nahm Hass und Gewalt aus dem rechtsextremen Spektrum stark zu. Es folgten die von rechter Gewalt geprägten „Baseballschlägerjahre“ und das Bild der kahlköpfigen Neonazis mit Bomberjacke und Baseballschläger setzte sich immer stärker durch. Heutzutage kommt die Neue Rechte in anderer Kleidung daher und nutzt beispielsweise soziale Medien zur Verbreitung ihrer Inhalte, grundlegende Strategien und Sprüche aus der Szene ähneln sich aber (Quelle: bpb).